Dr. Fabian Friz, Dr. Konrad Grünwald
Rz. 101
Die einkommensteuerliche Betrachtung folgt streng der zivilrechtlichen Sonderzuordnung: Mitunternehmer wird allein der qualifizierte Nachfolger. Ungeachtet des Umstandes, dass die wirtschaftliche Wirkung einer qualifizierten Nachfolgeklausel – nicht anders als bei einer einfachen Nachfolgeklausel – die einer dinglich wirkenden (Teil-)Erbauseinandersetzung ist, was jedenfalls bei einer wirtschaftlichen Betrachtung die Annahme eines Durchgangserwerb der nicht nachfolgenden Miterben tragen könnte, bestehen Rspr. und Verwaltung auf der Beurteilung, dass ein derartiger Durchgangserwerb der Miterben nicht stattfindet.
Das hat für die einkommensteuerliche Qualifikation eventueller Ausgleichsleistungen gravierende Folgen. Denn wenn die Miterben nicht als (Durchgangs-)Mitunternehmer qualifiziert werden können, kann die Ausgleichsleistung – anders als bei der einfachen Nachfolgeklausel – nicht einer Veräußerung eines Mitunternehmeranteils durch die nicht nachfolgenden Miterben zugeordnet werden. Die Ausgleichsleistung ist deshalb privat veranlasst; eventuelle Finanzierungsaufwendungen sind steuerlich unbeachtlich. Auf der Seite des Nachfolgers handelt es sich bei den Ausgleichsleistungen nicht um steuerliche Anschaffungskosten des Anteils, sodass diese Aufwendungen im Fall der Veräußerung des Anteils den steuerlichen Veräußerungsgewinn nicht mindern.
Beispiel
S 1 folgt aufgrund qualifizierter Nachfolgeklausel in den Anteil des V nach (Verkehrswert des Anteils 10 Mio. EUR; Buchwert des Kapitalkontos 1 Mio. EUR). Zum Nachlass gehört sonstiges Vermögen im Wert von 1 Mio. EUR. V ordnet zugunsten des S 2, der neben S 1 Miterbe zu ½ wird, einen am Verkehrswert des Anteils und an der Belastung der stillen Reserven mit latenten Steuern orientierten Ausgleich i.H.v. 3 Mio. EUR an. S 1 veräußert den Anteil zu 75 % des Verkehrswertes an einen Mitgesellschafter, nach dem die Gesellschafter einer Fremdveräußerung zum Verkehrswert die Zustimmung verweigert hatten.
Sein Veräußerungsgewinn errechnet sich durch Gegenüberstellung von Veräußerungserlös (7,5 Mio. EUR) und Kapitalkonto (1 Mio. EUR) und beläuft sich auf 6,5 Mio. EUR, denn die über den Buchwert des Anteils hinausgehende Ausgleichsleistung darf nicht in einer Ergänzungsbilanz aktiviert werden und erhöht deshalb nicht das Kapitalkonto. Die Einkommensteuer beläuft sich bei einer angenommenen Tarifbelastung von 45 % auf 2.925.000,00 EUR. Damit verbleiben ihm – nach Ausgleichsleistung – von seinem Erwerb lediglich 1.575.000,00 EUR, wovon er noch die ErbSt zu bezahlen hat. Auch insoweit kann er die Ausgleichsleistung nicht abziehen, da sie als Teil der Erbauseinandersetzung nicht bereicherungsmindernd berücksichtigt wird. Der erbschaftsteuerliche Erwerb des S 1 würde 6,5 Mio. EUR betragen (½ des Nachlasswerts von 11 Mio. EUR). Bei einer dann zu zahlenden Erbschaftsteuer von 1.190.000 EUR würden S 1 schließlich nur 385.000 EUR verbleiben.
Rz. 102
Aus einkommensteuerlicher Sicht ergeben sich weitere Probleme im Hinblick auf eventuelles Sonderbetriebsvermögen des Erblassers. Die Rechtsnachfolge in dieses Vermögen folgt nicht der spezifischen Rechtsnachfolge in den Anteil des Erblassers, sondern allgemeinen erbrechtlichen Grundsätzen und fällt deshalb der Miterbengemeinschaft an. Daraus resultiert im Zeitpunkt des Erbanfalls eine partielle Entnahme des Sonderbetriebsvermögens noch durch den Erblasser (und nicht durch den nicht qualifizierten Miterben) mit der Folge der Realisierung eines nicht nach den §§ 16, 34 EStG begünstigten, aber nicht gewerbesteuerpflichtigen Entnahmegewinns.
Rz. 103
Grds. erfordert die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG den Übergang des gesamten Mitunternehmeranteils und damit aller unter funktionalen Gesichtspunkten betriebswesentlichen Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens und auch des Sonderbetriebsvermögens. Anderenfalls liegt im Zuge der Rechtsnachfolge eine Aufgabe des Mitunternehmeranteils in der Person des Rechtsvorgängers mit der Folge der Entstehung eines Aufgabegewinns vor. Das hätte in solchen Fallgestaltungen, in denen betriebswesentliches Sonderbetriebsvermögen partiell entnommen wird, eine Gewinnrealisierung auch im Hinblick auf den Gesellschaftsanteil des verstorbenen Gesellschafters zur Folge. Diese Konsequenz hat der BFH im Hinblick auf die "gravierenden steuerlichen Folgen" ausdrücklich abgelehnt, mit der Folge, dass – soweit die Rechtsnachfolge stattfindet (Gesellschaftsanteil und quotaler Erwerb des Sonderbetriebsvermögens) – die Buchwerte fortzuführen sind. Die Steuerverwaltung folgt dieser Rspr
Hinweis
Diese Rspr. wird man auch auf andere Fälle der Rechtsnachfolge aus Anlass des Todes eines Gesellschafters und damit insb. auf die Fälle anzuwenden haben, in denen die Rechtsnachfolge in den Anteil nicht auf erbrechtlicher, sondern auf rechtsgeschäftlicher/gesellschaftsvertraglicher Grundlage erfolgt (rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel, Eintrittsklausel). Denn in diesen Fällen gilt für die Recht...