1. Beschwer
Rz. 67
Bei einer unbezifferten Leistungsklage ist die Klagepartei nicht beschwert, wenn der zugesprochene Betrag der vorgestellten und in der Klage zum Ausdruck gebrachten Größenordnung oder dem genannten Mindestbetrag entspricht; und zwar auch dann, wenn dies wegen Berücksichtigung eines Mitverschuldens erfolgte. Unterschreitet die Urteilssumme einen benannten Mindestbetrag, eine ("ca."-)Größenordnung oder die Untergrenze eines bezifferten ("zwischen ... und ..."-)Rahmens, so bemisst sich aus dieser Unterschreitung die jeweilige Beschwer, nicht hingegen etwa auf die tatsächliche Höhe des Anspruchs bzw. die im Rechtsmittelzug geäußerten Betragsvorstellungen. Abzulehnen ist die Ansicht, eine Beschwer könne trotz erstinstanzlicher Verurteilung entsprechend den (ursprünglichen) Kläger-Vorstellungen zu bejahen sein, wenn sich zwischenzeitlich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geändert habe und diese ein höheres Schmerzensgeld rechtfertige.
2. Eigenes Ermessen des Rechtsmittelgerichts
Rz. 68
Das Berufungsgericht kann sich bei der Überprüfung der erstinstanzlichen Schmerzensgeldbemessung nicht auf eine Ermessensfehlerkontrolle beschränken, sondern hat insoweit aufgrund der ggfs. nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen und eine etwa abweichende Bemessung auch zu begründen. Die Bindung des Gerichts an das von der Klagepartei vorgegebene Rechtsschutzziel – Einmalbetrag oder Schmerzensgeldrente – gilt (erst Recht) auch für das Berufungsgericht: Hat das erstinstanzliche Gericht einer Klagepartei antragsgemäß ein Schmerzensgeld zugesprochen und verteidigt die Klagepartei dies in zweiter Instanz gegenüber dem auf Klageabweisung gerichteten Rechtsmittel der Beklagtenseite, so ist nach zutreffender höchstrichterlicher Rechtsprechung einem Berufungsgericht die Aufteilung des Schmerzensgeldbetrages in einen Einmalbetrag und/oder eine Schmerzensgeldrente nicht möglich. Gleiches muss aus den oben angeführten (Rechtskraft-)Erwägungen selbstverständlich auch für den umgekehrten Fall gelten.
3. Revision
Rz. 69
Zwar obliegt die Schmerzensgeldbemessung in erster Linie dem Tatrichter, dem dabei – wie gesehen – ein erheblicher Ermessensspielraum zukommt und die Benennung des Schmerzensgeldes ist dementsprechend – nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – in der Revision nur darauf überprüfbar, ob diese auf einem Rechtsirrtum beruht. Nachdem die richtige Anwendung der für die Bemessung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigenden Gesichtspunkte indessen eine Rechtsfrage ist, unterliegt sie der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Dieses kann mithin prüfen, ob der Tatrichter alle maßgebenden Umstände berücksichtigt und gewürdigt sowie bei seiner Abwägung nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze und anerkannte Erfahrungen verstoßen hat. Dagegen ist es nicht Sache der Revisionsinstanz nachzuprüfen, ob die Bemessung überreichlich oder allzu dürftig erfolgte.