A. Einleitung
I. Vorbemerkung
Rz. 1
Das Krankenversicherungsrecht hat seit 2007 erhebliche Veränderungen erfahren, die sich nicht nur durch das neue Versicherungsvertragsgesetz ergeben haben, sondern auch durch eine Veränderung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (MB/KK und MB/KT) sowie durch politische Entscheidungen, die sich in weiteren Gesetzen niedergeschlagen haben.
Rz. 2
Anfang 2009 wurde vom Gesetzgeber eine allgemeine Pflicht zur Versicherung in Kraft gesetzt. Zum Jahresende 2022 waren 8,7 Mio. Menschen privat vollversichert und 29,3 Mio. privat zusatzversichert. Den Leistungsausgaben der privaten Krankenversicherung von 33,39 Mrd. EUR standen 2022 Beitragseinnahmen in der privaten Krankenversicherung (mit Pflegeversicherung) mit ca. 47,2 Mrd. EUR gegenüber.
Rz. 3
Bei der Krankheitskostenvollversicherung handelt es sich um eine Kostenversicherung, die der Versicherte anstelle einer gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und nicht als Ergänzung zum GKV-Schutz abgeschlossen hat. Neben dieser Hauptversicherungsart in der privaten Krankenversicherung (PKV) besteht notwendigerweise auch eine private Pflegepflichtversicherung, deren Leistungen identisch mit denen der sozialen Pflegeversicherung sind.
Rz. 4
Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, Zusatzversicherungen zum GKV-Schutz im Bereich der ambulanten Tarife, der Tarife für Wahlleistungen im Krankenhaus und der Zahntarife abzuschließen. Privat Vollversicherte können zudem ihren Verdienstausfall im Krankheitsfall mit einer Krankentagegeldversicherung absichern. Auch alle gesetzlich Versicherten können eine private Krankentagegeldversicherung als Ergänzung zum gesetzlichen Krankengeld abschließen. Entsprechendes gilt für die Krankenhaustagegeldversicherung.
Rz. 5
Die Auslandsreisekrankenversicherung bietet Schutz bei Aufenthalten im Ausland und kann für kurzfristige oder auch längerfristige Aufenthalte abgeschlossen werden. Daneben gibt es noch spezielle Ausschnittsversicherungen, die lediglich ein spezielles Risiko abdecken wie z.B. Kosten von Zahnersatz und Sehhilfen, Beihilfeablöseversicherungen, Restschuldversicherungen (vor allem bei Kreditgeschäften) sowie Lohnfortzahlungsversicherungen für den Arbeitgeber.
Rz. 6
Die nachfolgende Darstellung beschäftigt sich im Wesentlichen mit der aktuellen Gesetzeslage, enthält aber im Hinblick auf das in Art. 1 Abs. 2 Einführungsgesetz zum Versicherungsvertragsgesetz (EGVVG) mit seinen Übergangsvorschriften vorgesehene Fortgelten des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung (VVG a.F.) bei Eintritt des Versicherungsfalles bis zum 31.12.2008 in relevanten Bereichen auch noch Hinweise auf die frühere Rechtslage.
Zuletzt wurden im VVG 2009 Veränderungen in § 192 Abs. 7 VVG durch das seit 20.7.2021 geltende Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungweiterentwicklungsgesetz-GVWG) vorgenommen. Unter anderem wurde ein Aufrechnungsverbot des Krankenversicherers im Basis- und Notlagentarif mit einer ihm aus der Krankheitskostenversicherung oder Pflegepflichtversicherung zustehenden Prämienforderung eingeführt.
Rz. 7
Hinweis
Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich, wenn nichts anderes vermerkt ist, auf die §§ 192–208 VVG 2009, wobei die seither in Kraft getretenen Änderungen vor allem der §§ 192,193, 202, 204 und 205 VVG, Stand 20.7.2021, berücksichtigt werden sowie die MB/KK 2009 und MB/KT 2009 nach dem aktuellen Stand Juni 2024. Soweit geboten, wird aber auf Abweichungen des VVG a.F. oder VVG 2008 oder früherer Musterbedingungen hingewiesen.
II. Rechtscharakter der privaten Krankenversicherung
1. Personenversicherung
Rz. 8
§ 1 VVG unterscheidet zwischen Schadens- und Personenversicherung. Diese Unterscheidung stellt keinen wirklichen Widerspruch dar und ist eher formaler Natur. Für die private Krankenversicherung gilt zunächst, dass sie Personenversicherung ist, da sie sich mit Gefahren beschäftigt, die den Menschen und damit die Person treffen können. Gleichzeitig ist sie jedoch als Krankheitskostenversicherung auch Schadensversicherung und als Krankenhaustage- und Krankentagegeldversicherung Summenversicherung (vgl. § 192 Abs. 1 und Abs. 4–5 VVG).
2. Schadensversicherung und Summenversicherung
Rz. 9
Bei der Schadensversicherung wird dem Versicherungsnehmer der Vermögensschaden erstattet, der durch den Versicherungsfall eingetreten ist. Hierzu zählt die Krankheitskostenversicherung.
Die Summenversicherung beruht auf dem Prinzip der abstrakten Bedarfsdeckung, d.h. bei ihr wird eine im Voraus versprochene festgelegte Geldleistung nach Eintritt des Versicherungsfalles gezahlt, ohne dass ein entsprechender Bedarf nachgewiesen werden muss. Hierunter fallen nach h.M. u.a. die Krankenhaustagegeldversicherung sowie die Krankentagegeldversicherung.
Rz. 10
Dem Versicherungsnehmer der Krankheitskostenversicherung wird Ersatz der Aufwendungen für medizinisch notwendige Heilbehandlungen und s...