Rz. 3
Diese Problematik hat der Gesetzgeber erkannt und über den § 91a ZPO die Möglichkeit geschaffen, die Hauptsache für erledigt zu erklären.
I. Erledigendes Ereignis
Rz. 4
Voraussetzung der Erledigungserklärung ist zunächst ein erledigendes Ereignis. Erledigendes Ereignis ist jedes Vorkommnis, das nach Rechtshängigkeit der Klage den klageweise geltend gemachten Anspruch entfallen lässt. Das Entfallen kann dabei wie im obigen Bsp. auf einer Erfüllung des Anspruchs beruhen. Es kann aber bspw. auch ein Gegenstand, dessen Herausgabe begehrt wird, weggefallen oder ein Rechtsverhältnis, dessen Feststellung eingeklagt ist, durch Zeitablauf oder Kündigung beendet worden sein.
Ein Ereignis ist nur dann erledigend i.S.d. § 91a ZPO, wenn es nach Rechtshängigkeit der Klage, d.h. nach Zustellung der Klage an den Gegner, eintritt. Tritt die "Erledigung" vorher, insb. nach Anhängigkeit, d.h. Einreichung der Klage bei Gericht vor Zustellung, ein, liegt ein erledigendes Ereignis nicht vor. Möglich ist auch, dass ein Ereignis die Hauptsache nur teilweise erledigt, etwa, weil nur ein Teil der Klageforderung bezahlt oder einer von mehreren kumulativ verfolgten Klageansprüchen befriedigt wird.
II. Erledigungserklärung
Rz. 5
Die Erledigung der Hauptsache muss ausdrücklich durch den Kläger erklärt werden. Die Erklärung ist eine bedingungsfeindliche Prozesshandlung. Sie muss erkennen lassen, auf welchen Teil des Klageanspruchs sie sich bezieht. Außerdem sollte für die Erledigungserklärung eine kurze Begründung abgegeben werden.
Rz. 6
Muster 1: Erledigungserklärung
Muster: Erledigungserklärung
In der Sache
Müller ./. Meier
erkläre ich den Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 2.000,00 EUR für erledigt, nachdem die Gegenseite nach Rechtshängigkeit der Klage diesen Betrag auf die Klagesumme bezahlt hat.
Gleichzeitig stelle ich hinsichtlich des erledigten Teils Kostenantrag.
(Unterschrift)
Rz. 7
Die Erledigungserklärung kann mittlerweile auch schriftsätzlich erklärt werden, ohne dass es einer mündlichen Verhandlung bedarf. Das Mündlichkeitsprinzip ist zur Entlastung der Gerichte insoweit durchbrochen.
Es ist im Übrigen üblich, einen Kostenantrag zu stellen, obwohl dies eigentlich überflüssig ist, da das Gericht über die Kosten des Verfahrens von Amts wegen entscheidet.
III. Beiderseitige Erledigungserklärung
Rz. 8
Der Beklagte hat zwei Möglichkeiten, auf eine Erledigungserklärung durch den Kläger zu reagieren: Entweder schließt er sich ihr an oder er widerspricht ihr.
Im Fall der beiderseitigen Erledigungserklärung hat das Gericht von einer Erledigung der Hauptsache auszugehen. In eine Prüfung, ob tatsächlich ein erledigendes Ereignis vorliegt, tritt es nicht ein. Zu entscheiden ist damit lediglich noch über die bis zur Erledigung angefallenen Verfahrenskosten. Dabei prüft das Gericht anhand der Aktenlage, wer nach dem Aktenstand das Verfahren gewonnen hätte. In begrenztem Umfang darf das Gericht dabei die nicht erhobenen, aber angetretenen Beweise würdigen, "antizipieren". Nur in Ausnahmefällen wird es eine Beweisaufnahme durchführen, um über die Kosten entscheiden zu können.
Beispiel:
A verklagt B auf Zahlung von 6.000,00 EUR Kaufpreis. B bestreitet den Anspruch, indem er unter Beweisantritt Sachmängel einwendet und Rücktritt vom Kaufvertrag geltend macht.
A bestreitet die Sachmängel unter Beweisantritt. Nunmehr bezahlt B und beide Prozessparteien erklären den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.
Das Gericht muss nunmehr gem. § 91a ZPO über die Verfahrenskosten entscheiden. Es wird sich hierfür zunächst die Beweislasten verdeutlichen. Danach hätte B bei einem Fortgang des Verfahrens die behaupteten Sachmängel beweisen müssen. Einen Beweis hat er hierfür angeboten. A hatte einen Gegenbeweis angeboten, so dass der Verfahrensausgang völlig offen gewesen wäre. Das Gericht würde bei einer solchen Konstellation die Kosten vermutlich zu je 50 % auf die Parteien verteilen.
Rz. 9
Die Kostenentscheidung ergeht im Fall der beiderseitigen Erledigungserklärung durch Beschluss. Schweigt der Empfänger einer Erledigungserklärung, wird seine Zustimmung fingiert, sofern die Voraussetzungen des § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO vorliegen.
IV. Einseitige Erledigungserklärung
Rz. 10
Anders ist die rechtliche Situation, wenn nur der Kläger die Erledigung erklärt, der Beklagte ihr jedoch widerspricht. In diesem Fall spricht man von der einseitigen Erledigungserklärung. Diese kann nur vom Kläger ausgesprochen werden. Eine einseitige Erledigungserklärung durch den Beklagten ist wirksam nicht möglich, da der Kläger über den Streitgegenstand disponieren darf, nicht aber der Beklagte, der nach zivilprozessualen Grundsätzen insoweit in eine passive Stellung gedrängt ist.
Rz. 11
Liegt nur eine einseitige Erledigungserklärung vor, ist kein Fall des § 91a ZPO gegeben. Die Rechtsprechung behandelt die einseitige Erledigungserklärung vielmehr als sachdienliche und daher zulässige Klageänderung. Die Erledigungserklärung wird dahin ausgelegt, dass der Kläger nunmehr statt des bisherigen Klageziels den Antrag auf Feststellung stellt, dass die Klage in der Hauptsache erledigt sei. Der bisherige Klageantrag wa...