A. Allgemeines

 

Rz. 1

Der Erwerb und die Weitergabe von Vermögen durch Verträge zugunsten Dritter (auf den Todesfall) führen dazu, dass die vertragsgegenständlichen Leistungen nicht in den Nachlass des Erblassers fallen. Der Begünstigte erhält die Zuwendung außerhalb des Nachlasses durch Verfügung unter Lebenden. Die klassischen Anwendungsfälle sind in der Praxis bspw. die Bezugsberechtigung aus einer Lebensversicherung[1] oder einem Spar- oder Depotvertrag[2] zugunsten Dritter.

[2] Vgl. BGH NJW 1964, 1124.

B. Anforderungen an den Vertrag zugunsten Dritter

 

Rz. 2

Nach § 328 BGB liegt ein Vertrag zugunsten Dritter vor, wenn durch Vertrag der eine Vertragspartner dem anderen verspricht, an einen begünstigten Dritten eine Leistung zu erbringen. Bei einem echten Vertrag zugunsten Dritter erwirbt der Begünstigte einen eigenen Anspruch gegenüber dem Versprechenden.[3] Gemäß § 331 Abs. 1 BGB erwirbt der Begünstigte im Zweifel den Anspruch erst mit Eintritt des Todesfalls, sofern die Leistung an den Dritten nach dem Tod des Versprechensempfängers erfolgen soll. Das bedeutet, dass der Versprechensempfänger zu Lebzeiten jederzeit die Begünstigung abändern kann.[4] Nach dem Erbfall erwirbt der begünstigte Dritte dann unmittelbar einen Anspruch gegen den Versprechensgeber, so dass bspw. eine Änderung der Person des Bezugsberechtigten einer Lebensversicherung durch die Erben nicht mehr möglich ist, vgl. auch § 159 Abs. 2 VVG. Allerdings können die Erben unter bestimmten Voraussetzungen einen Rückabwicklungsanspruch haben.

 

Rz. 3

Die Einrichtung eines Sparkontos auf den Namen eines anderen lässt für sich allein noch nicht den Schluss auf einen Vertrag zugunsten Dritter zu. Entscheidend ist vielmehr, wer gemäß der Vereinbarung mit der Bank Kontoinhaber werden sollte. Ein wesentliches Indiz ist dabei, wer das Sparbuch in Besitz nimmt, denn gemäß § 808 BGB wird die Bank durch die Leistung an den Inhaber des Sparbuchs dem Berechtigten gegenüber frei. Typischerweise ist, wenn ein naher Angehöriger ein Sparbuch auf den Namen eines Kindes anlegt, ohne das Sparbuch aus der Hand zu geben, aus diesem Verhalten zu schließen, dass der Zuwendende sich die Verfügung über das Sparguthaben bis zu seinem Tod vorbehalten möchte.[5]

[3] Palandt/Grüneberg, Einf. zu § 328 Rn 1.
[4] BGHZ 81, 97; vgl. auch § 159 Abs. 1 VVG.

C. Rückabwicklungsanspruch der Erben

 

Rz. 4

Ob die Erben des Versprechensempfängers (Erblasser) die durch Vollzugsgeschäft eintretende dingliche Wirkung hinnehmen müssen, hängt von dem zwischen Versprechensempfänger und Drittem bestehenden Valutaverhältnis ab.[6] Nach der Rechtsprechung des BGH darf der Begünstigte das ihm Zugewendete nur behalten, wenn im Verhältnis zum Erblasser ein rechtlicher Grund für die Vermögensverschiebung besteht. Andernfalls ist er Kondiktionsansprüchen ausgesetzt.[7]

 

Rz. 5

Dies gilt auch entsprechend für den Begünstigten einer Lebensversicherung. Im Verhältnis zwischen Erblasser und Begünstigtem (Valutaverhältnis) muss somit ein Rechtsgrund zum Behaltendürfen (Schenkung, Unterhalt, ehebedingte Zuwendung etc.) gegeben sein, ansonsten haben die Erben einen Rückabwicklungsanspruch.[8]

 

Rz. 6

Die Höhe des Rückabwicklungsanspruchs im Rahmen des Bereicherungsausgleichs richtet sich nicht wie bei der Pflichtteilsergänzung nach dem Liquidationswert, sondern nach der Höhe der Versicherungssumme.

 

Rz. 7

Da es sich im Valutaverhältnis zwischen dem Erblasser und dem Begünstigten in der Regel um eine Schenkung (§ 516 BGB) handelt, besteht das Problem der Formvorschrift des § 518 BGB und einer möglichen Heilung nach § 518 Abs. 2 BGB. Nach § 518 Abs. 2 BGB wird ein Formmangel grundsätzlich durch die "Bewirkung der versprochenen Leistung" als geheilt angesehen. Es muss also ein Schenkungsvollzug stattfinden. Dabei ist darauf zu achten, dass bei Verträgen zugunsten Dritter ein Vollzug bereits dadurch erfolgt, dass der Dritte den direkten Leistungsanspruch erwirbt.[9] Ist im konkreten Fall ein Schenkungsvertrag zustande gekommen, so liegt ein Schenkungsvollzug vor, wenn dem Beschenkten gemäß § 328 BGB ein schuldrechtlicher Anspruch auf Zahlung oder Übereignung zusteht[10] bzw. der Dritte diesen von selbst mit dem Tod des Versprechensempfängers erwirbt (§§ 328, 331 BGB).[11]

 

Rz. 8

Das vorbezeichnete Problem wird insbesondere auch für die Frage relevant, ob die Erben des Versprechensempfängers die Schenkung widerrufen können. Dies ist möglich, solange dem Dritten das Schenkungsversprechen nicht zugegangen ist und dieser die Annahme noch nicht erklärt hat. Nach Ansicht des BGH[12] kann der Dritte das Angebot auch nach dem Tod des Erblassers stillschweigend annehmen. Erfährt der Dritte erst nach dem Erbfall von seiner Begünstigung, so wird ihm das Angebot des Schenkungsversprechens durch den Versprechensgeber (Versicherung, Bank) übermittelt. Für die Erben besteht eine Widerrufsmöglichkeit nur dann, wenn die Bezugsberechtigung nicht unwiderruflich ausgestaltet worden ist und dem Begünstigten das Schenkungsversprechen noch nicht zugegangen ist.[13]

 

Rz. 9

Aus Sicht des Begünstigten...

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