Dr. Martin Feick, Lisa Hammes
Rz. 128
Sollen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge Vermögensgegenstände auf minderjährige Kinder übertragen werden, ist aus Beratersicht vorab zu prüfen, inwieweit die Eltern von einer Vertretung ihres Kindes ausgeschlossen und ob familiengerichtliche Genehmigungen des Übergabevertrags (siehe hierzu nachfolgend Rdn 129 ff.) erforderlich sind. Durch die Beteiligung von Minderjährigen an Gesellschaften können in der Gesellschaft zusätzliche Probleme entstehen, auf die vorab hingewiesen werden sollte (siehe hierzu nachfolgend Rdn 141 ff.). Darüber hinaus ist häufig unbekannt, dass im Zusammenhang mit der vorweggenommenen Erbfolge Bestimmungen über die Vermögenssorge des geschenkten Vermögens getroffen werden können (siehe hierzu nachfolgend Rdn 159 ff.). Diese erweisen sich insb. dann als sinnvoll, wenn es zu einer Scheidung der Eltern des Minderjährigen kommt.
I. Erforderlichkeit der Bestellung eines Ergänzungspflegers und/oder einer familiengerichtlichen Genehmigung
Rz. 129
Grundsätzlich werden Kinder gemäß § 1629 Abs. 1 S. 2 BGB von ihren Eltern gemeinschaftlich vertreten. Eine Vertretung ist jedoch gemäß § 1629 Abs. 2 S. 1 BGB insoweit nicht möglich, als nach § 1824 BGB ein Vormund von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen ist. Dies ist insbesondere der Fall bei einem Insichgeschäft gemäß § 1824 Abs. 2 BGB und bei Rechtsgeschäften mit Verwandten in gerader Linie gemäß § 1824 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Liegt bei nur einem Elternteil des Kindes ein Ausschlussgrund vor, kann es auch nicht durch den anderen Elternteil vertreten werden. Die Eltern sind dann insgesamt von der Vertretung ausgeschlossen.
Rz. 130
In den Anwendungsbereich des § 1629 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 1824 BGB fallen damit insbesondere sämtliche Schenkungen von einem Elternteil oder von den Großeltern an das minderjährige Kind. Allerdings ist nach Rspr. und Lit. bei Vorliegen eines "lediglich rechtlich vorteilhaften" Geschäfts eine teleologische Reduktion der Vorschriften vorzunehmen, sodass die Eltern in diesen Fällen ihr Kind vertreten können. Handelt es sich um ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft, kann der Minderjährige in der Regel auch selbst handeln, da es einer Vertretung in diesen Fällen grundsätzlich nicht bedarf. Die entscheidende Frage für die Notwendigkeit der Bestellung eines Ergänzungspflegers bei beabsichtigter Vertretung durch die Eltern ist daher, ob der abzuschließende Übergabevertrag für das minderjährige Kind lediglich rechtlich vorteilhaft i.S.v. § 107 BGB ist. Bei einer reinen Barschenkung liegt unstreitig ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft i.S.d. § 107 BGB vor.
Rz. 131
Unabhängig davon, ob die Eltern die Vertretung des Kindes bei dem Rechtsgeschäft übernehmen dürfen oder ob ein Ergänzungspfleger bestellt werden muss, kann sich nach § 1643 Abs. 1 i.V.m. §§ 1850 bis 1854 BGB bzw. nach § 1813 Abs. 1 i.V.m. § 1799 i.V.m. §§ 1850–1854 BGB das Erfordernis einer familiengerichtlichen Genehmigung des Rechtsgeschäftes ergeben. Nachfolgend soll anhand einiger typischer Übertragungsbeispiele im Zusammenhang mit der vorweggenommenen Erbfolge die Problematik der Bestimmung des Vorliegens eines lediglich rechtlichen Vorteils dargestellt sowie die Frage der Notwendigkeit einer familiengerichtlichen Genehmigung in diesen Einzelfällen erörtert werden.
1. Schenkung eines vermieteten Grundstücks unter Nießbrauchsvorbehalt
Rz. 132
Eine simple Grundstücksschenkung ist nach gefestigter Rechtsprechung ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft, selbst wenn das Grundstück dinglich belastet ist. Es ist jedoch höchstrichterlich entschieden, dass der Erwerb eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks für einen Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Dies gilt nach Ansicht des BGH auch, wenn sich der Veräußerer den Nießbrauch vorbehalten hat und somit das unverändert fortbestehende Miet- oder Pachtverhältnis von ihm als Vermieter oder Verpächter (Nießbraucher) fortgeführt wird. In diesen Fällen können die Eltern das minderjährige Kind folglich nicht vertreten und es ist ein Ergänzungspfleger zu bestellen.
Rz. 133
Der BGH begründet dies damit, dass aufgrund des bereits im Zeitpunkt der Auflassung bestehenden Miet- oder Pachtverhältnisses die hinreichend konkrete Möglichkeit bestehe, dass der Minderjährige bei Beendigung des Nießbrauchs mit Pflichten aus dem Miet- oder Pachtvertrag belastet werden kann. Dies genüge, um einen R...