Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 22
Bei diesem Lösungsansatz führt der Testamentsvollstrecker persönlich das Handelsgeschäft nach außen im eigenen Namen und (ähnlich einem selbstständigen Kaufmann) unter eigener unbeschränkter Haftung fort. Im Innenverhältnis wird er jedoch (nur) als Treuhänder für die Erben tätig und erhält einen Freistellungsanspruch gemäß § 670 BGB gegen die Erben eingeräumt, dessen Umfang der Erbe seinerseits möglicherweise auf den Nachlass beschränken könnte. Wie bei jeder Treuhandkonstellation trägt aber auch hier der Testamentsvollstrecker das Risiko, dass der Freistellungsanspruch vollständig oder teilweise ins Leere geht, wenn der oder die Erben nicht über ausreichendes Kapital verfügen, um ihn freizustellen. Die Verwaltungsbefugnisse des Testamentsvollstreckers sind grundsätzlich umfassend und ermöglichen auch die Veräußerung des Unternehmens und damit die Übereignung des Unternehmens bzw. die Übertragung der Firma und des Handelsgeschäftes.
Da der Testamentsvollstrecker nach außen uneingeschränkt das Unternehmen als dessen Inhaber fortführt, ist auch er – und nicht die Erben – im Handelsregister einzutragen, und zwar ohne Testamentsvollstreckervermerk.
Rz. 23
Die Treuhandkonstruktion setzt notwendig voraus, dass der Erblasser diese so verfügt hat und das Konstrukt mit entsprechenden Auflagen und Bedingungen versehen hat, um die Durchführung der Testamentsvollstreckung zu ermöglichen. Der Testamentsvollstrecker hat zu beachten, dass ihm nach §§ 25 Abs. 2, 27 HGB eine Haftungsbeschränkung für die vom Erblasser begründeten Altverbindlichkeiten möglich ist, sofern er die Haftungsausschlusserklärung vornimmt. Mit der Überlassung des Handelsgeschäfts durch die Erben ist für diese eine Geschäftsaufgabe im Sinne von § 27 Abs. 2 HGB anzunehmen, mit der Folge, dass bei fristgerechter Vornahme innerhalb der gesetzlichen drei Monate eine Haftungsbeschränkung für die Erben bezüglich der Altverbindlichkeiten eintritt.
Rz. 24
Strittig ist, ob auch eine solche Haftungsbeschränkung für den Testamentsvollstrecker erreicht wird, denn die Wirkung des § 27 Abs. 2 HGB kann sich eigentlich nicht auf ihn erstrecken, da er gerade das Handelsgeschäft im eigenen Namen führt.
Kaufmann im Sinne des HGB ist der Testamentsvollstrecker. Er wird mit dem Testamentsvollstreckervermerk im Handelsregister unabhängig von der Ausgestaltung der Treuhand eingetragen. Er hat gegen den Erben Anspruch auf Vorschuss und Aufwendungsersatz aus dem Nachlass (§§ 2218, 669, 670 BGB). Der Testamentsvollstrecker kann die Übertragung des zunächst dem Erben zugefallenen Handelsgeschäfts auf sich als Treuhänder vom Erben fordern und einklagen.
Rz. 25
Innerhalb der Treuhandlösungen wird nochmals unterschieden nach der Vollrechtstreuhand sowie der Verwaltungs- bzw. Ermächtigungstreuhand.
Bei der Vollrechtstreuhand erwirbt der Testamentsvollstrecker Eigentum an dem gesamten Geschäftsvermögen. Es erfolgt also eine Übertragung des vollständigen Anlage- und Umlaufvermögens vom Nachlass auf den Testamentsvollstrecker. Die Eigentumsübertragung erfolgt durch In-sich-Geschäft gemäß § 181 BGB. Bei minderjährigen Erben ist zu beachten, dass die Anwendung von § 1822 Nr. 3 BGB ausscheidet, da der Testamentsvollstrecker zu dieser Handlung nicht die Genehmigung des Familien- oder Betreuungsgerichts benötigt, da er nicht als Vormund, Betreuer oder Eltern des Minderjährigen handelt. Der Testamentsvollstrecker wird als Inhaber ins Handelsregister eingetragen, er führt die Geschäfte in eigenem Namen und haftet für Geschäftsschulden grundsätzlich persönlich und unbeschränkt. Eine Inanspruchnahme des Testamentsvollstreckers von seinen Eigengläubigern zum Nachteil der Erben ist möglich, Letztere haben allerdings die Möglichkeit, eine Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO zu erheben und sich somit gegen Gläubigerzugriffe zu schützen.
Praxishinweis
Häufig formulieren Erblasser in einer letztwilligen Verfügung von Todes wegen ungenau, so auch bei der Anordnung einer Testamentsvollstreckung. Vielfach ordnet der Erblasser lediglich die Fortführung des Handelsgeschäfts durch den Testamentsvollstrecker an, ohne dabei zwischen den verschiedenen Formen der Testamentsvollstreckung zu unterscheiden. Bisher nahm man deshalb an, dass die Fortführung als Treuhänder gewünscht war. Ist der Erbe aber nicht bereit, die Treuhand einzugehen, so muss er das Handelsgeschäft selbst fortführen und dem Testamentsvollstrecker Vollmacht erteilen. Es gibt auch die Ansicht, der Testamentsvollstrecker hätte für diesen Fall ein Wahlrecht, ob er die Vollmachts- oder Treuhandlösung möchte.
Rz. 26
Formulierungsbeispiel: Testamentsklausel bezüglich eines Wahlrechts für den Testamentsvollstrecker
Als Testamentsvollstrecker bestimme ich (…)
Der Testamentsvollstrecker ist berechtigt, mein Einzelhandelsgeschäft eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts (…) entweder als Treuhänder der Erben (Vermächtnisnehmer) im eigenen Namen nach seinem Ermessen fortzuführen oder das Unternehmen in eine Gesellschaft m...