Dr. Fabian Friz, Dr. Konrad Grünwald
Rz. 20
Das Vermögen von Personengesellschaften ist im Ganzen zu bewerten; der Gesamtwert ist sodann auf die Beteiligten aufzuteilen (§§ 3, 97 Abs. 1a BewG; R B 97.4 ErbStR 2019).
Die Bewertung des Betriebsvermögens basiert bei Personen- und Kapitalgesellschaften auf der gedanklichen Grundlage, dass der Anteilswert dem anteiligen Unternehmenswert entspricht. Das mag im Ausgangspunkt einleuchten; eine im Gesetz und in den Richtlinien vorgegebene ausnahmslose Umsetzung dieses Grundsatzes führt jedoch dazu, dass das zentrale Ziel der Bewertung, nämlich die Ermittlung der Bereicherung des Erwerbers in einer Vielzahl von Fällen verfehlt wird. Unberücksichtigt bleibt bei dieser Art der Bewertung – ungeachtet der Modifizierung des § 97 Abs. 1b BewG –, dass der einzelne Erwerber einen so ermittelten Wert nicht realisieren kann. Denn Anteilsvinkulierungen und Abfindungsbeschränkungen schließen es häufig aus, dass der Anteilserwerber den anteiligen Unternehmenswert realisieren kann. Er kann den Anteil nicht zu dem anteiligen Unternehmenswert frei veräußern. Das aber war ausdrücklich die Prämisse des BVerfG, das den Ansatz des gemeinen Werts unter Berufung auf die Erwägung für richtig befunden hatte, dass der Erwerber diesen Wert durch eine Veräußerung des erworbenen Gegenstandes (Anteils) realisieren könne. Bei diesem gedanklichen Ausgangspunkt steht die gesetzliche Regelung mit dem Besteuerungsgrund des ErbStG, nämlich die unentgeltlich erlangte wirtschaftliche Bereicherung zu erfassen und zu besteuern, in einem offensichtlichen Widerspruch und führt in den einschlägigen Fällen zu einer Überbewertung und zu einer Überbesteuerung.
Die Regelung des § 13a Abs. 9 ErbStG (Vorab-Abschlag für Familienunternehmen mit besonderen Merkmalen, s. hierzu Rdn 47) hat mit der dargelegten Problemlage allenfalls am Rande zu tun und kann das geschilderte Problem nicht lösen. Sie beeinflusst nicht den Anteilswert als solchen und belässt es deshalb bei einer unzutreffenden Bemessungsgrundlage und will unter zusätzlichen Beschränkungen einen als Verschonung ausgestalteten Abschlag gewähren. Ein derartiger Abschlag macht indessen eine Berücksichtigung der Bereicherungsminderung durch Verfügungs- und Abfindungsbeschränkung in der Bemessungsgrundlage nicht entbehrlich. Das ergibt sich schon aus der Beschränkung der Abschlagswirkung auf das nach § 13b Abs. 2 ErbStG begünstigte Vermögen.
Rz. 21
Das BewG sieht eine Aufteilung in der Form vor, dass die Kapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz vorweg den Gesellschaftern zuzurechnen sind und der verbleibende Wert nach dem Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel auf die Beteiligten zu verteilen ist. Das Sonderbetriebsvermögen ist dem jeweiligen Gesellschafter mit dem gemeinen Wert zuzurechnen. Das Mehr- oder Minderkapital aus steuerlichen Ergänzungsbilanzen wird nicht berücksichtigt, da diese weder bei der Ermittlung des Unternehmenswerts berücksichtigt werden noch zusätzliche Entnahmerechte gewähren. Hierdurch wird die Anteilsbewertung auf das aus praktischer Sicht erforderliche Maß verkürzt: Benötigt wird nur der Wert des Gesamthandsvermögens sowie des Sonderbetriebsvermögens des verstorbenen/schenkenden Gesellschafters, nicht aber der Wert des Sonderbetriebsvermögens der nicht betroffenen Gesellschafter, obwohl diese gleichfalls zur wirtschaftlichen Einheit gehören. Festzuhalten bleibt jedoch, dass disquotale Gewinnverteilungsabreden auch das Aufteilungsergebnis beeinflussen.
Beispiel
A und B sind Gesellschafter der A-B OHG. Sie sind am Kapital (1 Mio. EUR) im Verhältnis 70 (A): 30 (B) beteiligt, der Unternehmenswert beträgt 4 Mio. EUR. A hat der Gesellschaft ein Darlehen i.H.v. 1,5 Mio. EUR gewährt, B vermietet an die Gesellschaft ein Grundstück im Wert von 1 Mio. EUR. Nach dem Tod des A ist der Wert dessen Anteils zu ermitteln.
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Wertermittlung |
Aufteilung |
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Wert des Gesamthandsvermögens |
4.000.000,00 EUR |
4.000.000,00 EUR |
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Kapitalkonten |
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– 1.000.000,00 EUR |
700.000,00 EUR |
verbleibender Betrag |
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3.000.000,00 EUR |
2.100.000,00 EUR |
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– 3.000.000,00 EUR |
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0,00 EUR |
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Sonderbetriebsvermögen A |
1.500.000,00 EUR |
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1.500.000,00 EUR |
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4. 300.000,00 EUR |