Dr. Fabian Friz, Dr. Konrad Grünwald
Rz. 26
Nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG ist die Verschonung im vollen Umfang ausgeschlossen, wenn das Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 4 ErbStG min. 90 % des gemeinen Werts des begünstigungsfähigen Vermögens erreicht (sog. Verschonungseingangsprüfung). Die Verwaltungsvermögensquote von 90 % ist nach dem Gesetz so zu ermitteln, dass
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die Saldierung des Verwaltungsvermögens, das der Erfüllung von Altersversorgungsverpflichtungen dient, mit diesen Verpflichtungen (Ausnahme: das Deckungsvermögen, das durch Treuhandverhältnisse insolvenzgesichert ist), |
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die Schuldenverrechnung und der Sockelbetrag im Rahmen des Finanzmitteltests (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG), |
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die Schuldenverrechnung nach § 13b Abs. 6 ErbStG (Nettowert des Verwaltungsvermögens) und |
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die Unterscheidung des Verwaltungsvermögens in schädliches und unschädliches Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 7 ErbStG) |
nicht zu berücksichtigen sind.
Bemerkenswert ist an dieser Bestimmung, dass sie ungeachtet der Umstellung des Verwaltungsvermögenssystems auf eine Nettobetrachtung (§ 13b Abs. 6 ErbStG, s. Rdn 27) ausgerechnet bei der Zugangsvoraussetzung zum Verschonungssystem auf den überkommenen Vergleich von Bruttogröße (Verwaltungsvermögen vor Schuldenverrechnung/-zuordnung) zu Nettogröße (gemeiner Wert des begünstigungsfähigen Vermögens) rekurriert. Diese Gesetzeskonzeption kann wegen ihrer offensichtlichen Absurdität und ihrer strukturell zu willkürlichen Ergebnissen tendierenden Rechtsfolgen verfassungsrechtlichen Ansprüchen an ein Mindestmaß sachgerechter Abgrenzungslogik nicht genügen. Zumindest bei Handelsunternehmen hat der BFH zwischenzeitlich entschieden, dass § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG dahingehend verfassungskonform teleologisch zu reduzieren sei, dass entgegen dem Wortlaut die betrieblich veranlassten Schulden von den Finanzmitteln in Abzug zu bringen sind. Offen ist, ob der BFH diese verfassungskonforme Auslegung auf reine Handelsunternehmen beschränkt, wofür es u.E. keine sachliche Rechtfertigung gibt und wie diese Handelsunternehmen von weiteren Unternehmenstypen abgrenzt werden sollen. Trotzdem ist es eine der wenigen erfreulichen Entscheidungen, in denen der BFH den Anwendungsbereich der §§ 13a, 13b ErbStG nicht zulasten der Steuerpflichtigen einengt, auch wenn sich die Frage stellt, ob das vorliegende Ergebnis entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut von der telelogischen Gesetzesauslegung noch gedeckt ist oder nicht die Entscheidung des BVerfG nach Art. 100 GG einzuholen gewesen wäre.