1. Allgemeines
Rz. 47
Es ist möglich, nur auf Teile des Pflichtteilsanspruchs zu verzichten. Für den Gestalter ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten, wenn Teilverzichte mit anderen familien-, erb- und gesellschaftsrechtlichen Instrumenten kombiniert werden. In der Praxis ist der gegenständlich beschränkte Pflichtteilsverzicht aufgrund seiner grundsätzlich klaren Struktur und seiner Ergänzungsfunktion bei lebzeitigen Übertragungen besonders relevant.
2. Beschränkungsmöglichkeiten
Rz. 48
Dies betrifft etwa den Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB, wobei nach J. Mayer eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich des Verzichts auf zukünftige Ansprüche besteht. Denkbar ist auch der Verzicht auf den Zusatzpflichtteil, einen Anteil am Pflichtteil und die Anwendung von § 2306 BGB. Zu beachten ist, dass ein Verzicht nur auf Pflichtteilsergänzungsansprüche Ausgleichsansprüche nicht umfassen würde. Der Verzichtende kann dem Erblasser auch die Befugnis einräumen, ihm Beschränkungen wie Vermächtnisse oder Auflagen aufzuerlegen.
3. Insbesondere: Gegenständlich beschränkter Pflichtteilsverzicht
Rz. 49
Beim sog. gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzicht soll ein Nachlassgegenstand bei der späteren Berechnung des Pflichtteils als (zum Teil) nicht zum Nachlass gehörend angesehen werden. Im Gegensatz zum Erbrecht gibt das Pflichtteilsrecht dem Berechtigten keine Beteiligung am Nachlass, sondern einen Geldanspruch gegen den Nachlass. Der gegenständlich beschränkte Pflichtteilsverzicht ist daher zulässig, was auch allgemein anerkannt ist. Daher ist es bspw. möglich, den Pflichtteil schon zu Lebzeiten zu beziffern, einzelne Immobilien bei der Berechnung des Pflichtteils herauszunehmen oder eine bestimmte Bewertung (etwa mit dem Buchwert) eines Unternehmens zu vereinbaren.
Bei lebzeitigen Gestaltungen mit z.B. unentgeltlichen Übertragungen einzelner Vermögenswerte auf einen von mehreren Abkömmlingen, wird ein gegenständlich beschränkter Pflichtteilsverzicht der anderen Abkömmlinge sinnvoll, wenn nicht sogar zwingend sein. Allerdings sind die notariellen Formvorschriften mit ihrer Aufklärungs- und Warnfunktion zu beachten. Eine dem nicht entsprechende, einfache Zustimmung zur Schenkung kann nicht als Pflichtteilsverzicht gewertet werden. Auch § 242 BGB kann später nach hier vertretener Ansicht nicht eingewandt werden, da so die schützende Formvorschrift entwertet würde. Das OLG Saarbrücken entschied in diesem Zusammenhang, dass auch bei einem Rückerwerb des Vermögenswertes durch den Erblasser der Verzicht wirksam bleiben kann.