Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
1. Wie finden Titel und elektronischer Auftrag zueinander?
Rz. 83
Das Problem liegt auf der Hand:
Gläubiger müssen dafür Sorge tragen, dass nachzureichende Papiertitel mit ihrem elektronischen Antrag beim Gerichtsvollzieher/Gericht wieder "zusammenfinden".
Rz. 84
Es bieten sich hier mehrere Vorgehensweisen an:
1. |
Gleichzeitiger Versand des elektronischen Antrags mit Versand des Papiertitels (in der Hoffnung, dass die richtigen beiden Teile wieder zueinander finden). |
2. |
Zunächst elektronischer Antrag; sobald das Aktenzeichen des Gerichtsvollziehers/Gerichts bekannt ist, Zusendung des Original-Titels, der zuvor ggf. lediglich als Scan dem Antrag beigefügt war. Diese Vorgehensweise ist nach einigen Monaten Einreichpflicht im Jahr 2022 als die in der Praxis von allen Beteiligten bevorzugtere Variante wahrzunehmen. Auch die Einreichung des Dokuments "vollständige Zustellantwort", welches die OSCI-ID enthält, hilft dem Gerichtsvollzieher bei der Zuordnung von Auftrag und nachgereichtem Titel. |
Rz. 85
Die RAK Hamburg veröffentlicht auf Ihrer Internetseite folgenden Hinweis:
Zitat
"ELEKTRONISCHE EINREICHUNG VON VOLLSTRECKUNGSAUFTRÄGEN AB DEM 1.1.2022 / HINWEIS DES AMTSGERICHTS HAMBURG"
Ab dem 1.1.2022 müssen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte auch die Vollstreckungsaufträge als elektronisches Dokument an die Gerichte übermitteln (§§ 753 Abs. 5, 130d ZPO jeweils in der ab dem 1.1.2022 gültigen Fassung). Bei Vollstreckungsbescheiden, deren fällige Geldforderung einschließlich titulierter Nebenforderungen und Kosten nicht mehr als 5.000 EUR beträgt, verbleibt es bei der rein elektronischen Einreichung des Titels (§ 754a Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Bei allen anderen Vollstreckungstiteln ist neben dem elektronisch einzureichenden Vollstreckungsauftrag gleichzeitig der Vollstreckungstitel in der vollstreckbaren Ausfertigung, also in Papierform, einzureichen (§§ 754, 754a ZPO).
Das Amtsgericht Hamburg weist uns in diesem Zusammenhang auf die Problematik hin, dass der Posteingang des Originaltitels bei Gericht mangels Aktenzeichen nicht oder nur sehr aufwändig dem bereits elektronisch eingegangenen Antrag zugeordnet werden kann. Aus Sicht aller Hamburger Amtsgerichte wäre es deshalb wünschenswert, wenn generell der Vollstreckungstitel dem elektronisch eingereichten Vollstreckungsauftrag als (elektronische) Kopie beigefügt wäre und die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte auf Gläubigerseite den Originaltitel in Papierform erst nach Anforderung des Gerichts unter Angabe des Aktenzeichens übersenden. Das würde die Zuordnung des Titels sehr erleichtern.
Das Amtsgericht Hamburg bittet uns im Interesse einer möglichst reibungslosen Umstellung, diesen Wunsch unseren Mitgliedern mitzuteilen.“
2. Ersatzeinreichung bei vorübergehender technischer Störung?
Rz. 86
Was die Regelung in § 130d ZPO, der ja über § 753 Abs. 5 ZPO für anwendbar erklärt wird, hinsichtlich einer vorübergehenden technischen Störung betrifft, ist zu bezweifeln, dass S. 2 und 3 des § 130d ZPO in der Praxis häufig zur Anwendung kommen werden. Denn ist aus technischen Gründen vorübergehend die Übermittlung als elektronisches Dokument nicht möglich, bleibt zwar die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig, wobei die vorübergehende Unmöglichkeit bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen und auf Anforderung ein elektronisches Dokument nachzureichen ist.
Rz. 87
Nur selten jedoch wird ein ZV-Antrag so dringlich sein (hier scheitert es ja bereits i.d.R. an der notwendigen Briefpost-Übermittlung der Ausfertigung), dass bei vorübergehenden technischen Störungen ein Auftrag nicht auch noch am nächsten Tag möglich wäre; zumal bei herkömmlicher Einreichung per Briefpost auch die Postlaufzeiten mit zwei bis drei Tagen einzurechnen sind. Insofern bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber hier noch nachbessern wird.
Rz. 88
Hinweis
Vermeiden Sie "Doppeleinreichungen", damit Gerichte und Gerichtsvollzieher nicht unnötigerweise von zwei Aufträgen ausgehen und damit zwei Akten anlegen und doppelte Kosten verlangen! Bei gleichzeitiger Einreichung des Titels per Post und elektronischer Einreichung des Auftrags ohne Zuordnung zu einem Aktenzeichen sollte daher der Auftrag selbst dem Originaltitel nicht zusätzlich nochmals mit beigefügt, sondern vielmehr auf den elektronischen Auftrag verwiesen werden!
3. ZV-Belege einzeln oder als Konvolut scannen?
Rz. 89
Gerade im Bereich der Zwangsvollstreckung müssen häufig zahlreiche Dokumente übermittelt werden, da bereits einige Vollstreckungsmaßnahmen vorausgegangen sind. Es stellt sich in diesen Fällen die Frage, ob grundsätzlich jeder Beleg der Zwangsvollstreckung als eigenes Dokument einzuscannen und zu übermitteln, oder aber ein sog. "Konvolut", bestehend aus sämtlichen Vollstreckungsunterlagen (inklusive Vollstreckungsauftrag), als ein einheitliches Dokument ausreichend ist.
Denkbar sind folgende Vorgehensweisen:
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ZVA + ggf. Titel-Scan + ZV-Unterlagen = ein einziges elektronisches Dokument (Konvolut) |
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ZVA = ein Dokument + ZV-Unterlagen + ggf. Titel-Scan als zwei weitere Dokumente (= 2 Dokume... |