Rz. 2

Tatsächliche oder rechtliche Verhinderung ist gegeben, wenn die Eltern, auch der alleinvertretungsberechtigte Elternteil oder der Vormund, an der Besorgung einer einzelnen Angelegenheit oder eines Kreises bestimmter Angelegenheiten für den Mündel an der Vertretung gehindert sind.

Dabei werden z.B. der Auslandsaufenthalt, die Strafhaft oder die Krankheit als Fälle tatsächlicher Verhinderung angesehen genauso wie ein offensichtlicher Interessenwiderstreit im gerichtlichen Verfahren.

 

Rz. 3

Die Fälle rechtlicher Verhinderung sind vielfältiger Art.[3] Praxisrelevant sind die Fälle der Verhinderung bei der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft von Elternteil und Kind, die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs gegen den Elternteil, die Vertretung bei der Gründung einer Familien-KG und die Schenkung von GbR-Anteilen oder GmbH-Anteilen.[4]

 

Rz. 4

Die Frage der Verhinderung stellt sich insbesondere bei der Genehmigung einer Erbausschlagungserklärung. Umstritten ist, ob es in den Fällen, in denen es um die Genehmigung einer Erbausschlagung für ein minderjähriges Kind geht, zur Entgegennahme des Genehmigungsbeschlusses im Sinne von § 41 Abs. 3 FamFG, zur Rechtsmitteleinlegung oder zur Erklärung eines Rechtsmittelverzichts der Bestellung eines Ergänzungspflegers bedarf.

 

Rz. 5

Das Kammergericht hatte im Rahmen einer Beschwerdeentscheidung die Regelungen des FamFG anzuwenden. Es ging um den Fall der Entscheidung der Notwendigkeit der Bestellung eines Ergänzungspflegers zur Wahrnehmung des Verfahrensrechtes des Kindes im familiengerichtlichen Verfahren.[5] Das Kammergericht sah die Voraussetzungen für eine Pflegerbestellung für gegeben. Nach der Entscheidung des Kammergerichts sei die alleinsorgeberechtigte Mutter des Kindes gehindert, das Kind in der Angelegenheit der Erbausschlagung zu vertreten:

Zitat

"Denn insoweit steht das Interesse des Kindes zu demjenigen der Mutter in erheblichem Gegensatz, sodass der Mutter die Vertretung zu entziehen ist (§§ 1629 Abs. 2 Satz 3, 1796 Abs. 2 BGB) (…). Der Interessengegensatz ist auch so erheblich, dass der Eingriff in das elterliche Sorgerecht gerechtfertigt ist. Denn für die Annahme eines Interessenkonflikts genügt es bereits, wenn (nur) die Gefahr besteht, der vertretungsberechtigte Elternteil werde im Verfahren das Kindeswohl nicht mit der gebotenen Konsequenz verfolgen (…). Das liegt hier vor: Es ist nicht zu erwarten, dass der Elternteil, wenn die zu erlassende Entscheidung seinem Antrag entspricht, den Beschluss noch einmal unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls prüft, zumal dabei auch andere als nur wirtschaftliche Erwägungen eine Rolle spielen können."

 

Rz. 6

Das Kammergericht lehnt insbesondere im Hinblick auf die eindeutige Regelung des § 158 Abs. 4 FamFG die Bestellung eines Verfahrensbeistandes ab. Denn der Verfahrensbeistand sei kein gesetzlicher Vertreter des Kindes. Er handle vielmehr im eigenen Namen und habe nicht die Funktion, rechtliche Willenserklärungen für das Kind abzugeben oder entgegenzunehmen.

 

Rz. 7

Beachtenswert ist auch die kritische Anmerkung des Kammergerichts zu dem (neuen) (FamFG-)Verfahren:[6]

Zitat

"Dem Ergänzungspfleger ist darin beizupflichten, dass das Ergebnis unbefriedigend ist: Die in der Verkürzung der Beschwerdefrist auf zwei Wochen (…) zum Ausdruck kommende Intention des Gesetzgebers, Genehmigungsverfahren im Interesse der Rechtsklarheit zügig und ohne unnötigen Aufwand abzuwickeln (…), wird unterlaufen, weil das Verfahren durch die erforderliche Bestellung eines Ergänzungspflegers in einem gesonderten Verfahren schwerfällig wird und weil die Pflegerbestellung als Endentscheidung innerhalb der Regelfrist von einem Monat mit der Beschwerde isoliert angefochten und das Genehmigungsverfahren somit blockiert werden kann (…). Zu berücksichtigen ist weiter, dass durch diese Vorgehensweise verhältnismäßig einfach zu bewältigende, leicht zu überblickende und in der Praxis gehäuft auftretende Angelegenheiten, wie hier die Ausschlagung eines überschuldeten Nachlasses durch ein Kind, nachdem ein anderer, vorrangig berufener gesetzlicher Erbe bereits die Ausschlagung erklärt hat, dadurch ohne erkennbaren sachlichen Gewinn aufgebläht werden."

 

Rz. 8

Der BGH hat der generellen Bestellung eines Ergänzungspflegers eine Absage erteilt.[7] Hierfür fehle die gesetzliche Grundlage. Ein Ergänzungspfleger sei nur dann zu bestellen, wenn im Einzelfall festgestellt werde, dass das Interesse des Mündels zu dem Interesse des Vormunds in erheblichem Gegensatz stehe. Entsprechende Feststellungen müsse der Tatrichter treffen. Ein Ausschluss des Vertretungsrechts aus verfahrensrechtlichen Gründen jenseits des § 1795 BGB oder des §1796 BGB komme nicht in Betracht.

Die gesetzlichen Vorschriften über die Genehmigung der Erbausschlagung gewährleisten, dass der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen bereits durch das Gericht kontrolliert werde.

 

Rz. 9

Der BGH führt weiter aus:

Zitat

"Dem steht auch die vom Beschwerdegericht zitierte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts...

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