Rz. 13

Anders als bei der Einkommensteuer, die den Erbanfall grds. als steuerneutral behandelt und eventuelle Einkünfterealisierungen in erster Linie im Bereich der Erbauseinandersetzung annimmt, unterliegt der Erbschaftsteuer gerade der unentgeltliche Erwerb von Todes wegen. Die Erbauseinandersetzung als solche ist grds. steuerneutral, weil der Erwerbstatbestand "Erwerb durch Erbanfall" mit dem Anfall des Erblasservermögens beim Erben bzw. der Erbengemeinschaft abgeschlossen und vollendet ist.

 

Rz. 14

Der Erbschaftsteuer unterliegen folgende Erwerbsvorgänge:

Da Einzelunternehmen und Anteile an Kapitalgesellschaften (zur Nachfolge in Personengesellschaftsanteile s. Rdn 60 ff.) zwingend vererblich sind, erfolgt in der ersten Stufe ein Erwerb durch Erbanfall (§§ 1922, 1942 BGB) bei dem oder den Erben, der nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Erbschaftsteuer unterliegt.
Der Erwerb des oder der Erben durch Erbanfall kann dadurch beschwert sein, dass der Anteil weiter übertragen werden muss (zweite Stufe). In Betracht kommt, dass der Erblasser durch noch nicht vollzogene Schenkung unter Lebenden oder durch echte Schenkung auf den Todesfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 ErbStG), durch eine Auflage (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG) oder durch ein Vermächtnis (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3. Alt. ErbStG) eine Weiterübertragung des Anteils angeordnet hat, die bei diesen Erwerbern einen nach den zitierten Vorschriften steuerbaren Erwerb begründet. Auch in diesen Fällen ist der angefallene Geschäftsanteil zunächst in der ersten Stufe als Erwerb durch Erbanfall beim Erben zu erfassen; die Minderung der Bereicherung durch die Beschwerung ist als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 ErbStG zu berücksichtigen.
Denkbar ist auch eine Vereinbarung zwischen den Erben oder zwischen den Erben und einem Vermächtnisnehmer oder zwischen den Erben und einem Pflichtteilsberechtigten über eine Ausschlagung der Erbschaft oder des Vermächtnisses oder den Verzicht auf einen entstandenen[22] Pflichtteilsanspruch, jeweils gegen (Sach-)Abfindung (Abfindungserwerb, § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG). Eine derartige Vereinbarung erlaubt den Beteiligten nach dem Tod des Erblassers eine Disposition über den Gegenstand des Erwerbs im erbschaftsteuerlichen Sinne.[23]
[22] Zu der Frage, ob der Anspruch bereits geltend gemacht sein darf vgl. Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 3 Rn 333.
[23] Zur Abgrenzung der Abfindungserwerbe von Leistungen an Erfüllung statt i.S.d. § 364 Abs. 1 BGB vgl. BFH, 7.10.1998 – II R 52/96, BStBl II 1999, S. 23; Daragan, ZEV 1999, 35; Gebel, ZEV 1999, 85; zur ertragsteuerlichen Behandlung – keine Anerkennung der zivilrechtlichen Rückwirkung der Ausschlagung (§ 1953 Abs. 1 BGB) – vgl. BMF-Schreiben v. 14.3.2006, BStBl I 2006, S. 253 Tz. 37.

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