Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
a) Gesetzliche Bestimmung – § 754a ZPO
Rz. 69
Mit Wirkung zum 26.11.2016 ist § 754a ZPO eingefügt worden, der zum 1.1.2018 nochmals angepasst wurde:
Zitat
§ 754a ZPO – Vereinfachter Vollstreckungsauftrag bei Vollstreckungsbescheiden
"(1) 1Im Fall eines elektronisch eingereichten Auftrags zur Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid, der einer Vollstreckungsklausel nicht bedarf, ist bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen die Übermittlung der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides entbehrlich, wenn"
1. |
die sich aus dem Vollstreckungsbescheid ergebende fällige Geldforderung einschließlich titulierter Nebenforderungen und Kosten nicht mehr als 5.000 EUR beträgt; Kosten der Zwangsvollstreckung sind bei der Berechnung der Forderungshöhe nur zu berücksichtigen, wenn sie allein Gegenstand des Vollstreckungsauftrags sind; |
2. |
die Vorlage anderer Urkunden als der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides nicht vorgeschrieben ist; |
3. |
der Gläubiger dem Auftrag eine Abschrift des Vollstreckungsbescheides nebst Zustellungsbescheinigung als elektronisches Dokument beifügt und |
4. |
der Gläubiger versichert, dass ihm eine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides und eine Zustellungsbescheinigung vorliegen und die Forderung in Höhe des Vollstreckungsauftrags noch besteht. |
2Sollen Kosten der Zwangsvollstreckung vollstreckt werden, sind dem Auftrag zusätzlich zu den in Satz 1 Nummer 3 genannten Dokumenten eine nachprüfbare Aufstellung der Kosten und entsprechende Belege als elektronisches Dokument beizufügen.“
(2) Hat der Gerichtsvollzieher Zweifel an dem Vorliegen einer Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides oder der übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen, teilt er dies dem Gläubiger mit und führt die Zwangsvollstreckung erst durch, nachdem der Gläubiger die Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides übermittelt oder die übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen nachgewiesen hat.“
Rz. 70
Gerichtsvollzieher dürfen im Übrigen nicht ohne subjektive Zweifel pauschal die Vorlage des Original-Vollstreckungsbescheides anfordern.
b) Keine Anwendung des § 754a ZPO bei Rechtsnachfolgeklausel
Rz. 71
Da § 754a ZPO nur für Vollstreckungsbescheide gilt, die einer Vollstreckungsklausel nicht bedürfen, scheidet die Anwendung aus, sobald z.B. eine Rechtsnachfolgeklausel (§§ 727 ff. ZPO) für den Vollstreckungsbescheid auf Gläubiger- oder Schuldnerseite erforderlich wird.
c) Keine Anwendung des § 754a ZPO bei Haftbefehlsantrag
Rz. 72
Zu § 754a ZPO ist bereits einige Rechtsprechung ergangen. Von besonderer Wichtigkeit ist hier die Rechtsprechung des BGH, wonach die Regelung des § 754a Abs. 1 ZPO ausschließlich für an den Gerichtsvollzieher gerichtete Vollstreckungsaufträge und nicht auch einen (im bisherigen Formular gem. Modul H) an das Vollstreckungsgericht gerichteten Antrag auf Erlass eines Erzwingungshaftbefehls umfasst.
Rz. 73
Der Fall
Der Gläubiger betrieb im vorliegenden Fall die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid (HF + Zinsen und Kosten = 1.404,85 EUR). Er hatte die Gerichtsvollzieherin unter Modul H beauftragt, für den Fall, dass die Schuldnerin zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft (Modul G) unentschuldigt fernbleibt, einen Antrag auf Erlass eines Haftbefehls zu stellen, d.h. dass die Gerichtsvollzieherin diesen Antrag an das Vollstreckungsgericht übermitteln soll. Dem Vollstreckungsauftrag wurde eine Kopie des Vollstreckungsbescheids als elektronisches Dokument beigefügt. Die erforderliche Versicherung, dass dem Gläubiger eine Ausfertigung des Schuldtitels nebst Zustellbescheinigung vorliegt, und die Forderung in der Höhe der geltend gemachten Forderung noch besteht, war ebenfalls beigefügt. Die Schuldnerin erschien zum anberaumten Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft unentschuldigt nicht; auftragsgemäß hat die zuständige Gerichtsvollzieherin gem. dem Antrag des Gläubigers mit Modul H die Akte nebst Ausdruck des VBs und Antrag auf Erlass des Haftbefehls an das zuständige Amtsgericht (Vollstreckungsgericht) weitergeleitet. Der Gläubiger kam der vom Amtsgericht erfolgten Aufforderung, den Originaltitel vorzulegen, nicht nach, weshalb der Antrag auf Erlass eines Haftbefehls zurückgewiesen wurde. Hiergegen legte der Gläubiger sofortige Beschwerde ein, die ebenfalls vom Beschwerdegericht zurückgewiesen wurde. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde richtete sich sodann an den BGH. Da die Schuldnerin im Laufe des Rechtsbeschwerdeverfahrens die offene Forderung ausgeglichen hatte, erklärte der Gläubiger den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls in der Hauptsache für erledigt. Der Erledigungsschriftsatz wurde der Schuldnerin zugestellt, die sich hierzu nicht äußerte, weshalb die Zustimmungsfiktion des § 91a ZPO griff. Dem Gläubiger wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt. Die Kostenauferlegung hielt der BGH für gerechtfertigt. Nebenbei wies er darauf hin, dass die Erle...