Dr. Fabian Friz, Dr. Konrad Grünwald
1. Erwerbsvorgänge
Rz. 13
Anders als bei der Einkommensteuer, die den Erbanfall grds. als steuerneutral behandelt und eventuelle Einkünfterealisierungen in erster Linie im Bereich der Erbauseinandersetzung annimmt, unterliegt der Erbschaftsteuer gerade der unentgeltliche Erwerb von Todes wegen. Die Erbauseinandersetzung als solche ist grds. steuerneutral, weil der Erwerbstatbestand "Erwerb durch Erbanfall" mit dem Anfall des Erblasservermögens beim Erben bzw. der Erbengemeinschaft abgeschlossen und vollendet ist.
Rz. 14
Der Erbschaftsteuer unterliegen folgende Erwerbsvorgänge:
▪ |
Da Einzelunternehmen und Anteile an Kapitalgesellschaften (zur Nachfolge in Personengesellschaftsanteile s. Rdn 60 ff.) zwingend vererblich sind, erfolgt in der ersten Stufe ein Erwerb durch Erbanfall (§§ 1922, 1942 BGB) bei dem oder den Erben, der nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Erbschaftsteuer unterliegt. |
▪ |
Der Erwerb des oder der Erben durch Erbanfall kann dadurch beschwert sein, dass der Anteil weiter übertragen werden muss (zweite Stufe). In Betracht kommt, dass der Erblasser durch noch nicht vollzogene Schenkung unter Lebenden oder durch echte Schenkung auf den Todesfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 ErbStG), durch eine Auflage (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG) oder durch ein Vermächtnis (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3. Alt. ErbStG) eine Weiterübertragung des Anteils angeordnet hat, die bei diesen Erwerbern einen nach den zitierten Vorschriften steuerbaren Erwerb begründet. Auch in diesen Fällen ist der angefallene Geschäftsanteil zunächst in der ersten Stufe als Erwerb durch Erbanfall beim Erben zu erfassen; die Minderung der Bereicherung durch die Beschwerung ist als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 ErbStG zu berücksichtigen. |
▪ |
Denkbar ist auch eine Vereinbarung zwischen den Erben oder zwischen den Erben und einem Vermächtnisnehmer oder zwischen den Erben und einem Pflichtteilsberechtigten über eine Ausschlagung der Erbschaft oder des Vermächtnisses oder den Verzicht auf einen entstandenen Pflichtteilsanspruch, jeweils gegen (Sach-)Abfindung (Abfindungserwerb, § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG). Eine derartige Vereinbarung erlaubt den Beteiligten nach dem Tod des Erblassers eine Disposition über den Gegenstand des Erwerbs im erbschaftsteuerlichen Sinne. |
2. Bewertung des Betriebsvermögens von Personenunternehmen
Rz. 15
Unternehmerisches Vermögen wird zum Bewertungsstichtag (im Todesfall der Todestag bzw. bei Schenkung im Zeitpunkt deren Ausführung) mit dem sog. gemeinen Wert (§ 9 BewG), der den Verkehrswert abbilden soll, bewertet. Die Bewertung des Betriebsvermögens von Personenunternehmen richtet sich nach § 12 Abs. 5 ErbStG. Der Umfang des Betriebsvermögens von Gewerbebetrieben und Personengesellschaften wird in §§ 95, 97 BewG definiert. Die Bewertung dieser Betriebsvermögen erfolgt nach § 109 Abs. 1 und 2 BewG nach dem gemeinen Wert entsprechend § 11 Abs. 2 BewG. Auszugehen ist von einer Gesamtbewertung des Betriebsvermögens (zu den Ausnahmen vgl. Rdn 17 ff.).
Rz. 16
In den Gewerbebetrieb einer Personengesellschaft sind gem. der ertragsteuerlichen Regelung einzubeziehen (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG, R B 97.1 ErbStR – Erbschaftsteuerrichtlinien):
▪ |
die Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze sowie die Schulden und sonstigen Abzüge, soweit sie zum Gesamthandsvermögen gehören, |
▪ |
das Sonderbetriebsvermögen I und II, also das Vermögen eines Mitunternehmers, das dem Betrieb der Gesellschaft oder der Beteiligung des Gesellschafters an der Gesellschaft dient, wie etwa Gesellschafterdarlehen und der Gesellschaft zur (entgeltlichen oder unentgeltlichen) Nutzung überlassene Wirtschaftsgüter, aber etwa auch Verbindlichkeiten, die der Finanzierung der Einlage des Gesellschafters dienen. |
Durch die Zuordnung des Sonderbetriebsvermögens zur wirtschaftlichen Einheit des Betriebsvermögens unterscheidet sich nicht nur die Bewertung von Personen- und Kapitalgesellschaften, sondern auch der Umfang des nach den § 13b ErbStG begünstigten Vermögens. Das kann erhebliche Auswirkungen haben, etwa auch auf die Zugangsprüfung zum Verschonungssystem (§ 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG) oder zur Options-/Vollverschonung nach § 13a Abs. 10 ErbStG.
Nach § 97 Abs. 1 BewG gehören zum Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft und einer Mitunternehmerschaft alle (aktiven) Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens. Das stimmt bei Kapitalgesellschaften (§ 97 Abs. 1 Nr. 1 BewG) mit der steuerbilanziellen Wertung überein, denn Kapitalgesellschaften können kein Privatvermögen haben. Vom Wortlaut der Vorschrift werden bei Mitunternehmerschaften...