I. Zustellung an Vertreter und Bevollmächtigte, § 170 f. ZPO
Rz. 11
§ 170 ZPO regelt drei unterschiedliche Fälle, wann an andere Personen als die materiell-rechtlich Beteiligten zuzustellen ist. Gem. dem bereits zuvor angesprochenen § 170 Abs. 1 ZPO ist einer nicht prozessfähigen Person (siehe hierzu die Definition in § 51 ZPO) bspw. minderjährigen Kindern oder wegen geistiger Gebrechen unter Betreuung stehende Personen nur an deren gesetzliche Vertreter, d.h. an die Eltern (§ 1629 BGB) oder den Vormund (§ 1793 BGB) oder dem gerichtlich bestellten Betreuer (§ 1902 BGB) zuzustellen.
Wenn Zustelladressat keine natürliche Person ist, kann gem. § 170 Abs. 2 ZPO dem "Leiter" zugestellt werden, zum Beispiel dem Behördenleiter.
§ 170 Abs. 3 ZPO regelt, dass bei mehreren gesetzlichen Vertretern die Zustellung nur an einen von Ihnen rechtlich ausreicht. Hat eine GmbH bspw. drei jeweils einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer (die jeweils gem. § 35 GmbHG die GmbH vertreten können), genügt die Zustellung nur an einen von ihnen.
II. Zustellung an Prozessbevollmächtigte, § 172 ZPO
Rz. 12
Innerhalb eines Prozesses hat die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten zu erfolgen, sprich an den Anwalt, der sich für die betreffende Partei bestellt hat, § 172 Abs. 1 S. 1 ZPO. Wird ein Rechtsmittel, also bspw. die Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil eingelegt (gem. § 519 Abs. 1 ZPO beim Berufungsgericht einzulegen!), wird das dem Rechtsanwalt der anderen Seite, der diese in erster Instanz vertreten hat, zugestellt, § 170 Abs. 2 S. 1, sofern sich bis dahin kein anderer Rechtsanwalt für diese Partei beim Berufungsgericht bestellt hat. Hat die Partei überhaupt keinen Rechtsanwalt bestellt, also insbesondere bei Klageverfahren in erster Instanz beim Amtsgericht, wo keine Anwaltsvertretung vorgeschrieben ist (siehe § 78 Abs. 1 ZPO Umkehrschluss), wird ihr selbst zugestellt.
III. Zustellung gegen Empfangsbekenntnis oder automatisierte Eingangsbestätigung, § 174 ZPO
1. Zustellung gegen Empfangsbekenntnis
Rz. 13
Zustellungen von Amts wegen an einen Anwalt, Notar, Gerichtsvollzieher oder eine Behörde kann das Gericht auch durch das Empfangsbekenntnis bewirken, § 174 Abs. 1 ZPO, wenn es nicht eine Zustellung über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) gem. § 174 Abs. 3 S. 1 ZPO erfolgt, was bereits möglich ist. Bei dem Empfangsbekenntnis handelt es sich um eine dem zuzustellenden Schriftstück beigefügte Urkunde, auf der der Rechtsanwalt durch seine Unterschrift bestätigt, das Schriftstück erhalten zu haben. Die Zustellung durch Empfangsbekenntnis ist damit wesentlich einfacher und vor allem auch billiger als die durch Zustellungsurkunde, bei der der Postbeamte die Zustellung beurkundet.
Rz. 14
Es entspricht zum einen Höflichkeitsregeln, zum anderen der gesetzlichen Mitwirkungspflicht der Parteien im Zivilverfahren, dass eine Rechtsanwaltskanzlei, der mit Empfangsbekenntnis zugestellt wird, dieses gem. § 174 Abs. 4 S. 1 ZPO unterschrieben unverzüglich dem Gericht zurückleitet. Tut sie dies nicht, riskiert sie, dass das Gericht nur noch per Zustellungsurkunde an sie zustellt. Sofern elektronisch über das beA zugestellt wird, erfolgt die Empfangsbestätigung regelmäßig auch elektronisch gem. § 174 Abs. 4 S. 2 ZPO. Darüber hinaus regelt das Berufsrecht der Anwälte in § 14 S. 1 BORA die berufsrechtliche Pflicht, Empfangsbekenntnisse bei Zustellungen von Gerichten, Behörden und Rechtsanwälten unverzüglich mit Datum zu versehen und zurückzusenden, wenn die Zustellung ordnungsgemäß war. War die Zustellung nicht ordnungsgemäß, z.B. weil der Anwalt gar nicht zustellungsbevollmächtigt ist, hat er dies unverzüglich dem Zustellenden mitzuteilen. Unverzüglich bedeutet dabei "ohne schuldhaftes Verzögern" (vgl. § 121 BGB).
2. Zustellung gegen elektronisches Empfangsbekenntnis, § 174 Abs. 3 ZPO
Rz. 15
Wie bereits ausgeführt, können auch heute bereits Zustellungen seitens des Gerichts bei den Rechtsanwälten über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) gem. § 174 Abs. 3 S. 1 ZPO erfolgen. Sofern elektronisch über das beA zugestellt wird, erfolgt die Empfangsbestätigung regelmäßig auch elektronisch gem. § 174 Abs. 4 S. 2 ZPO.
IV. Zustellung von Anwalt zu Anwalt, § 195 ZPO i.V.m. § 174 ZPO
Rz. 16
Sind beide Parteien durch Rechtsanwälte vertreten, kann ein Anwalt die Zustellung an die andere Partei auch gem. § 195 ZPO durch Zustellung von Anwalt zu Anwalt vornehmen. Dies ist jedoch kein Zwang, die Zustellung kann ebenso wirksam im Parteibetrieb geschehen. Die Zustellung von Anwalt zu Anwalt erfolgt durch Aushändigung des Schriftstücks. An die Stelle der Zustellungsurkunde tritt das Empfangsbekenntnis des Anwalts, an die Stelle der für den Zustellungsempfänger bestimmten Abschrift der Zustellungsurkunde eine Bescheinigung des zustellenden Anwalts. Anwälte können sich mittlerweile aber auch gem. § 195 Abs. 1 S. 5 ZPO elektronisch über das beA Schriftstücke zustellen und das gem. § 195 Abs. 2 S. 2 ZPO elektronisch rückbestätigen.
Rz. 17
Muster 1: Anwaltszustellung
Muster: Anwaltszustellung
Hiermit stelle ich diese beglaubigte Abschrift des Vergleiches vom 25.3.2019 in dem Rechtsstreit Müller ./. Meier, 3 C 123/18, AG Sinzig Herrn/Frau Rechtsanwalt Müller _________________________ von Anwalt zu Anwalt zu.
Ort und Datum |
Unterschrift |
Der Zustellungsempfänger wird gebeten, auf die dem Anwalt zurückzugebende Ausfertig...