Rz. 583
Nach medizinischen Befunden darf keine Möglichkeit der Ausübung des Berufs bestehen.
Relevant für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit ist immer der zuletzt zu gesunden Tagen ausgeübte Beruf, also nicht unbedingt derjenige, der im Antragsformular festgehalten ist oder der unmittelbar vor konkretem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit ausgeübt wurde.
Hat ein Berufswechsel stattgefunden, so ist der Versicherungsnehmer gem. § 9 Abs. 5 MB/KT verpflichtet, den Wechsel dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. Selbst wenn dies jedoch nicht erfolgt ist und der Versicherer vom Wechsel keine Kenntnis hat, ist für das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit jedoch von der konkreten beruflichen Tätigkeit der versicherten Person bei Eintritt des Versicherungsfalls auszugehen.
Rz. 584
Voraussetzung für die Leistung ist der völlige Wegfall der Arbeitsfähigkeit. Ist diese auch nur teilweise gegeben, entsteht in der privaten Krankenversicherung – im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung – kein Leistungsanspruch des Versicherungsnehmers.
Rz. 585
Das Vorliegen der 100 %-igen Arbeitsunfähigkeit bereitet besondere Probleme bei selbstständig Erwerbstätigen, weil diese in aller Regel neben einer Mitarbeit auch leitende oder aufsichtführende Tätigkeiten ausüben, die vom Schreibtisch aus zu bewältigen sind. In diesen Fällen kann es Schwierigkeiten bereiten, festzustellen, ob eine 100 %-ige Arbeitsunfähigkeit bejaht werden kann, wenn der Versicherungsnehmer nicht tatsächlich mitarbeiten kann, aber noch leitende oder aufsichtführende Tätigkeit auszuüben vermag.
Rz. 586
Da der konkret ausgeübte Beruf des Versicherungsnehmers und nicht seine sämtlichen beruflichen Möglichkeiten Maßstab für die Prüfung der Arbeitsunfähigkeit des Versicherungsnehmers ist, darf dieser nicht auf andere Tätigkeitsmöglichkeiten verwiesen werden. Es kommt nicht darauf an, ob der Versicherungsnehmer noch zu 50 % in einem breiteren Berufsfeld als dem bisher ausgeübten erwerbsfähig ist, sofern ihm seine bisher konkret ausgeübte Berufstätigkeit unmöglich ist.
Rz. 587
Anlässlich einer Entscheidung des BGH zur Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Mobbingsituation am Arbeitsplatz hat der BGH hervorgehoben, dass mit Blick auf den Maßstab für die Prüfung der Arbeitsunfähigkeit im Sinne des bisherigen Berufes in seiner konkreten Ausprägung von einem Versicherten nicht ein Wechsel des Arbeitsplatzes, die Wahl eines anderen Arbeitsumfeldes oder arbeitsrechtliche Schritte gegen den Arbeitgeber verlangt werden können, wenn er durch besondere Umstände an seinem bisherigen Arbeitsplatz krank geworden ist. Insbesondere hat dies auch dann zu gelten, wenn sich der Versicherte an seinem Arbeitsplatz einer tatsächlichen oder von ihm als solcher empfundenen Mobbingsituation ausgesetzt sieht, hierdurch psychisch und/oder physisch krank ist und infolgedessen seine berufliche Tätigkeit nicht ausüben kann.
Rz. 588
Der Versicherte kann mithin nicht darauf verwiesen werden, er hätte seinen Beruf an einem sog. konfliktfreien Arbeitsplatz ausüben können. Da die Definition der Arbeitsunfähigkeit allein an die konkrete berufliche Tätigkeit der versicherten Person und nicht allgemein an ihren beruflichen Möglichkeiten anknüpft, bemisst sich die Arbeitsunfähigkeit nach der bisherigen Art der Berufsausübung, selbst wenn der Versicherte noch andere Tätigkeiten ausüben kann.
In der Krankentagegeldversicherung ist daher der Versicherer nicht berechtigt, den Versicherungsnehmer auf sog. Vergleichsberufe oder gar auf sonstige, auf dem Arbeitsmarkt angebotene Erwerbstätigkeiten zu verweisen.
Ein Verharren des Versicherungsnehmers in dem Arbeitsverhältnis, in dem er aufgrund von Mobbing arbeitsunfähig ist, führt nicht dazu, dass er als berufsunfähig anzusehen ist, wenn er seinen Beruf nur an dem konkreten Arbeitsplatz nicht ausüben kann.
Rz. 589
Der Versicherte ist allerdings dann nicht arbeitsunfähig, wenn er gesundheitlich zu einer – wenn auch nur eingeschränkten – Tätigkeit in seinem bisherigen Beruf imstande geblieben ist. Abzugrenzen ist auch von der sog. Arbeitsplatzunverträglichkeit, die indes nicht mehr vorliegt, wenn die zur Arbeitsunfähigkeit führende Erkrankung der versicherten Person durch Umstände an ihren bisherigen Arbeitsplatz verursacht oder verstärkt worden ist.
Rz. 590
Der Versicherer kann den Versicherten auch nicht darauf verweisen, unter Kapitaleinsatz eine Weiterführung seiner bisherigen Tätigkeit unter geänderten Bedingungen zu ermöglichen. Der BGH zieht insoweit die Parallele zur Berufsunfähigkeitsversicherung, für die bereits entschieden wurde, dass sich der Versicherte eine nachträglich entstandene Umorganisationsmöglichkeit nicht zu seinem Nachteil anrechnen lassen muss, wenn er diese durch eigene Anstrengung geschaffen hat, zu der er dem Versicherer gegenüber weder aufgrund einer vertraglich vereinbarten Obliegenheit noch aufgrund seiner Schadenminderungspflicht verpflichtet war. In Anlehnung an seine Entscheidung zur Berufsunfähigkeitsver...