I. Anspruch eines Dritten gegen den Versicherungsnehmer als Voraussetzung für einen Anspruch gegen den Versicherer
1. Allgemeine Leistungsbeschreibung, § 192 Abs. 1 VVG, § 1 Abs. 1 MB/KK
Rz. 212
Nach § 192 Abs. 1 VVG und auch § 1 Abs. 1 MB/KK haftet der Versicherer im vertraglich vereinbarten Umfang für Aufwendungen für medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit, Unfallfolgen und für sonst vereinbarte Leistungen. Die Versicherung soll somit den konkreten Bedarf decken; gemäß § 200 VVG gilt ein Bereicherungsverbot.
Rz. 213
Da durch die Forderung des behandelnden Arztes oder des Krankenhauses der Versicherungsnehmer sich Aufwendungen gegenüber sieht und dadurch im Vermögen des Versicherungsnehmers ein Passivum entsteht – gegen das er sich durch den Versicherungsvertrag schützen will –, wird die Krankheitskostenversicherung als Passivenversicherung bezeichnet.
Rz. 214
Die Krankheitskostenversicherung geht davon aus, dass der Versicherer nur zum Ersatz derjenigen Aufwendungen verpflichtet ist, die auf einem wirksamen und fälligen Vergütungsanspruch des behandelnden Arztes beruhen. Unter Umständen können jedoch unterschiedliche Ansprüche im Verhältnis Arzt zum Patienten einerseits und Patient = Versicherungsnehmer zum Versicherer andererseits geltend gemacht werden. Setzt jedoch grundsätzlich der vertragliche Anspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer einen wirksamen und fälligen Anspruch des Behandlers gegen seinen Patienten, also den Versicherungsnehmer, voraus, so ist diese Voraussetzung grundsätzlich zusätzlich zu prüfen. Dies gilt umso mehr, als zunehmend auch im Rahmen von Rechtsstreiten im Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer die Wirksamkeit und Fälligkeit der ärztlichen Vergütung als Voraussetzung für einen Anspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer auf dem Prüfstand stehen.
Rz. 215
Da der Versicherer nur zum Ersatz derjenigen Aufwendungen des Versicherungsnehmers verpflichtet ist, die auf einem wirksamen und fälligen Vergütungsanspruch des behandelnden Arztes beruhen, braucht der Versicherer Aufwendungen für ärztliche Leistungen nicht zu erstatten, soweit der Arzt diese nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bzw. der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) oder einer sonstigen Vergütungsverordnung nicht verlangen kann. Aus der Rechtsnatur der Krankheitskostenversicherung als Passiven-Versicherung ergibt sich, dass der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer nur zum Ersatz derjenigen Aufwendungen verpflichtet ist, die diesem in Bezug auf das versicherte Risiko zur Erfüllung von Verpflichtungen aus berechtigten Ansprüchen Dritter erwachsen sind. Dies entspricht der ganz herrschenden Rechtsprechung.
Ist im Tarif eine Beschränkung auf Leistungen nach der GOÄ vereinbart, sind zusätzliche Kosten, die der Arzt nicht nach GOÄ berechnen kann, von der Erstattungspflicht des Krankenversicherers ausgeschlossen.
Rz. 216
Soweit das LG Tübingen und ihm folgend das OLG Saarbrücken den Grundsatz der Begrenzung der Erstattungsfähigkeit auf rechtlich begründete Aufwendungen auch auf den Fall verjährter Vergütungsforderungen anwendet und dies u.a. auch damit begründet, dass die Erhebung der Verjährungseinrede aus der Schadenminderungspflicht folge, kann dem nicht zugestimmt werden.
Allerdings kann es im Einzelfall treuwidrig sein, wenn der Versicherungsnehmer gegen ihn nicht mehr weiter verfolgte Vergütungsforderungen von Behandlern erst zu einem Zeitpunkt geltend macht, in dem diese tatsächlich verjährt sind und gegen die ihm der Verjährungseinwand zusteht.
2. Vergütungsanspruch des behandelnden Arztes
Rz. 217
Der Behandlungsvertrag ist inzwischen in § 630a BGB geregelt. Danach sagt der Behandelnde dem Patienten die medizinische Behandlung zu und ist zur Leistung der versprochenen Behandlung verpflichtet, die nach Abs. 2 nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen hat, soweit nichts anderes vereinbart ist. Auf den Behandlungsvertrag sind die Vorschriften des Dienstverhältnisses anwendbar, das kein Arbeitsverhältnis ist. Der Vergütungsanspruch richtet sich bei (Zahn-)Ärzten nach der GOÄ bzw. der GOZ. Sie dienen als Abrechnungsgrundlage für die Vergütung privatärztlicher Leistungen (§ 1 GOÄ/GOZ) und sind, da Rechtsverordnung des Bundes, als gesetzliche Vorschriften zu qualifizieren.
Rz. 218
Nach § 1 Abs. 2 GOÄ bzw. GOZ darf der Arzt Vergütungen nur für Leistungen berechnen, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind. Leistungen, die über das Maß einer medizinisch notwendigen ärztlichen Versorgung hinausgehen, darf er nur berechnen, wenn sie auf Verlangen des Zahlungspflichtigen erbracht worden sind.
Rz. 219
In allen Fällen, in denen Zweifel an der gebührenrechtlichen Abrechnung oder der Erbringung einer medizinisch notwendigen Beha...