a) Definition
Rz. 40
Die mittelbar geschädigte Person muss zur getöteten Person in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis gestanden haben. Letzteres setzt zumindest eine tatsächlich gelebte, nicht unbedingt räumliche soziale Beziehung besonderer Intensität zum Zeitpunkt der Verletzung voraus.[154] Ein etwa erst im Rahmen der Pflege des unmittelbar Verletzten, nach einer später zum Tod führenden Verletzung, entstandenes Näheverhältnis genügt hingegen nicht.[155] Auch das zur Zeit der Verletzung gezeugte, aber noch nicht geborene Kind ist – mangels einer hinreichenden Nähebeziehung bereits zum Zeitpunkt der Verletzung – (noch) nicht anspruchsberechtigt.[156]
Rz. 41
Ein entsprechendes "besonderes Näheverhältnis" wird bei bestimmten Angehörigen (Ehegatte, Lebenspartner, Eltern oder Kind des Getöteten) nach S. 2 der Regelung kraft Gesetzes – im Sinne von § 292 ZPO widerleglich – vermutet, kann aber etwa im Falle des § 1933 bzw. § 10 Abs. 3 LPartG oder aufgrund einer anderen Entfremdung (durch den Gegner) widerlegt werden.[157] Umgekehrt steht es – z.B. nicht dem Kreis der in S. 2 der Norm unterfallenden – Hinterbliebenen offen, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass sie (gleichwohl) in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis zum Getöteten standen. Der Kreis der Anspruchsberechtigten wird also durch die bloße Beweislastregel des Satzes 2 nicht auf die dort genannten Personen beschränkt.[158] So können beispielsweise Mitglieder einer sog. Patchwork-Familie unter Umständen durchaus anspruchsberechtigt sein.[159]
b) Rechtsfolge – angemessene Entschädigung in Geld
Rz. 42
Dem (mittelbar geschädigten) Hinterbliebenen steht nach der Norm ein eigener Anspruch auf "angemessene Entschädigung in Geld" zu.
Rz. 43
Für die Bestimmung der angemessenen Entschädigung wird – lediglich – in der Gesetzesbegründung (zwar) eine Größenordnung von durchschnittlich 10.000 EUR angeführt,[160] die Bestimmung im Einzelnen (aber) der Rechtsprechung überlassen,[161] im Übrigen ergänzend darauf hingewiesen, die Höhe des Schmerzensgeldes bei Schockschäden und die insoweit von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze seien als eine "gewisse Orientierung" heranziehbar. Dabei solle überdies Berücksichtigung finden, dass der Anspruch auf Hinterbliebenengeld keine außergewöhnliche gesundheitliche Beeinträchtigung voraussetze.[162] Das rechtfertigt die Auslegung, dass bei oben genannter "Orientierung" – grundsätzlich – die von der Rechtsprechung zuerkannten Schmerzensgeldbeträge wegen Schockschadens – wegen der hierfür erforderlichen qualifizierten Voraussetzungen – tendenziell als Obergrenzen anzusehen sind.[163] Im Einzelfall ist eine differenzierte Gesamtwürdigung wie bei § 253 Abs. 2 BGB angezeigt,[164] im Rahmen deren namentlich auch etwa der Grad der Verbundenheit oder auch ein eventuelles Miterleben des Versterbens oder ähnliche Gesichtsunkte Berücksichtigung finden können[165] Auch (die Schwere) ein(es) Mitverschulden(s) des Getöteten ist – schon wegen § 846 BGB – berücksichtigungsfähig.[166] Ein Präventionsgedanke ist dem deutschen Schadensrecht hingegen fremd, entbehrt eines Anhaltspunkts und ist insoweit irrelevant.[167]
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