1. Darlegungs- und Beweislast
Rz. 769
Grundsätzlich hat der Versicherungsnehmer den Eintritt und die Fortdauer bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit darzulegen und zu beweisen.
Da mit der Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Versicherungsnehmer noch nicht bewiesen hat, dass er bedingungsgemäß arbeitsunfähig war, hat der Versicherungsnehmer über die Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen hinaus den Nachweis zu erbringen, dass er für die geltend gemachten Zeiträume arbeitsunfähig i.S.v. § 1 Abs. 3 MB/KT war.
Nachdem Versicherungsfall eine medizinisch notwendige Heilbehandlung der versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen ist, in deren Verlauf die ärztlich festzustellende Arbeitsunfähigkeit hinzutritt, kann der Beweis in der Regel lediglich durch Sachverständigengutachten geführt werden. Damit ein Sachverständiger aus der ex ante Sicht das Bestehen von Arbeitsunfähigkeit beurteilen kann, ist vom Versicherungsnehmer sein Berufsbild darzulegen.
Verlangt ein Versicherer bereits geleistetes Krankentagegeld zurück, ist es Sache des Versicherers, darzulegen und zu beweisen, dass die Krankentagegeldzahlungen ohne Rechtsgrund erbracht worden.
2. Einstweilige Verfügung
Rz. 770
Lediglich in Ausnahmefällen kann ein Anspruch auf Krankentagegeld über eine Leistungsverfügung nach §§ 935, 940 ZPO zuerkannt werden.
Nachdem durch den Erlass eine vorläufige Befriedigung mit einem Risiko des Versicherers einhergeht, nach Obsiegen in der Hauptsache seinen Rückforderungsanspruch nicht realisieren zu können, sind die Voraussetzungen sehr hoch.
Zum einen ist der Verfügungsanspruch regelmäßig durch aussagekräftiges ärztliches Gutachten glaubhaft zu machen sowie der Verfügungsgrund durch eine eidesstattliche Darlegung einer existenziellen materiellen Notlage unter Aufzeigen des konkret bestehenden Bedarfes.
Wenn eine solche Notlage durch Inanspruchnahme von Sozialleistungen abgewendet werden kann, besteht in der Regel kein Anspruch auf einstweilige Leistungsverfügung.
Nachdem der Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Krankentagegeldzahlung nur zur Abwendung einer existenziellen Notlage statthaft ist, ist eine Beschränkung auf einen Notbedarf vorzunehmen.
3. Streitwert
Rz. 771
Bei Geltendmachung von Krankentagegeldansprüche im Wege der Leistungsklage ergibt sich der Streitwert aus dem angeforderten Betrag.
Bei Feststellungsklagen hinsichtlich des Fortbestandes der Krankentagegeldversicherung ist zwischen kombinierten Leistung-/Feststellungsklagen und isolierten Feststellungsklagen zu unterscheiden.
Der BGH hat unter ausdrücklicher Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung inzwischen eine Angleichung zur Streitwertbemessung in der Berufsunfähigkeitsversicherung vorgenommen. Während früher auf den 3,5-fachen Jahresbeitrag des Krankentagegeldtarifes abgestellt wurde, ist bei einem Rechtsstreit über die Verpflichtung des Krankenversicherers zur Zahlung von Krankentagegeld für einen nicht feststehenden Zeitraum die für den Versicherungsfall geschuldete Leistung des Versicherers heranzuziehen, weil es um summenmäßig festgelegte wiederkehrende Leistungen geht, die das Interesse des Versicherungsnehmers am Fortbestand des Vertrages bestimmen. Zugrunde zu legen ist danach ein Halbjahresbezug des vereinbarten Krankentagegeldes. Insoweit ist § 9 ZPO nicht anzuwenden.
Bei positiven Feststellungsklagen beträgt der übliche Abschlag 20 %.
Rz. 772
Beim Zusammentreffen eines Leistungsantrages wegen eines behaupteten Versicherungsfalls mit einem Feststellungsantrag auf Fortbestand des Krankentagegeldtarifes liegt eine wirtschaftliche Teilidentität der Klagebegehren vor, sodass sich eine vollständige Wertaddition verbietet. Denn das Bestehen eines Versicherungsverhältnisses ist zugleich Voraussetzung für den Leistungsanspruch.
In dieser Konstellation hat der Antrag auf Fortbestehen des Vertragsverhältnisses dennoch zusätzliche wirtschaftliche Bedeutung, allerdings nur noch für eventuelle zukünftige Versicherungsfälle. Daher ist der überschießende und für die Wertaddition maßgebliche Teil des Feststellungsbegehrens in diesen Fällen nur mit 20 % des vereinbarten Krankentagegeldes für eine sechsmonatige Bezugsdauer zu bewerten.
Hierbei darf nicht übersehen werden, dass nur für den Zeitraum, in dem bereits Krankentagegeldansprüche über den Leistungsantrag geltend gemacht wurden, Teilidentität besteht mit der Folge, dass insoweit für diesen Zeitraum nur 20 % anzusetzen sind. Für den nicht von der Teilidentität betroffenen Teil verbleibt es bei dem üblichen Feststellungabschlag von lediglich 20 % (anstatt 80 % für d...