Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 72
Zu § 754a ZPO ist bereits einige Rechtsprechung ergangen. Von besonderer Wichtigkeit ist hier die Rechtsprechung des BGH, wonach die Regelung des § 754a Abs. 1 ZPO ausschließlich für an den Gerichtsvollzieher gerichtete Vollstreckungsaufträge und nicht auch einen (im bisherigen Formular gem. Modul H) an das Vollstreckungsgericht gerichteten Antrag auf Erlass eines Erzwingungshaftbefehls umfasst.
Rz. 73
Der Fall
Der Gläubiger betrieb im vorliegenden Fall die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid (HF + Zinsen und Kosten = 1.404,85 EUR). Er hatte die Gerichtsvollzieherin unter Modul H beauftragt, für den Fall, dass die Schuldnerin zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft (Modul G) unentschuldigt fernbleibt, einen Antrag auf Erlass eines Haftbefehls zu stellen, d.h. dass die Gerichtsvollzieherin diesen Antrag an das Vollstreckungsgericht übermitteln soll. Dem Vollstreckungsauftrag wurde eine Kopie des Vollstreckungsbescheids als elektronisches Dokument beigefügt. Die erforderliche Versicherung, dass dem Gläubiger eine Ausfertigung des Schuldtitels nebst Zustellbescheinigung vorliegt, und die Forderung in der Höhe der geltend gemachten Forderung noch besteht, war ebenfalls beigefügt. Die Schuldnerin erschien zum anberaumten Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft unentschuldigt nicht; auftragsgemäß hat die zuständige Gerichtsvollzieherin gem. dem Antrag des Gläubigers mit Modul H die Akte nebst Ausdruck des VBs und Antrag auf Erlass des Haftbefehls an das zuständige Amtsgericht (Vollstreckungsgericht) weitergeleitet. Der Gläubiger kam der vom Amtsgericht erfolgten Aufforderung, den Originaltitel vorzulegen, nicht nach, weshalb der Antrag auf Erlass eines Haftbefehls zurückgewiesen wurde. Hiergegen legte der Gläubiger sofortige Beschwerde ein, die ebenfalls vom Beschwerdegericht zurückgewiesen wurde. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde richtete sich sodann an den BGH. Da die Schuldnerin im Laufe des Rechtsbeschwerdeverfahrens die offene Forderung ausgeglichen hatte, erklärte der Gläubiger den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls in der Hauptsache für erledigt. Der Erledigungsschriftsatz wurde der Schuldnerin zugestellt, die sich hierzu nicht äußerte, weshalb die Zustimmungsfiktion des § 91a ZPO griff. Dem Gläubiger wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt. Die Kostenauferlegung hielt der BGH für gerechtfertigt. Nebenbei wies er darauf hin, dass die Erledigung der Hauptsache auch dann eintritt, wenn eine Schuldnerin nicht anwaltlich vertreten ist und sich nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist (Notfrist) gegenüber dem Gericht erklärt, obwohl sie auf die Folge (Zustimmungsfiktion) hingewiesen worden ist. Weil die Erledigung der Hauptsache gem. § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO auch zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden kann, besteht für diese Erklärung kein Anwaltszwang, somit auch nicht notwendigerweise einer Vertretung durch einen beim BGH zugelassenen Anwalt, vgl. dazu § 78 Abs. 3 ZPO.
Rz. 74
In seiner Entscheidung bezieht der BGH sich darauf, dass bei Eingang eines Haftantrags das Vollstreckungsgericht zu prüfen hat, ob die allgemeinen Verfahrens- und Vollstreckungsvoraussetzungen sowie die besonderen Haftvoraussetzungen für die Anordnung der Freiheitsentziehung gegeben sind. Zum Nachweis der Vollstreckungsvoraussetzung kann das Vollstreckungsgericht grundsätzlich die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels verlangen. Zu Recht wendet der BGH ein, dass die Vorlage einer Kopie des Titels nicht ausreichend sei, da § 754a ZPO für das Verfahren auf Erlass eines Haftbefehls nicht anwendbar ist. Allein die Tatsache, dass der Antrag über Modul H via Gerichtsvollzieher an das Vollstreckungsgericht weitergeleitet werden kann, bedeutet nicht, dass auch für eine derartige Maßnahme, über die das Vollstreckungsgericht entscheiden muss, § 754a ZPO zur Anwendung kommt. Dabei verweist der BGH auch auf die systematische Stellung des § 754a ZPO. Da sich die Bestimmung im Anschluss an die Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers regelnden Vorschriften der §§ 753, 754 ZPO findet, ist § 754a ZPO auch nur auf solche Aufträge anzuwenden, die sich direkt und unmittelbar an den Gerichtsvollzieher richten. Eine inhaltsgleiche Bestimmung wie in § 754a ZPO findet sich für den PfÜB in § 829a ZPO, nicht jedoch für andere an das Vollstreckungsgericht zu richtende Anträge. Nach Ansicht des BGH ist die Vorschrift des § 754a ZPO eng auszulegen und betrifft nur solche Maßnahmen, die vom Gerichtsvollzieher ergriffen werden, um eine Vereinfachung und Beschleunigung des Zwangsvollstreckungsverfahrens zu erreichen und auch nur, soweit es sich um eine Vollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid handelt. Daher, so der BGH, ist bei einem Erlass eines Haftbefehls wegen der Grundrechtsrelevanz der Freiheitsentziehungsmaßnahme (Art. 2 Abs. 2 S. 2 und 3, Art. 104 Abs. 2 S. 1 GG) der Missbrauchsgefahr in besonderem Maße entgegenzuwirken, weshalb das Vollstreckungsgericht in solc...