a) Transparenz
Rz. 34
Die Untersuchung sollte möglichst transparent sein, um das Verständnis des Klienten für die Maßnahme zu fördern, Hemmnisse abzubauen und seine Kooperation zu erhöhen. Daher sollte zu Beginn der Untersuchung der Klient stets über Sinn und Zweck der Begutachtung aufgeklärt werden. Zur Erhöhung der Transparenz ist es auch erforderlich, dass der Arzt am Ende der Untersuchung den Klienten über das vorläufige Ergebnis im Sinne einer Sachstandsmitteilung informiert, sofern es bereits eindeutig feststeht.
b) Kooperation
Rz. 35
Ein Mindestmaß an Kooperation des Klienten bei der Untersuchung ist unumgänglich, um die Fragestellung der Fahrerlaubnisbehörde vollständig beantworten zu können. Nur wenn der Klient in der Anamnese vollständige und wahrheitsgemäße Angaben macht und die körperliche Untersuchung (ggf. inklusive Laborprobenentnahme) zulässt, ist eine verwertbare Diagnosestellung aufseiten des Arztes überhaupt möglich. Dazu zählt unter Umständen auch die Entbindung von der Schweigepflicht, z.B. des behandelnden Arztes, zur Anforderung weiterer Befunde.
Rz. 36
Sollte ein Klient seine Mitarbeit an der Begutachtung verweigern, so muss der Arzt ihn darüber informieren, dass dies in aller Regel zu einem für ihn negativen Gutachtenausgang führen wird. Bestenfalls könnte in einem solchen Fall die Fragestellung der Behörde nur teilweise oder mit Einschränkungen beantwortet werden, was in der Regel zur Versagung des Fahrerlaubnisantrags/zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen wird.
c) Bewertung der Befunde: Urteilsbildung
Rz. 37
Bei der Erhebung der Befunde muss stets das Kriterium der Anlassbezogenheit im Fokus stehen. Gleichzeitig ist der untersuchende Arzt verpflichtet, alle Befunde vom Klienten zu erheben, die zur Beantwortung der behördlichen Fragestellung notwendig sind.
Rz. 38
Bei der abschließenden Diagnosestellung bzw. Beurteilung der Fahreignung des Klienten müssen dann alle erhobenen Befunde berücksichtigt und unter Beurteilung ihrer Relevanz für die Fragestellung bewertet werden. Das Urteil muss aus den Befunden abgeleitet und mit ihnen begründet werden.
d) Datenschutz
Rz. 39
Während der Untersuchung werden vom Arzt Aufzeichnungen geführt. Dies ermöglicht zum einen die Nachprüfbarkeit der erhobenen Befunde (z.B. bei späteren Einsprüchen), zum anderen ein standardisiertes Vorgehen bei der späteren Erstellung des Gutachtens. Die Aufzeichnungen müssen entsprechend der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (und ggf. weiterer Datenschutzrichtlinien) aufbewahrt bzw. gespeichert werden. Nach Ablauf einer bestimmten Aufbewahrungsfrist müssen diese Mitschriften und sämtliche personenbezogenen Daten entsprechend datenschutzrechtlicher Bestimmungen vernichtet werden. Diese Frist beträgt in der Regel fünf Jahre.
Rz. 40
Zum Datenschutz gehört auch die strikte Wahrung der Schweigepflicht gegenüber Dritten, es sei denn, der Klient hat den untersuchenden Arzt bzw. die Begutachtungsstelle ausdrücklich und schriftlich von der Schweigepflicht entbunden. Die Einhaltung des Datenschutzes beinhaltet zudem, dass telefonisch grundsätzlich keine Auskünfte erteilt werden dürfen, da die notwendige Identitätsprüfung telefonisch nicht zweifelsfrei möglich ist.
Rz. 41
Praxistipp
In den Beurteilungskriterien sind folgende Anforderungen an die Qualität der medizinischer Fahreignungsbegutachtung (MFU) vorgegeben:
Hypothese MFU:
Die medizinische Fahreignungsuntersuchung erfolgt anlassbezogen und unter Anwendung etablierter ärztlicher Verfahren. Eigene selbsterhobene und externe beigestellte Befunde werden nachvollziehbar dargestellt und fließen in die Beantwortung der Fragestellung ein.
Kriterium MFU 1:
"Die Untersuchung erfolgt anlassbezogen gemäß der Fragestellung und lege artis. Sie orientiert sich in ihrem Umfang an definierten Mindeststandards, die abhängig von der individuellen Vorgeschichte erweitert werden können."
Kriterium MFU 2:
"Es erfolgt eine nachvollziehbare Dokumentation der erhobenen Befunde. Werden fremdanamnestische Angaben und Befunde herangezogen, sind diese verwertbar."
Kriterium MFU 3:
"Erhobene Befunde werden hinsichtlich der Relevanz für die Fragestellung bewertet. Sie fließen im Gesamtzusammenhang der Befundlage in die interdisziplinäre abschließende Bewertung ein."