I. Internationales Erbrecht
1. Europäische Erbrechtsverordnung
Rz. 235
Für ab dem 17.8.2015 eingetretene Erbfälle ist in Kroatien das Erbstatut nach den Vorschriften der EuErbVO zu bestimmen. Für die Formwirksamkeit eines Testaments gilt vorrangig das Haager Testamentsformübereinkommen vom 5.10.1961, welches für Kroatien zum 19.12.1971 in Kraft getreten ist.
2. Auf vor dem 17.8.2015 eingetretene Erbfälle anwendbares Recht
Rz. 236
Nach Ablösung Kroatiens aus der damaligen SFR Jugoslawien ist durch Gesetz vom 8.10.1991 das Jugoslawische Gesetz zur Lösung von Gesetzeskollisionen mit den Vorschriften anderer Staaten für bestimmte Verhältnisse (IPRG) vom 15.7.1982 (siehe Rdn 422) in das kroatische Recht übernommen worden. Es galt also gem. Art. 30 IPRG das Heimatrecht des Erblassers als Erbstatut. Auch das Haager Testamentsformübereinkommen vom 5.10.1961, dessen Bestimmungen in Art. 31 des IPRG inkorporiert sind, galt durch Erklärung der Republik Kroatien vom 5.4.1993 fort.
II. Gesetzliche Erbfolge
Rz. 237
Am 3.10.2003 ist in Kroatien ein Erbgesetz in Kraft getreten, welches das alte Gesetz von 1955 abgelöst hat.
Rz. 238
Erben erster Ordnung sind gem. Art. 9 ErbG die Abkömmlinge des Erblassers. Es tritt Erbfolge nach Stämmen ein (Art. 10 f. ErbG). In zweiter Ordnung erben Eltern bzw. deren Abkömmlinge. In dritter und vierter Ordnung erben jeweils die Großeltern oder die Urgroßeltern bzw. deren Abkömmlinge.
Rz. 239
Der überlebende Ehegatte erbt mit Kindern des Erblassers zu gleichen Teilen nach Köpfen, Art. 10 Abs. 2 ErbG. In der zweiten Ordnung erhält der Ehegatte die Hälfte des Nachlasses, die andere Hälfte geht an die Eltern des Erblassers zu gleichen Teilen. Sind beide Eltern vorverstorben, so wird der Ehegatte gesetzlicher Alleinerbe (Art. 13 Abs. 2 ErbG). Neben Angehörigen des Erblassers, die zur dritten Ordnung gehören würden, ist der Ehegatte Alleinerbe.
Dem Ehegatten steht seit dem 1.9.2014 der gleichgeschlechtliche Partner aus einer eingetragenen Lebenspartnerschaft im gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrecht gleich.
Rz. 240
Voraussetzung für das Bestehen des gesetzlichen Erbrechts wie auch des Pflichtteilsrechts ist, dass die eheliche Lebensgemeinschaft zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht bereits durch beiderseitiges Einvernehmen oder durch das schuldhafte Verhalten des überlebenden Ehegatten dauerhaft beendet war, Art. 25 Abs. 2 Nr. 3 ErbG.
Rz. 241
Dem Ehegatten erbrechtlich gleichgestellt ist nach dem neuen ErbG der überlebende Lebensgefährte aus einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Voraussetzung für das Vorliegen einer entsprechenden Lebensgemeinschaft ist das Bestehen der Lebensgemeinschaft über einen längeren Zeitraum (mindestens drei Jahre) oder es wurde ein gemeinsames Kind geboren, die Lebensgemeinschaft wurde erst durch den Tod des Erblassers beendet und es liegen sämtliche materiellen Voraussetzungen für das Eingehen einer Ehe vor. Für den Partner einer eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft wurde durch das am 1.9.2014 in Kraft getretene Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft ein gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht geschaffen.
III. Pflichtteilsrecht
Rz. 242
Der Pflichtteil gewährt eine unmittelbare dingliche Beteiligung in Höhe der Noterbquote am Nachlass, Art. 70 ErbG. Die Pflichtteilsquote beträgt für leibliche und adoptierte Abkömmlinge und den (vom Erblasser nicht faktisch getrennt lebenden, siehe Rdn 240) Ehegatten, den Partner aus einer gesetzlich anerkannten verschiedengeschlechtlichen nichtehelichen Lebensgemeinschaft sowie seit dem 1.9.2014 den Partner aus einer eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Die Eltern gehören nach dem neuen ErbG nicht mehr absolut zu den Pflichtteilsberechtigten. Sie können allenfalls bei Bedürftigkeit Ansprüche gegen den Nachlass geltend machen (relative Pflichtteilsberechtigung), soweit sie zur gesetzlichen Erbfolge berufen wären. Der Pflichtteil der Aszendenten beträgt dann ein Drittel des gesetzlichen Erbteils. Scheidet ein Pflichtteilsberechtigter kraft Ausschlagung oder aus anderem Grund aus, wächst sein Anteil dem anderen Pflichtteilsberechtigten nicht zu.
Rz. 243
Der Ehegatte sowie die mit dem Erblasser gemeinsam lebenden Abkömmlinge erhalten den zur Befriedigung der täglichen Bedürfnisse dienenden Hausrat – soweit dieser nicht erheblichen Wert hat – als gesetzlichen Voraus, ohne dass dieser bei der Berechnung des Pflichtteils einbezogen oder angerechnet wird, Art. 38 ErbG. Auch können Abkömmlinge, die mit dem Erblasser gemeinsam gewirtschaftet haben, vorab einen Ausgleich für den Wert verlangen, um den ihre (Mit-)Arbeit das Vermögen des Erblassers erhöht hat, Art. 37 ErbG. Lebten die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft, ist das eheliche Gesamtgut vor Nachlassauseinandersetzung zu teilen.
Rz. 244
Zur Berechnung des Pflichtteils werden dem N...