Rz. 381
Besondere Regelungen ergeben sich bei Leistungen für psychotherapeutische und psychoanalytische Behandlungen. Hier sind Begrenzungen sowohl hinsichtlich der Anzahl der Sitzungen als auch hinsichtlich der Höchstleistungen pro Kalenderjahr möglich, da niemand erwarten wird, dass eine psychotherapeutische Behandlung unbegrenzt finanziert wird: Nach einer Entscheidung des BGH ist eine Tarifbedingung in einer privaten Krankenversicherung, mit der die Erstattung von Aufwendungen für Psychotherapie auf bis zu 30 Sitzungen je Kalenderjahr beschränkt ist, wirksam. Diese Wirksamkeit begründet der BGH insbesondere damit, dass dem Versicherungsnehmer die gewährten 30 Sitzungen für jedes Kalenderjahr erneut zustehen.
Rz. 382
Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt von demjenigen, der dem Urteil des BGH vom 17.3.1999 zugrunde lag. Hier hatte der Versicherer seine Leistung auf 30 Sitzungen während der gesamten Vertragsdauer beschränkt. Eine solche Leistungsbegrenzung, die trotz Eintritt des Versicherungsfalls jedwede Leistung für die Folgezeit ausschließt, weil bei einem vorausgegangenen Versicherungsfall die Höchstgrenze erreicht worden ist, greift in die berechtigten Erwartungen des Versicherungsnehmers auf Versicherungsschutz auch für psychotherapeutische Behandlung in erheblicher, den Versicherungszweck gefährdender Weise ein. Die Tarifbedingung war deshalb unwirksam. Hieran fehlt es, wenn die Behandlung nach zunächst abgeschlossener Therapie zu einem späteren Zeitpunkt erneut aufgenommen werden kann. Hierdurch wird trotz Leistungsbegrenzung dem Versicherungsvertrag nicht seine inhaltliche Grundlage entzogen und die versprochene Abdeckung des Kostenrisikos auch für psychische Erkrankungen behält für den Versicherungsnehmer ihren Sinn.
Rz. 383
Die Instanzgerichte haben hierzu Folgendes entschieden:
Nach LG Bremen ist eine Beschränkung auf 30 Sitzungen pro Kalenderjahr möglich.
Andere Gerichte halten darüber hinaus auch die Beschränkung auf Leistungen für 20 Sitzungen für wirksam.
Demgegenüber hat das LG München eine Begrenzung auf einen Betrag von 2.500 DM pro Jahr als zu wenig angesehen, da hiervon keine 25 Sitzungen abgedeckt werden können.
Rz. 384
Nach BGH ist ein Ausschluss psychotherapeutischer Behandlungen zulässig, die von einem nicht ärztlich vorgebildeten Psychotherapeuten vorgenommen werden, zum Beispiel von einem Diplompsychologen.
Ebenso wirksam ist eine Klausel, die bei einer psychotherapeutischen Behandlung durch einen niedergelassenen approbierten Arzt eine volle Erstattungsfähigkeit, bei Behandlung durch einen Diplompsychologen dagegen nur einen Kostenvorschuss nach vorheriger schriftlicher Zusage, vorsieht. Dementsprechend sind grundsätzlich auch solche Klauseln als wirksam anzusehen, welche die Leistungspflicht an eine Zusatzausbildung des Arztes oder des Psychotherapeuten oder eine staatliche Prüfung des Therapeuten anknüpfen.
Rz. 385
Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Berufe des psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten vom 16.6.1998 war zunächst streitig, ob der zugesagte Versicherungsschutz nunmehr auch Behandlungen durch einen psychologischen Psychotherapeuten mit umfasst. Wenn allerdings eine Beschränkung des Versicherungsschutzes bei Psychotherapie vorgesehen ist, wonach sie von einem niedergelassenen approbierten Arzt oder in einem Krankenhaus durchgeführt wird, ist keine Auslegung dahingehend möglich, dass der zugesagte Versicherungsschutz nunmehr auch Behandlungen durch einen psychologischen Psychotherapeuten umfasst.
Rz. 386
Eine Klausel in Tarifbedingungen, wonach sich der Versicherungsschutz auch auf die Psychotherapie sowie eine logopädische Behandlung erstreckt, soweit erstere durch Ärzte oder Diplom-Psychologen, letztere durch Ärzte oder Logopäden durchgeführt wird, kann nicht dahin ausgelegt werden, dass der zugesagte Versicherungsschutz auch die therapeutische Behandlung einer Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) durch Pädagogen umfasst. Die Klausel hält einer Inhaltskontrolle stand.
Rz. 387
Sehen die Tarifbedingungen eine Kostenübernahme für psychotherapeutische Behandlung nur nach vorheriger schriftlicher Leistungszusage des Versicherers vor, so ist fraglich, ob diese Zusage im Ermessen des Versicherers liegt – entsprechend § 4 Abs. 5 MB/KK – oder ob die Zusage zu erteilen ist, wenn die Voraussetzungen für eine notwendige Heilbehandlung durch Therapie nachgewiesen sind.
Rz. 388
Nach der überwiegenden Auffassung steht die Entscheidung bei psychotherapeutischer Behandlung im freien Ermessen des Versicherers und ist damit den Entscheidungen über die Leistungszusage bei einer Behandlung in sog. gemischten Anstalten des § 4 Abs. 5 MB/KK gleichgestellt. Der BGH hat eine solche Klausel für wirksam angesehen.
Das Erfordernis der Zusage soll im Interesse beider Parteien den Versicherungsnehmer dazu nötigen, das gerade bei einer Psychotherapie oft zweifelhafte Vorliegen dieser Voraussetzung...