A. Einführung
Rz. 1
Die Erbengemeinschaft ist gem. § 2032 Abs. 2 BGB auf Auseinandersetzung angelegt. Befindet sich im Vermögen des Erblassers ein Gesellschaftsanteil und will er diesen einer Erbenmehrheit zukommen lassen, so steht der Auseinandersetzungsgedanke der Erbengemeinschaft regelmäßig im Gegensatz zum Charakter der werbenden Gesellschaft.
Rz. 2
Diese Ausgangslage wirft für alle Gesellschaften die folgenden Fragen auf:
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Wie ist die Stellung der Erben untereinander, insbesondere wenn einzelne Erben nicht an dem Anteil der Gesellschaft teilhaben oder teilhaben dürfen? |
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Wie ist die Stellung der Erben gegenüber den übrigen Gesellschaftern bzw. der Gesellschaft? |
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Wie ist die Stellung der Erben gegenüber Dritten, z.B. Gläubigern der Gesellschaft oder dem Testamentsvollstrecker? |
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Keine ausdrücklich gesellschaftsrechtliche Frage ist die nach der inneren Organisation der Erbengemeinschaft, soweit dies keine Auswirkung auf zum Nachlass gehörende Gesellschaftsanteile hat. Zusammenfassende Ausführungen hierzu macht Bonefeld. |
B. Personengesellschaften
Rz. 3
Durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG) v. 10.8.2021 wurde mit seinem Inkrafttreten am 1.1.2024 das Recht der Personengesellschaften auch in Bezug auf die Fragen der Erbengemeinschaft geändert. Die nachfolgenden Darstellungen erfolgen auf Basis der neuen Rechtslage.
I. BGB-Gesellschaft
1. Arten der BGB-Gesellschaft
Rz. 4
Die BGB Gesellschaft kommt nun als rechtsfähige Gesellschaft (§§ 706–739 BGB) oder nicht rechtsfähige Gesellschaft (§§ 740–740c BGB) vor. Die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft hängt gem. § 705 Abs. 2 BGB n.F. vom gemeinsamen Willen der Gesellschafter ab. Soll sie am Rechtsverkehr teilnehmen, kann sie selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen und ist rechtsfähig. Dient sie nur der Regelung der Rechtsverhältnisse der Gesellschafter untereinander, ist sie nicht rechtsfähig. Gem. § 705 Abs. 3 BGB n.F. wird eine Rechtsfähigkeit vermutet, wenn die Gesellschaft ein Unternehmen unter gemeinschaftlichem Namen betreibt.
Rechtsfähige BGB-Gesellschaften können sich erstmals auch in ein Register eintragen lassen (§ 707 BGB n.F.).
a) Nicht rechtsfähige BGB-Gesellschaft
Rz. 5
Grundsätzlich sind Anteile an einer nicht rechtsfähigen BGB-Gesellschaft nicht vererblich, denn die Gesellschaft wird mit dem Tod eines Gesellschafters gem. § 740a Abs. 1 Nr. 3 BGB n.F. (§ 727 Abs. 1 BGB a.F.) aufgelöst.
Rz. 6
Diese gesetzliche Regelung ist allerdings dispositiv. Der Gesellschaftsvertrag kann gem. § 740c Abs. 1 BGB n.F. eine Fortsetzung bei Eintritt eines Beendigungsgrundes, also auch bei Tod eines Gesellschafters vorsehen.
Die Gesellschaft wird fortgesetzt, wenn der Gesellschaftsvertrag die Vererblichkeit der Anteile bestimmt oder die Fortsetzung unter den verbleibenden Gesellschaftern vorsieht. In diesem Fall steht den Erben eine Abfindung gem. §§ 740c Abs. 2 i.V.m. 728 Abs. 1 S. 1 BGB n.F. (§ 738 Abs. 1 S. 2 BGB a.F.) zu.
Sieht der Gesellschaftsvertrag die Vererblichkeit des Anteils vor, sind unterschiedliche Varianten denkbar. Die einzelnen Klauseln sind im "Exkurs: Nachfolgeklauseln" (siehe Rdn 144) beschrieben. Die möglichen Nachfolgeklauseln sind für alle Personengesellschaften gleich. Das MoPeG hat insoweit keine Rechtsänderung herbeigeführt.
b) Rechtsfähige BGB-Gesellschaft
Rz. 7
Anders als bei der nicht rechtsfähigen BGB-Gesellschaft und anders als nach bisheriger Rechtslage gem. § 727 Abs. 1 BGB a.F. scheidet der verstorbene Gesellschafter bei der rechtsfähigen BGB-Gesellschaft gem. § 723 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. aus der Gesellschaft aus. Den Erben steht gem. § 728 Abs. 1 S. 1 BGB n.F. eine Abfindung zu.
Rz. 8
Auch bei der rechtsfähigen BGB-Gesellschaft besteht weitgehende Gestaltungsfreiheit, sodass mit entsprechenden Nachfolgeklauseln (siehe Rdn 144) abweichende Regelungen vereinbart werden können.
2. Sondererbfolge
Rz. 9
Führt eine Nachfolgeklausel dazu, dass eine Erbenmehrheit Nachfolger eines Gesellschaftsanteils ist, wird nicht diese Inhaber des Gesellschaftsanteils, sondern gem. § 711 Abs. 2 S. 2 BGB n.F. jeder Miterbe entsprechend seiner Erbquote (Sondererbfolge). Diese Folge war gefestigte Rechtsprechung des BGH nach der Rechtslage vor Geltung des MoPeG und ist jetzt ausdrücklich durch den Gesetzgeber geregelt worden. Möglicherweise offen ist, ob diese Regelung dispositives Recht darstellt und insoweit im Gesellschaftsvertrag vom System der Sondererbfolge abgewichen werden kann (so Schöne). Schöne entwickelt seine Auffassung insbesondere auf Basis seiner Auffassung zu der Regelung des § 711 Abs. 1. S. 2 BGB n.F., wonach die Gesellschaft keine eigenen Anteile halten kann. Angesichts der Ausführungen in der Begründung zum Regierungsentwurf des MoPeG zur klarstellenden Funktion dieser Regelung bleibt abzuwarten, ob sich Literatur und Rechtsprechung dieser Auffassung anschließen werden.
Rz. 10
Nach der Entscheidung des BGH vom 29.1.2001 zur Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft hat der Gesetzgeber mit dem MoPeG nunmehr die gesetzlichen Grundlagen angepasst und die Rechts...