Rz. 21
Das BMJ hat im April 2024 dem Bundesrat den Gesetzentwurf eines Gesetzes zur weiteren Digitalisierung der Zwangsvollstreckung zur Stellungnahme vorgelegt. Danach soll die hybride Antragstellung weitgehend abgeschafft werden. Bei Redaktionsschluss lag noch keine endgültige Entscheidung vor. Der Gesetzesentwurf sieht u.a. folgende Änderungen vor:
Ziel des neuen Gesetzes ist es, die Anzahl der Aufträge/Anträge in hybrider Form deutlich zu verringern. Durch die Gesetzesänderung soll in weiterem Umfang als bisher erlaubt werden, anstatt der vollstreckbaren Ausfertigung und anderer Schriftstücke in Papierform elektronische Kopien davon an das Vollstreckungsorgan zu übermitteln. Entsprechend soll in den §§ 754, 755, 757 und 802a ZPO in der Entwurfsfassung (ZPO-E) geregelt werden, dass für die dort genannten Befugnisse und Pflichten des Gerichtsvollziehers die Übermittlung einer elektronischen Kopie der vollstreckbaren Ausfertigung an den Gerichtsvollzieher ausreicht, sofern er diese der Ausführung seines Vollstreckungsauftrages noch zugrunde legen darf.
a) §§ 754a, 829a ZPO – Elektronischer Vollstreckungsauftrag bzw. elektronischer Pfändungs- und Überweisungsantrag
Rz. 22
Beide Normen werden geändert, um zu ermöglichen, dass ohne Vorlage des Original-Papier-Titels die Vollstreckung einer Geldforderung durchgeführt werden kann. Der Nachweis des Vorliegens des Vollstreckungstitels ist durch Einreichung der vollstreckbaren Ausfertigung in Form eines elektronischen Dokuments gestattet. Die Begrenzung auf einen Vollstreckungsbescheid bis 5.000,00 EUR entfällt.
b) Vollstreckung von Herausgabeansprüchen: Titel muss vorgelegt werden
Rz. 23
Die Vorschrift ist begrenzt auf Vollstreckungsaufträge zur Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen. Aufträge zur Vollstreckung von Herausgabeansprüchen durch den Gerichtsvollzieher (§§ 883 ff. ZPO) sind nicht erfasst. In der Praxis heißt das, dass bei Vollstreckung eines Räumungstitels oder bei gleichzeitiger Vollstreckung aus einem Räumungs- und Zahlungstitel durch einen Rechtsanwalt weiterhin die hybride Antragstellung bleibt: Auftrag an den Gerichtsvollzieher per beA, Titel per Post hinterher.
Ebenso nicht erfasst sind Fälle, in denen der Gerichtsvollzieher um Weiterleitung eines nach § 802g Abs. 1 ZPO zu stellenden Antrags auf Erlass eines Haftbefehls an das Amtsgericht gebeten wird, da die Weiterleitung keine Vollstreckungsmaßnahme des Gerichtsvollziehers darstellt.
c) Beantragung Haftbefehl
Rz. 24
Nach wie vor gilt, dass für den Erlass des Haftbefehls der Original-Titel dem Gericht vorgelegt werden muss. Bei der (Fortsetzung der) Vollstreckung nach Erlass des Haftbefehls genügt es für den Verhaftungsauftrag, die Ausfertigung des Vollstreckungstitels und weitere Dokumente zum Nachweis der Vollstreckungsvoraussetzungen gemäß § 754a Abs. 1 Nr. 1 und 2 bzw. Nr. 3 ZPO-E elektronisch zu übermitteln. Für den Haftbefehl und dessen beglaubigte Abschrift ergibt sich aus § 802g Abs. 2 ZPO, dass die elektronische Übermittlung nicht ausreichend ist. Dieser muss also im Original vorgelegt werden. Eine Anpassung des § 802g ZPO ist derzeit nicht geplant, wäre aber sicher wünschenswert.
d) Auskunfts- u. Herausgabeansprüche gem. § 836 Abs. 3 ZPO
Rz. 25
Von der Vorschrift erfasst sind auch die Auskunfts- und Herausgabepflichten nach § 836 Abs. 3 ZPO. Bei diesen Pflichten handelt es sich um Nebenpflichten einer wirksamen Pfändung (§ 829 ZPO) und deshalb ebenfalls um Vollstreckung wegen Geldforderungen.
e) Geltungsbereich: Titel aller Art, Klausel, Zustellungsurkunden
Rz. 26
Die Vorschrift gilt damit künftig für Titel aller Art, die auf eine Geldforderung gerichtet sind, einschließlich der in § 794 ZPO genannten Titel.
Die Vorschrift gilt ferner für Titel, für deren Vollstreckung auf § 754a ZPO verwiesen wird; die Regelung ist also auch auf behördliche vollstreckbare Urkunden (etwa die Unterhaltstitel der Jugendämter nach § 59 Abs. 1 Nr. 3 und 4, § 60 SGB VIII in Verbindung mit § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) und sonstige behördliche Vollstreckungstitel und vollstreckbare Bescheide sonstiger juristischer Personen öffentlichen Rechts anwendbar, sofern diese nach der ZPO (einschließlich § 754a ZPO-E) vollstreckt werden (etwa gemäß dem Pauschalverweis auf die ZPO in § 66 Abs. 4 SGB X.
Rz. 27
Dem Vollstreckungsorgan dürfen elektronische Fassungen der Ausfertigung des Vollstreckungstitels (Nr. 1) sowie der Vollstreckungsklausel (Nr. 2) als elektronische Dokumente übermittelt werden. Unter Nr. 2 fallen alle Arten von Vollstreckungsklauseln, auch die in § 750 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchstaben aa. (bei bedingten Leistungen) und bb. (für und gegen Rechtsnachfolger u.a.) ZPO-E genannten Klauseln.
Weil die Beschränkung der Vorschrift auf Fälle, in denen die Vorlage anderer Urkunden nicht vorgeschrieben ist, gestrichen wird, können außerdem elektronische Fassungen weiterer zum Nachweis der Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung erforderlicher Urkunden (Nr. 3) als elektronisches Dokument übermittelt werden. Dazu gehören etwa die öffentlichen Urkunden nach § 756 Abs. 1 ZPO. Zustellungsnachweise dürfen entweder als Teil der vollstreckbaren Ausfertigung (Nr. 1 bzw. 2) oder – falls gesondert als Urkunde vorhanden – als Urkunde nach Nr. 3 ebenfalls als elektronisches Dokument übermittelt werden.
Ob die Vorlage oder Übergabe d...