Dr. Fabian Friz, Dr. Konrad Grünwald
I. Einzelunternehmen in der Nachfolge
1. Zivilrecht
Rz. 54
Im Mittelstand findet sich verbreitet nach wie vor die Unternehmensform des Einzelunternehmens. Diese "Rechtsform" kann man ohne Weiteres als nachfolgeuntauglich bezeichnen. Dies gilt zunächst aus haftungsrechtlicher Sicht.
Rz. 55
Zwar ist es möglich, die erbrechtliche Erbenhaftung durch Ausschlagung (§§ 1945, 1953 BGB) auszuschließen oder auf den Nachlass zu beschränken (§§ 1975 ff. BGB); schwer zu steuern ist allerdings die handelsrechtliche Erbenhaftung aus § 27 HGB. Denn der Erbe wird automatisch Träger des ererbten Unternehmens mit der Folge, dass er die Haftungsbeschränkung nach § 27 Abs. 2 HGB herbeiführen, d.h. die Fortführung des Geschäfts durch Liquidation, Veräußerung oder Einbringung in eine Gesellschaft einstellen muss, was vielfach nicht innerhalb der drei-Monats-Frist möglich, bei Liquidation und Veräußerung in aller Regel wirtschaftlich unsinnig sein wird.
Streitig ist, ob eine Firmenänderung die Haftung beseitigt und ob eine Haftungsbeschränkung nach § 25 Abs. 2 HGB – Registereintragung – gegen die Erbenhaftung nach § 27 HGB hilft. Zu beachten ist, dass die Überführung des Unternehmens auf einen neuen Unternehmensträger nach herrschender Meinung keine Einstellung des Unternehmens i.S.d. § 27 Abs. 2 HGB darstellt. Gefordert wird insoweit die Voll-Liquidation, zumindest aber die Einstellung der werbenden Tätigkeit. Die hieraus folgende Empfehlung kann nur lauten, die Situation des § 27 HGB durch eine rechtzeitige Unternehmensumwandlung in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft zu vermeiden.
Rz. 56
Wird der Erblasser durch mehrere Erben beerbt, so wird die Miterbengemeinschaft zur Unternehmensträgerin, eine Rolle, zu der sie nicht taugt. Denn es handelt sich um eine Zufallsgemeinschaft, ihr fehlen gesetzlich vorgeschriebene Organe, die Miterben haften für Neuverbindlichkeiten gesamtschuldnerisch und sie ist zu unternehmerisch sinnvollem Tun nicht in der Lage: Sie kann kein Unternehmen hinzu erwerben, keinen Gesellschafter aufnehmen und – nach herkömmlicher Gerichtspraxis – einem der Miterben keine Prokura erteilen. Auch unter diesen Gesichtspunkten ist dringend eine lebzeitige Rechtsformänderung anzuraten.
2. Steuerrecht
a) Einkommensteuer
Rz. 57
Die Rechtsnachfolge des oder der Erben in die Unternehmerstellung des Erblassers hat zur Folge (vgl. bereits unter Rdn 6 ff.), dass diese in die Unternehmerstellung des Erblassers, ggf. als Mitunternehmer nachfolgen. Das hat Konsequenzen insb. für die Qualifizierung der laufenden Einkünfte, die die Miterben aus dem ererbten Unternehmen ziehen. Eine Rückwirkung der Erbauseinandersetzung mit der Konsequenz, dass die das Unternehmen nicht fortführenden Miterben auch in dem Zeitraum zwischen Erbanfall und Erbauseinandersetzung keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, erkennt die Verwaltung grds. für einen Zeitraum von sechs Monaten an, in Ausnahmefällen auch darüber hinaus. Voraussetzung ist aber stets, dass sich die Miterben entsprechend einer Teilungsanordnung oder der späteren Auseinandersetzung verhalten und die Einkünfte aus dem Betrieb dem diesen fortführenden Miterben zuweisen.
Rz. 58
Die Erbauseinandersetzung folgt Realteilungsgrundsätzen: Wird einem Miterben ein (Teil-)Betrieb zugewiesen, so hat dieser die Buchwerte fortzuführen. Erhält ein Miterbe lediglich einzelne Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens zugewiesen, so kommt eine Buchwertfortführung nur in Betracht, wenn die Wirtschaftsgüter beim Erwerber Teil eines Betriebsvermögens werden. Auch dann sind rückwirkend auf die Realteilung die gemeinen Werte anzusetzen, wenn zugewiesene spezifische Einzelwirtschaftsgüter (Grund und Boden, Gebäude, andere betriebswesentliche Wirtschaftsgüter) innerhalb der Behaltefrist des § 16 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 EStG entnommen oder veräußert werden.
Nach dem BMF-Schreiben vom 19.12.2018 beschränkt sich der rückwirkende Ansatz des gemeinen Wertes auf das entnommene Wirtschaftsgut. Der sich aus der rückwirkenden Wertaufstockung ergebende Gewinn ist bei der sog. echten Realteilung allen Realteilern nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzuordnen, sofern keine abweichenden schriftlichen Vereinbarungen bestehen. Bei der sog. unechten Realteilung lässt die Finanzverwaltung eine abweichende Vereinbarung wohl nicht zu. Die Entnahme oder Veräußerung nicht betriebswesentlicher Wirtschaftsgüter hat dagegen auch innerhalb der Behaltefrist lediglich einen laufe...