Rz. 35

1. Im Fallbeispiel sind M und F nicht geschieden. Die Unterhaltspflicht des M gegenüber G prägt also die ehelichen Lebensverhältnisse.
2.

Im Fallbeispiel hat der, einem Elternteil unterhaltspflichtige M ein höheres Einkommen als sein Ehegatte. Auch wenn der Unterhaltspflichtige geringere Einkünfte als sein Ehegatte hat, ist die Leistungsfähigkeit anhand des individuellen Familienbedarfs mit dem dargestellten Rechenweg zu ermitteln – und nicht nur nach dem Eigeneinkommen.

 

BGH, Beschl. v. 5.2.2014 – XII ZB 25/13 = BeckRS 2014, 04468 Rn 26 ff.

Der Senat hält die Anwendung des von ihm im Jahr 2010 entwickelten Berechnungsmodells (Anm: zum besserverdienenden Unterhaltspflichtigen) auch in Fällen der vorliegenden Art für in der Regel sachgerecht, in denen das unterhaltspflichtige Kind über ein geringeres Einkommen als sein Ehegatte verfügt.

Die Ermittlung des individuellen Familienbedarfs stellt sicher, dass der Elternunterhalt nur aus dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen gespeist wird. Eine verdeckte Haftung des besserverdienenden Schwiegerkindes ist damit – entgegen insoweit geäußerter Kritik – ausgeschlossen.

3.

Die für verheiratete Kinder entwickelte Ermittlung der Leistungsfähigkeit kommt auch dann zur Anwendung, wenn beide Kinder Elternunterhalt schulden.

 

BGH, Beschl. v. 20.3.2019 – XII ZB 365/18 Rn 14

Die vom Senat entwickelten Grundsätze zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit von verheirateten Kindern für den Elternunterhalt gelten auch dann, wenn beide Ehegatten ihren jeweiligen Eltern zum Unterhalt verpflichtet sind.

 

BGH, Beschl. v. 20.3.2019 – XII ZB 365/18 Rn 16

Dass im vorliegenden Fall – für mehrere Monate des streitbefangenen Zeitraums – gleichzeitig auch auf Seiten des anderen, über geringere Einkünfte verfügenden, Ehegatten eine Unterhaltspflicht gegenüber dessen Elternteil besteht, zwingt nicht zu einer Modifikation der Berechnungsmethode. Denn die Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt ist auch für diesen auf der Grundlage eines individuellen Familienbedarfs zu ermitteln (Senatsbeschluss BGHZ 200, 157 = FamRZ 2014, 538 Rn 22 ff.). Die Berechnungsmethode gewährleistet mithin auch bei gleichzeitiger Unterhaltspflicht beider Ehegatten gegenüber ihren jeweiligen Eltern, dass der Anteil beider Ehegatten am individuellen Familienbedarf und somit der individuelle Familienbedarf insgesamt unangetastet bleibt. Beide müssen den jeweiligen Elternunterhalt nur aus ihrem Einkommensanteil bestreiten, der für den Familienbedarf der Ehegatten nicht benötigt wird.

4.

Im Fallbeispiel sind M und F verheiratet. Wären M und F nicht verheiratet, sondern M nach § 1615l unterhaltspflichtig, so wäre der nach § 1615l geschuldete Unterhalt wie Kindesunterhalt durch Vorwegabzug zu berücksichtigen und demgemäß auch kein Familienselbstbehalt zu bilden.

 

BGH, Beschl. v. 9.3.2016 – XII ZB 693/14 Rn 20 ff.

Ein möglicher Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB führt nicht dazu, dass sich der Antragsgegner auf einen Familienselbstbehalt berufen könnte. Vielmehr wäre der entsprechende, gemäß § 1609 Nr. 2 BGB vorrangige, Unterhaltsbetrag als sonstige Verpflichtung i.S.d. § 1603 Abs. 1 BGB von dessen Einkommen abzuziehen.

Anders (Anm.: als beim Ehegattenunterhalt) verhält es sich bei dem Anspruch aus § 1615l BGB. Der danach geschuldete Bedarf des Unterhaltsberechtigten richtet sich allein nach seiner eigenen Lebensstellung gemäß § 1610 BGB (Senatsurteil BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 Rn 20 ff.; s. auch Senatsbeschluss BGHZ 205, 342 = FamRZ 2015, 1369 Rn 34 m.w.N.). Demgemäß bleibt die Höhe des Betreuungsunterhalts von einem daneben geltend gemachten Elternunterhaltsanspruch unberührt; der Betreuungsunterhalt kann somit ohne weiteres als sonstige Verpflichtung i.S.d. § 1603 Abs. 1 BGB vorab vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abgezogen werden. Eines Familienselbstbehalts bedarf es insoweit nicht (vgl. insoweit zur Haushaltsersparnis Senatsurteil vom 17.10.2012 – XII ZR 17/11, FamRZ 2013, 868 Rn 25).

Für den Vorwegabzug wäre bei Zusammenleben des Unterhaltspflichtigen mit der Kindsmutter der Unterhaltsanspruch nach § 1615l in einem Zahlbetrag, also in Geld auszudrücken.

 

BGH, Beschl. v. 9.3.2016 – XII ZB 693/14 Rn 35

Dabei ist der vom Antragsgegner seiner Lebensgefährtin gewährte Naturalunterhalt für die Bestimmung der Leistungsfähigkeit gemäß § 1603 Abs. 1 BGB anhand der Vorgaben des § 1615l BGB zu monetarisieren (vgl. zum Kindesunterhalt Senatsbeschluss vom 7.5.2014 – XII ZB 258/13, FamRZ 2014, 1183 Rn 35).

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