Dr. Fabian Friz, Dr. Konrad Grünwald
Rz. 15
Unternehmerisches Vermögen wird zum Bewertungsstichtag (im Todesfall der Todestag bzw. bei Schenkung im Zeitpunkt deren Ausführung) mit dem sog. gemeinen Wert (§ 9 BewG), der den Verkehrswert abbilden soll, bewertet. Die Bewertung des Betriebsvermögens von Personenunternehmen richtet sich nach § 12 Abs. 5 ErbStG. Der Umfang des Betriebsvermögens von Gewerbebetrieben und Personengesellschaften wird in §§ 95, 97 BewG definiert. Die Bewertung dieser Betriebsvermögen erfolgt nach § 109 Abs. 1 und 2 BewG nach dem gemeinen Wert entsprechend § 11 Abs. 2 BewG. Auszugehen ist von einer Gesamtbewertung des Betriebsvermögens (zu den Ausnahmen vgl. Rdn 17 ff.).
Rz. 16
In den Gewerbebetrieb einer Personengesellschaft sind gem. der ertragsteuerlichen Regelung einzubeziehen (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG, R B 97.1 ErbStR – Erbschaftsteuerrichtlinien):
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die Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze sowie die Schulden und sonstigen Abzüge, soweit sie zum Gesamthandsvermögen gehören, |
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das Sonderbetriebsvermögen I und II, also das Vermögen eines Mitunternehmers, das dem Betrieb der Gesellschaft oder der Beteiligung des Gesellschafters an der Gesellschaft dient, wie etwa Gesellschafterdarlehen und der Gesellschaft zur (entgeltlichen oder unentgeltlichen) Nutzung überlassene Wirtschaftsgüter, aber etwa auch Verbindlichkeiten, die der Finanzierung der Einlage des Gesellschafters dienen. |
Durch die Zuordnung des Sonderbetriebsvermögens zur wirtschaftlichen Einheit des Betriebsvermögens unterscheidet sich nicht nur die Bewertung von Personen- und Kapitalgesellschaften, sondern auch der Umfang des nach den § 13b ErbStG begünstigten Vermögens. Das kann erhebliche Auswirkungen haben, etwa auch auf die Zugangsprüfung zum Verschonungssystem (§ 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG) oder zur Options-/Vollverschonung nach § 13a Abs. 10 ErbStG.
Nach § 97 Abs. 1 BewG gehören zum Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft und einer Mitunternehmerschaft alle (aktiven) Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens. Das stimmt bei Kapitalgesellschaften (§ 97 Abs. 1 Nr. 1 BewG) mit der steuerbilanziellen Wertung überein, denn Kapitalgesellschaften können kein Privatvermögen haben. Vom Wortlaut der Vorschrift werden bei Mitunternehmerschaften sämtliche Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens erfasst, also auch solche, die ertragsteuerlich notwendiges Privatvermögen sind. Die Finanzverwaltung orientiert sich u.E. zu Recht am ertragsteuerlichen Betriebsvermögensbegriff und nimmt solche Wirtschaftsgüter (insbesondere der privaten Lebensführung eines Gesellschafters dienende Grundstücke) – wie beim Einzelunternehmen – auch bewertungsrechtlich vom Betriebsvermögensbegriff aus (R B 97.1 Abs. 1 Satz 5 ErbStR 2019). Diese Wirtschaftsgüter nehmen damit generell nicht an den Begünstigungen nach §§ 13a, 13b, 19a ErbStG teil; auf die Frage der Eigenschaft als Verwaltungsvermögen kommt es daher nicht mehr an.
Die Zuordnung von Verbindlichkeiten zum – bewertungsrechtlichen – Betriebsvermögen setzt nach dem unverändert gebliebenen § 103 Abs. 1 BewG voraus,
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dass die Verbindlichkeit in der Steuerbilanz zu passivieren ist und |
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dass die Verbindlichkeit mit der Gesamtheit des Betriebsvermögens oder mit einem Wirtschaftsgut wirtschaftlich zusammenhängt, das bewertungsrechtlich zum Betriebsvermögen gehört. |
Rz. 17
Die Bewertung des Betriebsvermögens erfolgt nach § 109 Abs. 2 BewG i.V.m. § 11 Abs. 2 BewG zum gemeinen Wert.
§ 11 Abs. 2 BewG sieht folgende Methoden für die Ermittlung des gemeinen Wertes – wenn dieser sich nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten lässt, die nicht länger als ein Jahr zurückliegen – vor:
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eine Wertermittlung unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Gesellschaft; |
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die Anwendung einer anderen, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke übliche Methode. |
Der gemeine Wert darf nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG jedoch nicht den Substanzwert der Gesellschaft unterschreiten, d.h. die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzgl. der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden.
Rz. 18
Für die Wertermittlung unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten sehen §§ 199 ff. BewG ein vereinfachtes Ertragswertverfahren vor. Das Bewertungsverfahren basiert auf einer Kapitalisierung der zukünftig nachhaltig erzielbaren Erträge nach der Formel der ewigen Rente. Nach § 199 Abs. 1, 2 BewG kann das vereinfachte Ertragswertverfahren zugrunde gelegt werden, wenn es "nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt".
Nach § 200 Abs. 2 bis 4 BewG sind nicht betriebsnotwendiges Vermögen, Beteiligungen und innerhalb von 2 Jahren vor dem Bewertungsstichtag (§§ 11, 9 BewG) eingelegte Wirtschaftsgüter separat zu bewerten und mit einem eigenständig zu ermittelnden gemeinen Wert anzusetzen; für Sonderbetriebsvermögen gilt dies entsprechend. Gleichwohl ist zunächst der Jahresertrag auf der Grundlage des Gewinns unter Einschluss dieser...