Rz. 515
Nach § 5 Abs. 2 MB/KK steht zum einen dem Versicherer ein Herabsetzungsrecht seiner Leistungen auf einen angemessenen Betrag nach S. 1 für den Fall zu, dass eine Heilbehandlung oder sonstige Maßnahme das medizinisch notwendige Maß übersteigt. Zum anderen ist der Versicherer nach S. 2 für den Fall, dass die Aufwendungen für die Heilbehandlung oder sonstigen Leistungen in einem auffälligen Missverhältnis zu den erbrachten Leistungen stehen, insoweit nicht zur Leistung verpflichtet.
Rz. 516
§ 5 Abs. 2 S. 1 entspricht daher dem früheren § 5 Abs. 2 MB/KK 94. Der BGH hat im Rahmen der sog. Privatklinikentscheidung entgegen der zuvor herrschenden Instanzrechtsprechung eine Abkehr von der Berücksichtigung von Kostengesichtspunkten auch in Bezug auf § 5 Abs. 2 MB/KK 94 vorgenommen. Der BGH verneinte ausdrücklich die Möglichkeit der Kürzung des Erstattungsanspruches gem. § 5 Abs. 2 MB/KK 76, da diese Regelung lediglich die sog. Übermaßbehandlungen betrifft, also Leistungen, die in ihrer einzelnen Ausgestaltung nicht medizinisch notwendig gewesen sind. Die sog. Übermaßbehandlung erstreckte sich somit nicht auf die Übermaßvergütung, da der Versicherungsnehmer dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 MB/KK 76 nicht entnehmen konnte, dass mit einer Überschreitung des medizinisch notwendigen Maßes auch ein wirtschaftliches Übermaß gemeint sei.
Rz. 517
§ 192 VVG, der den vertragstypischen Inhalt für die Krankheitskostenversicherung in seinen Abs. 1–3 festlegt, enthält wie auch § 178b VVG a.F. eine entsprechende Vorschrift nicht. Der Reformgesetzgeber hat in § 192 Abs. 2 VVG lediglich eine dem neuen § 5 Abs. 2 S. 2 MB/KK entsprechende Regelung aufgenommen. Von § 192 VVG kann gem. § 208 VVG jedoch auch zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.
Rz. 518
Zu berücksichtigen ist insbesondere, dass der Gesetzgeber im Rahmen der VVG-Reform gerade kein, auch kein abgeschwächtes Wirtschaftlichkeitsgebot in dem Sinne aufgenommen hat, dass an sich notwendige medizinische Leistungen, deren Nutzen den einer billigeren Behandlung nur geringfügig überwiegt, wegen ihrer Kosten nicht versichert wären. Grundsätzlich ist daher ein Wirtschaftlichkeitsgebot außerhalb des Basistarifes nicht zu berücksichtigen. Insbesondere ist der Gesetzgeber dem Vorschlag der Reformkommission nicht gefolgt, was auch aus dem Wortlaut des § 192 Abs. 2 VVG deutlich wird, denn es geht dort allein um ein "auffälliges Missverhältnis" zwischen der Leistung und der Vergütung.
Rz. 519
Dementsprechend betrifft § 5 Abs. 2 S. 1 MB/KK nach wie vor lediglich die Kosten der Übermaßbehandlung, nicht aber die Kosten einer unwirtschaftlichen Behandlung, mithin den Fall, dass eine Krankheit mit überflüssigen Maßnahmen bekämpft wird oder mit Maßnahmen eine Besserung oder Linderung der Krankheit nicht mehr bewirkt werden kann.
Rz. 520
Dementsprechend ist der Versicherer berechtigt, die einzelnen Behandlungsschritte darauf zu überprüfen, ob die Behandlungsschritte und Maßnahmen medizinisch erforderliche Heilbehandlungen darstellten. Nur Kosten für eine solche Heilbehandlung muss der Versicherer tragen. Im Rahmen von § 5 Abs. 2 S. 1 MB/KK wird keine Überprüfung dahingehend vorgenommen, ob es sich etwa um eine unwirtschaftliche Behandlung handelt. Überhöhte Arztrechnungen können daher allenfalls nach § 5 Abs. 2 S. 2 MB/KK gekürzt werden. Die Kürzung überhöhter Vergütungen ist auf der Basis des § 5 Abs. 2 S. 1 MB/KK für den Krankenversicherer nicht zulässig. Dieser Rechtsprechung hat der BGH durch seine Entscheidung vom 12.3.2003 eine Absage erteilt und klargestellt, dass § 5 Abs. 2 MB/KK 94, der § 5 Abs. 2 S. 1 MB/KK 2009 entspricht, dem Versicherer nur dann das Recht zur Reduzierung gebe, wenn einzelne Behandlungsmaßnahmen oder Teile medizinisch nicht notwendig waren.
§ 5 Abs. 2 S. 2 MB/KK entspricht der Regelung in § 192 Abs. 2 VVG. Die MB/KK enthalten daher kein strengeres Wirtschaftlichkeitsgebot, obschon dieses, da § 192 Abs. 2 VVG dispositives Recht darstellt, grundsätzlich möglich gewesen wäre.
Rz. 521
Nicht geregelt wurde, wann das Missverhältnis auffällig ist. Zu vergleichen ist das Verhältnis von Aufwendungen zu den erbrachten Leistungen. Damit steht fest, dass es nur um die Beurteilung der konkreten Abrechnung und daher der Wert in Bezug zur verordneten Behandlung zu setzen ist. So kann § 5 Abs. 2 S. 2 MB/KK keine Kürzung in Bezug auf Medikamentenverordnung erfolgen, wenn der Arzt ein Originalpräparat verordnet hat. Der Mehrpreis gegenüber einem Generikum ist nicht unwirtschaftlich. Anders ist dies allerdings zu sehen, wenn der Arzt lediglich einen Wirkstoff verordnet hatte.
Entscheidungen dazu, wann ein Missverhältnis auffällig ist, sind bislang noch nicht veröffentlicht. In der Regel wird dies dann anzunehmen sein, wenn die Vergütung das Doppelte des üblichen Werts beträgt. Bei Abrechnung ärztlicher Leistungen nach GOÄ bzw. GOZ ist dies nicht vorstellbar, da diese an das Preisrecht der GOÄ bzw. GOZ gebunden sind und Verstöße hiergegen den Vergütungsanspruc...