Rz. 58
Die Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB stellt in der privaten Krankenversicherung – wie auch insgesamt bei Versicherungsverträgen – eine besondere Problematik dar.
Nach der Rechtsprechung des BGH – IV. Zivilsenat – unterliegen Leistungsbeschreibungen insoweit einer Kontrolle, als sie das Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten und modifizieren. Damit bleibt für die der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung nur derjenige enge Kernbereich der Leistungsbezeichnung, ohne dessen Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann.
Rz. 59
In der Krankenversicherung spielen bei der Vertragszweckkontrolle des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB die soziale Funktion der privaten Krankenversicherung, der soziale Schutzzweck des Krankenversicherungsvertrages sowie eine effiziente medizinische Versorgung in der Krankheitskostenversicherung eine entscheidende Rolle. Bei der Krankenhaus- und Krankentagegeldversicherung ist Vertragszweck die Absicherung des Verdienstausfalls als Folge von Krankheit oder Unfall.
Tarifbestimmungen zu § 15 Abs. 1a MB/KT mit Definitionen zur Versicherungsfähigkeit wurden seitens des BGH bereits des Öfteren der Inhaltskontrolle unterzogen mit dem Ergebnis, dass sie dieser nicht standhielten, weil dadurch die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet war. Nur über die ergänzende Vertragsauslegung verblieb den Regelungen ein geringer Anwendungsbereich (vgl. hierzu Rdn 668 ff.)
Rz. 60
Unter dem Aspekt der Inhaltskontrolle wurden im Krankenversicherungsrecht insbesondere folgende Klauseln überprüft, die einer Inhaltskontrolle standhalten:
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zu § 14 Abs. 1 MB/KT 78: ordentliches Kündigungsrecht des Versicherers in den ersten drei Versicherungsjahren |
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zu § 1 Abs. 2 MB/KK: Versicherungsschutz bei Psychotherapie nur, soweit sie vom niedergelassenem approbierten Arzt oder in einem Krankenhaus durchgeführt wird |
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zu § 1 MB/KK: Beschränkung der Erstattungsfähigkeit auf ärztliche Stimm-, Sprech- und Sprachübungsbehandlung |
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zu § 4 Abs. 2 MB/KK: niedergelassener Arzt |
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zu § 4 Abs. 6 MB/KK: Schulmedizin |
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zu § 5 Abs. 1 g MB/KK: Behandlung durch nahe Verwandte |
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zu § 9 Abs. 3 MB/KK: Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Untersuchung |
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zu TBKK 99: Erstattungsgrenze von 30 Psychotherapiesitzungen |
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zu KHTG-Genesungsgeld: Beschränkung des Anspruchs auf Anzahl der im Krankenhaus verbrachten Tage. |
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zu § 7 S. 2 MB/KT: Beendigung des Versicherungsschutzes für schwebende Versicherungsfälle |
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zu § 8b Abs. 1 MB/KK 2009:
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Wirksamkeit der Prämienanpassungsklausel bei nur vorübergehender Veränderung der Versicherungsleistungen und einer Tarifbestimmung, wonach beim Vergleich der erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen eine Abweichung von mehr als 5 % eine Prämienanpassung ermöglicht wird (anstatt 10 % nach § 203 Abs. 2 VVG und trotz Unwirksamkeit von § 8b Abs. 2 MB/KK 2009) sowie |
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Wirksamkeit einer Prämienanpassungsklausel, nach der der Versicherer die Beiträge bei Abweichungen und Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen anpassen kann, aber nicht muss. |
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