I. Ausgangspunkt Naturalrestitution
Rz. 6
Von den in § 249 Abs. 1 BGB verankerten zwei Grundprinzipien, zum einen der Verpflichtung des Schuldners zur sogen. Naturalrestitution, das heißt zur – soweit möglich – (Wieder-)Herstellung des Zustands vor dem schadensstiftenden Ereignis, sowie zum anderen der Verpflichtung zum Totalersatz, q. e. der grundsätzlichen Verpflichtung zum Ersatz allen Schadens, betrifft § 253 BGB alleine letzteres und sieht insofern für Nichtvermögensschäden in Abs. 1 eine Ausnahme vor, als wegen solcher eine Entschädigung in Geld – im Grundsatz – nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen verlangt werden können soll. Die Verpflichtung des Schädigers zur Naturalrestitution bleibt hiervon jedoch unberührt: Wenn und soweit eine (Wieder-)Herstellung, etwa durch medizinische Behandlung einer Körperverletzung, möglich ist, bleibt der Schädiger hierzu bzw. – entsprechend der Ersetzungsbefugnis des Geschädigten gemäß § 249 Abs. 2 BGB – zur Tragung der hierfür erforderlichen Kosten verpflichtet. Nur soweit eine Naturalrestitution nicht (mehr) möglich ist, also in Fällen des § 251 BGB, ist § 253 Abs. 1 BGB einschlägig und macht eine Entschädigung in Geld davon abhängig, dass dies gesetzlich bestimmt ist.
II. Ausnahmsweise Entschädigung in Geld für immaterielle Schäden
Rz. 7
Eine solche – ausnahmsweise – Entschädigung in Geld für immaterielle Schäden ist unterdessen in einer Vielzahl gesetzlicher Regelungen bestimmt, zuvorderst beispielsweise in § 253 Abs. 2 BGB, daneben aber etwa auch in § 651f Abs. 2 BGB, § 15 Abs. 2 AGG, § 21 Abs. 2 S. 3 AGG, § 11 S. 2 StVG, § 6 S. 2 HPflG, § 36 S. 2 LuftVG, § 87 S. 2 AMG, § 32 Abs. 5 S. 2 GenTG, § 29 Abs. 2 AtomG, § 52 Abs. 2 BPolG, § 8 S. 2 ProdHaftG, § 13 S. 2 UmweltHG, den Verordnungen zur Verbesserung der Fluggastrechte und der Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr (VO 261/2004/EG, VO 1371/2007/EG) und anderen. In Fällen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sind ebenfalls ideelle Schäden zu ersetzen. Sonderregelungen bestehen für das Urheberpersönlichkeitsrecht in § 97 Abs. 2 S. 4 UrhG und beim Datenschutz in § 8 Abs. 2 BDSG. Der Anspruch auf Schadensersatz wegen rechtswidriger Inhaftierung nach Art. 5 Abs. 5 (E)MRK umfasst auch immaterielle Schäden.
Rz. 8
Für das vorliegend interessierende Unfallhaftpflichtrecht sind bei den betreffenden Sonderregelungen gegenüber § 253 Abs. 2 BGB vor allem gesetzliche Haftungsobergrenzen zu beachten, beispielsweise in § 12 Abs. 1 Nr. 1, 2 StVG. Auch wenn diese inzwischen prima facie auskömmliche Höhen zu erreichen scheinen, dürfen diese, insbesondere bei gravierenderen Schadensereignissen, nicht übersehen werden, zumal sie materielle wie immaterielle Schäden zusammen abdecken sollen. Bei hohen materiellen Schäden kann es deshalb für den Ausgleich eines Nichtvermögensschadens notwendig oder zumindest zweckmäßig sein, dieses Begehren – sicherheitshalber – zusätzlich auf andere Haftungsgrundlagen, beispielsweise eine deliktsrechtliche Verschuldenshaftung zu stützen, für die keine Haftungsobergrenze besteht.