Rz. 35
Der Versicherungsschutz bezieht sich auf die Ausübung beruflicher Tätigkeit eines Rechtsanwalts. Damit sind zunächst einmal Ansprüche Dritter aus dem privaten Bereich des Anwalts ausgeschlossen. Diese Abgrenzung ist i.d.R. unproblematisch. Sie spielt eher eine Rolle auf der Haftungsebene bei der Frage, ob überhaupt ein Anwaltsmandat vorlag oder ob es sich um ein reines Gefälligkeitsverhältnis handelte. Soweit der Anwalt als solcher wegen fehlerhafter rechtlicher Beratung in Anspruch genommen wird, besteht grds. auch Versicherungsschutz, weil sich jedenfalls der Vorwurf auf eine berufliche Tätigkeit bezieht, sodass mindestens Abwehrschutz aus der Berufshaftpflichtversicherung besteht.
Rz. 36
Schwierig ist die Abgrenzung zwischen beruflicher Tätigkeit eines Rechtsanwalts und den häufig von ihm ausgeübten Nebentätigkeiten. Im Ausgangspunkt ist entscheidend, welche Tätigkeit typischerweise zum Berufsbild des Anwalts gehört (vgl. § 3 BRAO). Die Insolvenzverwaltung gehört jedenfalls nicht dazu. Der BayVGH spricht dem (potenziell) Geschädigten dann auch kein Informationsrecht gem. § 51 Abs. 6 Satz 2 BRAO ggü. der Anwaltskammer zu. Den Auskunftsanspruch könne nur haben, wer mit einem Anwalt in einem Mandatsverhältnis gestanden habe und wenn es um eine Tätigkeit gehe, für die nach § 51 Abs. 1 BRAO Versicherungspflicht bestehe. Soweit § 1 Abs. 2 RVG bestimmte Tätigkeiten vom Geltungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ausnimmt, folgt daraus noch nicht, dass es sich bei diesen Tätigkeiten zwangsläufig nicht um anwaltliche Tätigkeiten i.S.d. § 1 I AVB (vgl. Rdn 38) handelt. So ist z.B. die treuhänderische Verwaltung von Anlagebeteiligungen anwaltliche Tätigkeit, wenn sie auch die Beratung der Anleger in den mit der Beteiligung und deren Verwaltung auftretenden Rechtsfragen umfasst. Dagegen ist die reine Vermögensverwaltung keine Ausübung beruflicher Tätigkeit des Anwalts i.S.d. § 1 I AVB, es sei denn, dass Mandant und Rechtsanwalt im Einzelfall einen Vertrag über Vermögensverwaltung und/oder Treuhandtätigkeit mit einer Pflicht zur Rechtsbetreuung abschließen.
Rz. 37
Die Rechtsprechung unterscheidet bei Treuhandtätigkeit des Rechtsanwalts danach, ob diese in einem engen, inneren Zusammenhang mit der rechtlichen Beistandspflicht steht (dann gilt Anwaltsvertragsrecht und es besteht Versicherungsschutz über die Berufshaftpflichtversicherung), oder ob die Rechtsbetreuung völlig in den Hintergrund tritt. So wird die Tätigkeit eines Anwalts als Mittelverwendungskontrolleur nicht schon deshalb zur freiberuflichen anwaltlichen Tätigkeit, weil eine sachgerechte Kontrolle nicht völlig ohne Kenntnis rechtlicher Zusammenhänge möglich ist. Die Vermittlung von Investoren an eine Anlagegesellschaft gegen Provision ist berufsfremde gewerbliche und somit keine anwaltliche Tätigkeit. Auch in der Eröffnung eines Anderkontos und in der anschließenden Weiterleitung eingehender Gelder liegt keine anwaltliche Tätigkeit, auch dann nicht, wenn in diesem Zusammenhang noch Gesellschafterlisten und Handelsregisterauszüge eingeholt wurden, ebenso wenig in der Durchführung des Zahlungsverkehrs vom Bankkonto des Mandanten. Es kommt auf die objektive Beurteilung der Tätigkeit an, nicht darauf, dass der Anwalt subjektiv von einer Anwaltstätigkeit ausgeht.
Im Zweifel wird allerdings bei Beauftragung eines Rechtsanwalts die Wahrnehmung auch der rechtlichen Interessen erwartet werden. Dies ist aber nicht der Fall bei der Tätigkeit als Strohmann, bei der der Anwalt etwa Geschäftsanteile für einen Dritten hält. Eine solche Tätigkeit kann auch jeder andere, der nicht Anwalt ist, ausüben. War aber neben der Aufgabe als Strohmann dem Anwalt auch der Auftrag erteilt, die dazu erforderliche rechtliche Konstruktion zu entwerfen, so liegt in der Erfüllung dieses Auftrags eine anwaltliche, rechtsberatende Tätigkeit, die vom Versicherungsschutz gedeckt ist. Nicht versicherte wirtschaftliche Tätigkeit des Anwalts liegt vor, wenn die Betätigung ihren Schwerpunkt im Finanzdienstleistungsbereich hat; dies wäre auch keine mitversicherte (vgl. Rdn 43 ff.) "Sachwaltertätigkeit". Das gilt auch für die ausschließlich wirtschaftliche Mitwirkung beim Kauf eines Vollstreckungstitels.
Rz. 38
Der BGH hat in einem Streit um die Höhe der Gebühren zur Frage der anwaltlichen Tätigkeit ausgeführt, dass maßgebend sei, ob die dem Rechtsanwalt eigene Aufgabe im Vordergrund stehe, rechtlichen Beistand zu leisten. Das OLG Düsseldorf hat diesen Gedanken aufgenommen in einem Fall, bei dem über den Deckungsschutz aus der Berufshaftpflichtversicherung für Anwälte zu entscheiden war. Es hat ausgeführt, auch eine typischerweise berufsfremde Tätigkeit könne unter den Versicherungsschutz fallen, wenn der Anwalt neben der wirtschaftlichen Tätigkeit auch die ihm als Anwalt obliegende rechtsberatende Funktion wahrnehme. Voraussetzung sei, dass die anwaltliche Beratung ggü. der eigentlichen berufsfremden Tätigkeit den "Sch...