Rz. 12
Der Teilzeitanspruch nach § 11 Abs. 1 TVöD/TV-L hat durch das Inkrafttreten des Pflegezeit- und des Familienpflegezeitgesetzes (siehe oben §§ 15 und 16) an Bedeutung verloren. Er besteht für den besonderen Fall, dass der Beschäftigte ein Kind betreut oder einen Angehörigen pflegt. Die Voraussetzungen insbesondere des Verwandtschaftsverhältnisses werden im Tarifvertrag kaum näher erläutert.
1. Betreuung eines Kindes unter 18 Jahren
Rz. 13
Der Anspruch wegen Betreuung eines Kindes besteht ausdrücklich nur dann, wenn das Kind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Rz. 14
Dagegen enthält der Wortlaut des § 11 Abs. 1 lit. a TVöD keinen Hinweis darauf, dass es sich bei dem betreuten Kind notwendigerweise um ein eigenes leibliches Kind des Angestellten handeln muss. Ohnehin sind Adoptivkinder leiblichen Kindern rechtlich völlig gleichgestellt, § 1754 Abs. 1 BGB.
Dagegen kann § 11 TVöD/TV-L nicht jedes beliebige fremde (und auch nicht ohne weitere jedes weniger eng verwandte) Kind meinen, etwa eine Nichte oder gar ein Nachbarskind. Dass irgendeine Angehörigenstellung erforderlich ist, ergibt sich schon aus § 11 Abs. 1 lit. b TVöD, der für die zweite Fallvariante von "sonstigen Angehörigen" spricht. Zur Beantwortung der Frage, die Betreuung welcher Kinder den Teilzeitanspruch auslösen kann, bietet es sich an, auf das Einkommensteuer- und Kindergeldrecht (§§ 63, 32 EStG, 2 BKGG) abzustellen, sodass neben leiblichen und Adoptivkindern insbesondere auch die Betreuung von Pflegekindern und unter bestimmten Umständen in den Haushalt aufgenommener Kinder des Ehegatten oder eigener Enkel geschützt ist. Für die Praxis ist zu hoffen, dass hier nicht allzu kleinlich verfahren wird.
2. Pflege eines nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen
Rz. 15
Vergleichbare Schwierigkeiten stellen sich zum Begriff des Angehörigen in der zweiten Fallvariante des § 11 Abs. 1 TVöD/TV-L, die ungeachtet des Lebensalters des Angehörigen greift. Eine einheitliche gesetzliche oder eine sonstige rechtliche Definition des Angehörigen existiert nicht. Vielmehr wird der Begriff in verschiedenen rechtlichen Zusammenhängen nach den jeweiligen dortigen Erfordernissen unterschiedlich verstanden. Aufgrund der größten Sachnähe bietet es sich an, die Definition des "nahen Angehörigen" aus § 7 Abs. 3 des Pflegezeitgesetzes auch zur Abgrenzung nach § 11 TVöD/TV-L zu verwenden. Erfasst wären hiernach
▪ |
Eltern, Großeltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, |
▪ |
Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, |
▪ |
Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner, |
▪ |
Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder, die Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners, Schwiegerkinder und Enkelkinder. |
Die weite Formulierung (Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft) schließt auch Lebensgefährten ein, selbst wenn kein Verlöbnis besteht.
Rz. 16
Der versorgte Angehörige muss pflegebedürftig sein. Der Begriff der Pflegebedürftigkeit definiert sich nach wohl einhelliger Meinung wie in § 14 Abs. 1 SGB XI. Hiernach sind Personen pflegebedürftig, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Auf die Pflegestufe i.S.v. § 15 SGB XI kommt es nicht an.
Rz. 17
Zum Nachweis der Pflegebedürftigkeit bedarf es nach § 11 Abs. 1 lit. b TVöD eines ärztlichen Gutachtens. Ausreichend ist diesbezüglich ein einfaches ärztliches Gutachten; es bedarf keines amtsärztlichen Gutachtens.