Rz. 2
Am 1.1.2020 ist das Gesetz zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigen-Entlastungsgesetz) in Kraft getreten. Durch dieses Gesetz erfolgte keine Änderung des BGB-Rechts zum Elternunterhalt als Teil des Verwandtenunterhalts. Bis einschließlich 2020 bestimmten die SüdL:
SüdL (bis 2020)
Selbstbehalt
21.3.3 Gegenüber Eltern beträgt er mindestens 2.000 EUR. Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 700 EUR enthalten. Zusätzlich bleibt die Hälfte des diesen Mindestbetrag übersteigenden, bereinigten Einkommens anrechnungsfrei, bei Vorteilen aus dem Zusammenleben in der Regel 45 % des diesen Mindestbetrag übersteigenden, bereinigten Einkommens.
Rz. 3
Seit 1.1.2021 bestimmen die SüdL (mit ähnlichem Verweis bspw. auch Berlin, Brandenburg, Bremen und Celle):
SüdL
21.3.3 Selbstbehalt gegenüber Eltern
Bei der Bemessung des Selbstbehalts gegenüber Eltern sind Zweck und Rechtsgedanken des Gesetzes zur Entlastung unterhaltspflichtiger Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigenentlastungsgesetz) vom 10. Dezember 2019 (BGBl I S. 2135) zu beachten
Rz. 4
Die Düsseldorfer Leitlinien bestimmen:
21.3.3
Der Selbstbehalt gegenüber Eltern beträgt gemäß D.1 der Düsseldorfer Tabelle derzeit mindestens 2.000 EUR. Eine Erhöhung kommt insbesondere mit Rücksicht auf die Regelungen des Gesetzes zur Entlastung unterhaltspflichtiger Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe in Betracht.
Rz. 5
Die Leitlinien des Oberlandesgerichts Koblenz bestimmen bspw. (in diesem Sinne auch Braunschweig, Oldenburg und Dresden):
21.3.3
Gegenüber Eltern beträgt der Selbstbehalt monatlich mindestens 2.000 EUR (einschließlich 700 EUR Warmmiete) zuzüglich der Hälfte des darüber hinausgehenden Einkommens.
Rz. 6
Es ergibt sich derzeit noch kein einheitliches, jedenfalls kein überzeugendes Bild zur Höhe des Selbstbehalts, also zur Frage, ob der Selbstbehalt aufgrund des Angehörigen-Entlastungsgesetzes zu erhöhen ist. Zu bedenken ist Folgendes: gibt es nur einen Unterhaltsschuldner, so ist es bspw. im praktischen Ergebnis unerheblich, ob man aufgrund eines höheren Selbstbehalts eine Unterhaltspflicht mangels Leistungsfähigkeit verneint oder ob man – bei niedrigerem Selbstbehalt – noch zu einer Unterhaltsschuld kommt, diese aber mangels Anspruchsübergangs letztlich auch nicht in eine tatsächliche Zahlungspflicht mündet. Anders stellt sich die Situation dar, wenn mehrere Kinder vorhanden sind, die im Grundsatz anteilig haften. Orientiert man den Selbstbehalt an der Einkommensgrenze des Angehörigen-Entlastungsgesetzes, so kann dies zum Wegfall eines Unterhaltsschuldners mangels Leistungsfähigkeit führen mit der Folge, dass der, der ein Einkommen über der Einkommensgrenze des Angehörigen-Entlastungsgesetzes hat, alleine oder zumindest in größerem Umfang haftet. Behält man den Selbstbehalt wie bisher bei, verbleibt es bei den in der bewährten Weise ermittelten Haftungsanteilen und das Angehörigen-Entlastungsgesetz bestimmt nur darüber, bezüglich welcher Haftungsanteile ein Anspruchsübergang erfolgt. Deshalb erscheint es sachgerecht, den bisherigen Selbstbehalt nicht zu verändern.
Rz. 7
Somit ergibt sich im direkten Verhältnis unterhaltsberechtigter Elternteil/unterhaltspflichtiges Kind keine grundsätzliche Änderung der Rechtslage. Doch hatte und hat die direkte Inanspruchnahme eines Kindes durch einen Elternteil keine Bedeutung in der Rechtspraxis. Die Sachverhalte waren und sind vielmehr so gelagert, dass der Sozialhilfeträger den (ungedeckten) Bedarf des im Pflegeheim lebenden Elternteils deckt und dann einen Rückgriff beim Unterhaltspflichtigen sucht.
Dadurch erfolgte in bestimmten Fällen der – vollständige oder teilweise – Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Sozialhilfeträger. In der Rechtspraxis dominierten also die Fälle, in denen ein Sozialhilfeträger des unterhaltspflichtigen Kindes aus übergegangenem Recht in Anspruch nimmt.