Dr. Fabian Friz, Dr. Konrad Grünwald
1. Allgemeines
Rz. 6
Die einkommensteuerliche Behandlung der Rechtsnachfolge von Todes wegen basiert im Wesentlichen auf der Entscheidung des Großen Senats vom 5.7.1990. Die Folgerungen aus dieser Entscheidung hat die Steuerverwaltung in dem BMF-Schreiben v. 14.3.2006 niedergelegt. Im Einzelnen ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
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Der Erbanfall und die Auseinandersetzung unter den Miterben sind getrennt zu würdigende Vorgänge (Abkehr von der früher herrschenden Einheitsthese); sie bilden auch dann keine Einheit, wenn die Auseinandersetzung zeitnah auf den Erbfall folgt. |
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Daraus folgt eine beschränkte ertragsteuerliche Rechtsfähigkeit der Betriebsvermögen haltenden Miterbengemeinschaft als Gewinnerzielungs- und -ermittlungssubjekt und die Qualifikation der Miterben als Mitunternehmer. Soweit die Miterbengemeinschaft ertragsteuerliches Privatvermögen hält, ist die Bruchteilsbetrachtung zu beachten, sodass die Miterben unmittelbar als anteilige Träger des Gesamthandsvermögens zu betrachten sind. Gleichwohl ist eine gemeinschaftliche Einkünfteerzielung anzunehmen. In den Fällen eines Mischnachlasses findet die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG keine Anwendung. |
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Die Erbauseinandersetzung der Miterben folgt den allgemeinen Regeln über die Auseinandersetzung des Vermögens einer Personengesellschaft (Realteilungsgrundsätze) mit der Folge, dass ein Spitzenausgleich, der aus dem Eigenvermögen der Beteiligten finanziert wird, bei dem Empfänger zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn führen kann und beim Leistenden Anschaffungskosten begründet. |
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Die nur schuldrechtliche Stellung des Vermächtnisnehmers ist von der dinglichen Nachlassbeteiligung der (Mit-)Erben und deren Auseinandersetzung zu unterscheiden. |
Rz. 7
Der Erbanfall löst (ebenso wie reine Schenkungen) regelmäßig einkommensteuerlich – sieht man von besonderen Konstellationen insb. im Bereich der Personengesellschaften ab – keine Einkünfterealisierung aus, da der Erbe oder die Erben im Bereich des Betriebsvermögens die Buchwerte des Erblassers fortzuführen haben und sich im Bereich des Privatvermögens über die §§ 17 Abs. 2 Satz 5 EStG; 20 Abs. 4 Satz 6 EStG; § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG und § 11d EStDV die Anschaffungskosten des Erblassers zurechnen lassen müssen.
2. Auseinandersetzung
Rz. 8
Die Auseinandersetzung unter den Miterben führt – obwohl eine Betriebsaufgabe auf der Ebene der Mitunternehmerschaft, also der Erbengemeinschaft vorliegt – nicht zu einer Gewinnrealisierung, wenn und soweit die Voraussetzungen für eine gewinnneutrale Realteilung eingehalten sind und Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens nicht in das Privatvermögen eines Beteiligten überführt werden. Die Betriebsaufgabe auf Ebene der Mitunternehmerschaft (echte Realteilung) ist mittlerweile keine Voraussetzung mehr für die Buchwertfortführung, sodass ein (Teil-)Betrieb, Mitunternehmeranteil oder Einzelwirtschaftsgüter auch bei Fortführung der Mitunternehmerschaft durch die anderen Mitunternehmer (unechte Realteilung) steuerneutral auf den ausscheidenden Mitunternehmer übertragen werden kann. Eine Realteilung liegt nach Ansicht der Finanzverwaltung allerdings dann nicht vor, wenn übertragene Einzelwirtschaftsgüter vollständig ins Privatvermögen übernommen werden oder der ausscheidende Mitunternehmer eine Abfindung in Geld erhält.
Rz. 9
Die Realteilung erfolgt zwingend und endgültig zu Buchwertkonditionen, soweit einzelnen Realteilern eine betriebliche Sachgesamtheit zugewiesen wird, nämlich ein (Teil-)Betrieb oder Mitunternehmeranteil. Soweit Einzelwirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens zugewiesen werden, steht der Buchwertzwang für Grund und Boden, Gebäude und sonstige wesentliche Betriebsgrundlagen unter dem Vorbehalt einer schädlichen Verfügung des Realteilers für den Fall, dass innerhalb einer Sperrfrist – drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung (§ 16 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 EStG) – über zugewiesene Einzelwirtschaftsgüter schädlich verfügt wird (Veräußerung, Entnahme). In diesen Fällen ist rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen.