I. Vertragstypische Leistungen, § 192 VVG
Rz. 61
Die vertragstypischen Leistungen des Versicherers ergeben sich aus § 192 VVG. In dieser Vorschrift, die ihren Vorgänger in § 178b VVG a.F. hat, werden die Verpflichtungen des Versicherers in der Krankheitskostenversicherung, in der Krankenhaustagegeldversicherung, der Krankentagegeldversicherung sowie der Pflegekrankenversicherung dargelegt.
Rz. 62
Neu ist die Beschreibung der Leistungsverpflichtung bei Aufwendungen für Heilmaßnahmen, die in einem "auffälligen Missverhältnis" zu den erbrachten Leistungen stehen (§ 192 Abs. 2 VVG). Durch die Änderung ist der Entscheidung des BGH (Alphaklinik) insoweit Rechnung getragen worden, als dort Kostengesichtspunkte nicht als maßgeblich angesehen worden waren, da der durchschnittliche Versicherungsnehmer nicht erkennen könne, dass bei "medizinisch notwendiger Heilbehandlung" auch wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen seien. Dies galt auch für den Begriff der sog. Übermaßbehandlung des § 5 Abs. 2 MB/KK 94 (vgl. nunmehr § 5 Abs. 2 S. 1 MB/KK 2009). Der BGH vertrat die Auffassung, dass der Kostenaufwand bei der Frage der medizinisch notwendigen Heilbehandlung nicht zu berücksichtigen ist.
Rz. 63
Um diese wirtschaftlichen Erwägungen jedenfalls wieder grundsätzlich einzuführen, ohne allerdings ein allgemeines wirtschaftliches Gebot zu formulieren, hat der Gesetzgeber den Maßstab des auffälligen Missverhältnisses zwischen getätigten Aufwendungen und erbrachten Leistungen eingeführt, also dem grundsätzlich erforderlichen Missverhältnis noch eine Steigerungsform hinzugefügt, mit der Folge, dass die aus diesem Grund erfolgte Leistungsverweigerung des Versicherungsverhältnisses an wesentlich höhere Voraussetzungen gebunden ist, als an das Nichtbeachten von Kostengesichtspunkten.
Rz. 64
Da § 192 VVG dispositiv ist, gilt er nicht für sog. Altverträge, die vor dem 1.1.2008 abgeschlossen worden sind. Neuverträge, die ab dem 1.1.2008 geschlossen worden sind, unterliegen § 192 VVG grundsätzlich. Legen Versicherer bei Neuverträgen jedoch Versicherungsbedingungen zu Grunde, so ist § 192 Abs. 2 VVG mit Vertragsabschluss abbedungen, so dass der Inhalt des Begriffs der medizinischen Notwendigkeit dann trotz § 192 Abs. 2 VVG im Wege der Vertragsauslegung zu ermitteln wäre.
Rz. 65
Über die Aufnahme der entsprechenden Regelung zu § 192 Abs. 2 VVG in § 5 Abs. 2 S. 2 MB/KK 2008 bzw. 2009 kommt es jedoch zu einer Einbeziehung des Kürzungsrechtes bei Übermaßvergütung in die jeweiligen Krankenversicherungsverträge. Ob diese durch Art. 2 Nr. 2 EGVVG zum 1.1.2008 wirksam in sog. Altverträge einbezogen werden konnten, erscheint fraglich, da § 192 Abs. 2 VVG abgedungen werden kann und der Zweck der Übergangsvorschriften nicht die Verschlechterung eines vertraglich zugesagten Anspruches ohne Verbot der Übermaßvergütung sein kann.
Rz. 66
Eine weitere Neuerung gegenüber § 178b VVG a.F. findet sich in § 192 Abs. 3 VVG; hiernach ist der Versicherer zu zusätzlichen Dienstleistungen berechtigt, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Leistungen nach § 192 Abs. 1 VVG stehen und zwar:
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die Beratung über Leistung nach Abs. 1 sowie über die Anbieter solcher Leistungen; |
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die Beratung über die Berechtigung von Entgeltansprüchen der Erbringer von Leistungen nach Abs. 1; |
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die Abwehr unberechtigter Entgeltansprüche der Erbringer von Leistungen nach Abs. 1; |
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die Unterstützung von versicherten Personen bei der Durchsetzung von Ansprüchen wegen fehlerhafter Erbringung der Leistungen nach Abs. 1 und der sich hieraus ergebenden Folgen; |
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die unmittelbare Abrechnung der Leistungen nach Abs. 1 mit deren Erbringern. |
Durch dieses Leistungsmanagement kann der Versicherer einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Gestaltung des Vertrages nehmen.
II. Versicherte Person, § 193 Abs. 1 und Abs. 2 VVG und Forderungsrecht, § 194 Abs. 2 VVG
Rz. 67
Grundsätzlich hat der Versicherungsnehmer als Vertragspartner des Versicherers die Krankenversicherung für sich abgeschlossen und ist selbst Berechtigter und Verpflichteter aus diesem Vertragsverhältnis.
Rz. 68
Daneben kann die Versicherung auch auf einen anderen genommen werden. Dies sieht § 193 Abs. 1 VVG, der dem § 178a Abs. 1 und 2 VVG a.F. entspricht, unverändert vor. Soweit § 193 Abs. 1 VVG regelt, dass die Versicherung auch auf die Person eines anderen genommen werden kann, kommt es, soweit Kenntnis und Verhalten des Versicherungsnehmers von Bedeutung sind, auch auf diese Person an, § 193 Abs. 2 VVG. Es treffen auch sie Verpflichtungen, wie vorvertragliche Anzeigepflicht und Erfüllung von Obliegenheiten.
Rz. 69
§ 194 Abs. 3 VVG enthält nunmehr eine besondere Regelung zur Verfügungsbefugnis, die es unter der Geltung des VVG a.F. nicht gab. Bei Einräumung einer Empfangsberechtigung kann ausschließlich die versicherte Person die Versicherungsleistung verlangen, ansonsten nur der Versicherungsnehmer, ohne dass es der Vorlage eines Versicherungsscheines bedarf.
Rz. 70
In den Fällen, in denen Versicherungsnehmer und vers...