Rz. 15
§ 51 Abs. 1 Satz 2 BRAO verlangt, dass sich die Pflichtversicherung auch auf solche Vermögensschäden erstreckt, für die der Rechtsanwalt nach § 278 BGB oder § 831 BGB einzustehen hat. Das betrifft zunächst einmal ausschließlich die Reichweite des Versicherungsschutzes für den Versicherungsnehmer, also den Berufsträger oder die Berufsträgergesellschaft. Damit wird also keine Pflichtversicherung für die Hilfspersonen selbst statuiert. Versicherungsschutz besteht nur beim Berufsträger, falls nicht er selbst, sondern von ihm eingesetzte Hilfspersonen den Schaden verursachen. Natürlich steigt mit der Anzahl der eingesetzten Hilfspersonen auch das Gesamtrisiko. Schon vor diesem Hintergrund wird bei Antragstellung üblicherweise abgefragt, wie viele Mitarbeiter (unterschieden nach ihrer Ausbildung) bei dem Anwalt tätig sind. Auch nach Vertragsabschluss besteht die Verpflichtung, dem Versicherer die Einstellung sog. "zuschlagspflichtiger" Mitarbeiter zu melden (§ 13 I, § 11b II Nr. 2 AVB). Für diese Mitarbeiter mit juristischer Vorbildung, die unmittelbar an der Mandatsbearbeitung und an der beratenden Tätigkeit teilhaben, schließt der Anwalt eine Fremdversicherung ab, § 7 AVB. Insb. für freie Mitarbeiter mit juristischer Vorbildung kann diese Versicherung wegen des ggü. angestellten Mitarbeitern schärferen Haftungsmaßstabs im Regresswege von existentieller Bedeutung sein. Man muss also grds. unterscheiden zwischen dem Versicherungsschutz des Versicherungsnehmers selbst, den Personen, für die er einzustehen hat, und denjenigen, die als mitversicherte Personen in den Versicherungsvertrag integriert sind.
Rz. 16
§ 13 I AVB stellt klar, dass die Beschäftigung eines zuschlagspflichtigen Mitarbeiters als Erweiterung des versicherten Risikos gilt. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass ein juristisch ausgebildeter Mitarbeiter, auch wenn er als nicht zugelassener Anwalt nicht versicherungspflichtig ist, die in der Kanzlei zu bewältigende Fallzahl steigern und so das versicherte Risiko insgesamt erhöhen kann. Ohne § 13 I AVB wäre es im Extremfall denkbar, dass eine "Großkanzlei" nur von einem einzigen Anwalt und einer Vielzahl von nicht zugelassenen Assessoren betrieben und das gesamte Risiko allein über den zugelassenen Rechtsanwalt abgewickelt würde. Führt man sich dies vor Augen, wird nicht nur der Grund für die Risikoerhöhung klar. Auch die Rechtsfolge einer fehlenden Anzeige gem. § 13 II AVB bekommt eine gewisse Logik. Der Versicherungsschutz verringert sich dann im Umfang des jeweiligen Anteils im Verhältnis zu allen zuschlagspflichtigen Personen bzw. versicherungspflichtigen Sozien, wie wenn der Mitarbeiter Sozius i.S.v. § 1 II AVB wäre.
Beispiel
Eine Sozietät, bestehend aus drei Anwälten, stellt einen noch nicht zur Anwaltschaft zugelassenen Assessor ein, meldet dies aber nicht der Versicherung. Im Schadenfall wird bei der Berechnung der Versicherungssumme der zuschlagspflichtige Mitarbeiter mit "null" angesetzt. Damit stehen nun nur noch ¾ der Versicherungsleistung zur Verfügung.
Stellt die Sozietät zusätzlich einen Referendaren ein, der nicht zur Ausbildung seine Pflichtstation in der Kanzlei ableistet, ohne dies der Versicherung zu melden, verringert sich die Versicherungsleistung analog § 12 AVB auf 3/5. Es kommt dabei nicht darauf an, wer den Verstoß begangen hat.
§ 13 III AVB setzt voraus, dass der Mitarbeiter bereits gemeldet und entsprechend der Zuschlag bezahlt wurde bzw. dass die Frist, binnen derer der Mitarbeiter nach Aufforderung gemeldet werden muss, noch nicht abgelaufen ist. Im ersten Fall ist der betreffende Mitarbeiter tatsächlich mitversichert, im zweiten Fall muss er als mitversichert gelten, weil der Versicherungsnehmer noch die Möglichkeit zur Meldung gehabt hätte. In diesen Fällen besteht auch dann Deckung, wenn die Ansprüche unmittelbar gegen den Mitarbeiter erhoben werden. Das geht an und für sich bereits unmittelbar aus § 7 I Nr. 1 AVB hervor, wird also an dieser Stelle unter Verweis auf diese Klausel noch einmal klargestellt.
Die Rechtsfolgen des § 13 II AVB einerseits und des § 11b II Nr. 3 AVB mit dem Verweis auf § 26 VVG andererseits stehen nebeneinander, ohne dass das Verhältnis deutlich wird. Insofern trifft die Kritik Dillers durchaus zu. Allerdings ist die Behauptung, dass es nicht sein kann, dass unterlassene Anzeigen kumulativ die Folgen des § 13 II AVB und des § 11b II Satz 3 AVB auslösen, so nicht richtig. § 13 II AVB kann als lex specialis zu § 11b II Nr. 3 AVB aufgefasst werden. Nach § 13 AVB kann der Versicherer max. die Durchschnittsleistung um den jeweiligen Anteil kürzen. § 11b II Nr. 3 AVB i.V.m. § 26 VVG lässt unter bestimmten Umständen den Versicherungsschutz zur Gänze entfallen. Da § 26 VVG nicht durch § 13 II AVB zulasten des Versicherungsnehmers abbedungen werden kann, müssen die in § 26 VVG für eine Kürzung der Versicherungsleistung vorausgesetzten subjektiven Merkmale zusätzlich vorliegen. Durch die in diesem Sinne kumulative Anwendung der nebeneinander...