1. Versicherungsschutz für Krankheiten, Unfälle u.a.
Rz. 228
Nach § 1 Abs. 1 MB/KK und § 192 Abs. 1 VVG bietet der Versicherer Versicherungsschutz für Krankheiten, Unfälle und andere im Vertrag genannte Ereignisse. Er gewährt im Versicherungsfall:
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in der Krankheitskostenversicherung Aufwendungsersatz für Heilbehandlung |
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in der Krankenhaustagegeldversicherung bei stationärer Behandlung Krankenhaustagegeld. |
Rz. 229
Die Definition des Versicherungsfalls enthält § 1 Abs. 2 MB/KK:
Zitat
Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen.
a) Krankheit
Rz. 230
Die Leistungspflicht des Versicherers setzt zunächst das Vorliegen einer Krankheit voraus.
Definition
Krankheit ist ein objektiver, nach ärztlichem Urteil bestehender anormaler Körper- oder Geisteszustand, der eine nicht ganz unerhebliche Störung körperlicher oder geistiger Funktionen mit sich bringt. Ob der Versicherungsnehmer sich selbst krank oder gesund fühlt, ist unerheblich. Unerheblich ist auch, ob die Störung einem medizinisch diagnostischen Krankheitsbild zugeordnet werden kann.
Rz. 231
Es gilt der objektive Krankheitsbegriff; es kommt auf das Vorhandensein einer Krankheit i.S.d. Sprachgebrauchs des täglichen Lebens an, wie er sich auf der Grundlage allgemein bekannt werdender Erkenntnisse der Medizin gebildet hat. Wie der Versicherungsnehmer sich selbst in subjektiver Hinsicht fühlt, ist unerheblich, ebenso die Frage, ob der körperliche Zustand seinen Wunschvorstellungen entspricht.
b) Unfall
Rz. 232
Ein Unfall liegt nach der Unfalldefinition des § 1 Abs. 3 der Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB) dann vor, wenn der Versicherte durch ein plötzlich von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsbeschädigung erleidet.
Rz. 233
Liegt ein Unfall vor, der zu behandlungsbedürftigen Verletzungsfolgen geführt hat, so besteht gem. § 1 Abs. 1 MB/KK ebenfalls Versicherungsschutz. Der Unfallbegriff des § 1 AUB unterliegt jedoch im Bereich der privaten Krankenversicherung nicht den Beschränkungen des § 2 AUB, der Unfallbegriff in der Krankenversicherung ist weiter gefasst.
2. Versicherungsfall – medizinisch notwendige Heilbehandlung
a) Heilbehandlung
Rz. 234
Definition
Heilbehandlung wird nach ständiger Rechtsprechung des BGH definiert als "jede ärztliche Tätigkeit, die durch die betreffende Krankheit verursacht worden ist, sofern die Leistung des Arztes von ihrer Art her in den Rahmen der medizinisch notwendigen Krankenpflege fällt und auf Heilung, Besserung oder auch Linderung der Krankheit abzielt".
Rz. 235
Der Begriff "Heilbehandlung" setzt – anders als sein reiner Wortlaut – eine Heilung nicht notwendig voraus; er ist nicht nur von den Resultaten, sondern auch von der Zweckbestimmung ärztlichen Handelns her zu bestimmen. Heilbehandlung ist somit jede ärztliche Tätigkeit zum Zweck der Heilung, Besserung oder auch Linderung eines Leidens sowie zur Verhinderung der Verschlimmerung. Die Begriffe "ärztliche Leistung" und "medizinisch notwendige Krankenpflege" sind ebenfalls in einem weiten Sinn zu verstehen.
Rz. 236
Die Heilbehandlung beginnt mit der ersten ärztlichen Maßnahme, der ersten ärztlichen Untersuchung, die auf die Erkennung des Leidens abzielt ohne Rücksicht darauf, ob sofort oder erst nach weiteren Untersuchungen eine endgültige und richtige Diagnose gestellt und mit den eigentlichen Heilmaßnahmen begonnen wurde. Zur Heilbehandlung zählen also auch diagnostische Maßnahmen und zwar auch dann, wenn Diagnose und Therapie nicht als Einheit anzusehen sind, sondern wenn erst weitere Untersuchungen erforderlich sind, um eine endgültige Diagnose stellen und mit den eigentlichen Heilmaßnahmen beginnen zu können.
Rz. 237
Bei schweren lebensbedrohlichen oder lebenszerstörenden Erkrankungen ist nicht zu fordern, dass der Behandlungserfolg näher liegt als sein Ausbleiben. Es reicht vielmehr aus, wenn die Behandlung mit nicht nur ganz geringer Erfolgsaussicht die Erreichung des Behandlungsziels als möglich erscheinen lässt.
Rz. 238
Die Eintrittspflicht des Versicherers besteht auch dann, wenn der Erfolg nicht sicher voraussehbar ist. Es genügt insoweit, wenn die medizinischen Befunde und Erkenntnisse es im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar erscheinen lassen, die Behandlung als notwendig anzusehen. Liegt eine leichtere, insbesondere keine lebensbedrohende oder lebenszerstörende Krankheit vor, erweist sich die in Aussicht genommene Heilbehandlung somit als nicht lebensnotwendig und sind ihre Erfolgsaussichten in Abhängigkeit von bestimmten Voraussetzungen bereits umfangreich erforscht, so lässt erst ein höherer Grad der Erfolgswahrscheinlichkeit es als vertretbar erscheinen, die Maßnahme als bedingungsgemäß notwendig anzusehen.
Rz. 239
Keine Heilbehandlung oder schon keine Krankheit liegt in folgenden Fällen vor: