Rz. 140
Die Bemessung der family provision für den überlebenden Ehegatten bzw. den Partner aus der civil partnership erfolgt – zusätzlich zu den allgemeinen Richtlinien – unter Berücksichtigung seines Alters und der Dauer der Ehe sowie des Beitrags des überlebenden Ehegatten zum Wohl der Familie – wobei an die Leistungen der Hausfrau gedacht ist, die insoweit auf einen Ausgleich durch den alleinverdienenden Ehegatten angewiesen ist. Bei Ermittlung, welche Zuwendung "angemessen" ist, muss des Weiteren berücksichtigt werden, dass die Eheleute getrennt leben, auf wessen Verhalten die Trennung zurückzuführen ist etc.
Beispiel
In Re Bonassera hatte der Erblasser mit 50 Jahren in zweiter Ehe eine junge Frau geheiratet, die ihn später verließ. Der Erblasser vermachte sein Vermögen je zur Hälfte seiner späteren Lebensgefährtin und seinen Kindern aus erster Ehe. Das Gericht nahm eine moralische Verpflichtung des Erblassers an, seiner Ehefrau zumindest "ein wenig" zu hinterlassen und sprach ihr aus dem Nachlass im Wert von 22.000 £ einen Betrag von 2.000 £ zu.
Rz. 141
Die Unterhaltsbedürftigkeit ist nicht entscheidend. Wesentlich für die Bemessung des Anspruchs der Ehefrau ist mittlerweile die Überlegung, dass der verwitwete Ehegatte bei Auflösung der intakten Ehe durch Tod nicht schlechter als bei einer Scheidung stehen darf. Anhaltspunkt für die Bemessung ist daher, was der Überlebende erhielte, wenn die Ehe nicht durch Tod, sondern durch Scheidung aufgelöst worden wäre (sog. imaginary divorce guideline).
Rz. 142
Sect. 25 Matrimonial Causes Act 1973 ermächtigt die Gerichte bei Scheidung zur Teilung des ehelichen Vermögens nach billigem Ermessen, um dem weniger vermögenden bzw. einkommensschwächeren Ehegatten Lebensunterhalt und Lebensstandard zu sichern. Nachdem bislang zumindest bei größeren Vermögen die Zuweisung von Vermögen anhand der Wohnungsbedürfnisse und einer kapitalisierten Unterhaltsrente erfolgte, scheint die Rechtsprechung mittlerweile zur Teilung des Vermögens zu gleichen Teilen zu tendieren. Dabei wird zwischen in die Ehe eingebrachtem bzw. ererbtem und während der Ehe erarbeitetem Vermögen regelmäßig nicht unterschieden.
Beispiel
In Re Bestermann hatte der wohlhabende Verstorbene seiner Ehefrau während achtzehnjähriger Ehe einen hohen Lebensstandard geboten. Er vermachte sein Vermögen von 1,5 Mio. £ im Wesentlichen wohltätigen Einrichtungen und setzte seiner Witwe eine Rente i.H.v. jährlich 3.500 £ aus. Auf ihre Klage wurde ihr family provision i.H.v. 259.000 £ zugesprochen. Sie legte Berufung ein, da sie im Fall einer Scheidung 350.000 £ erhalten hätte. Das House of Lords erhöhte daraufhin den Betrag auf 378.000 £. Das Gericht führte aus, die Vermögensteilung im Scheidungsfall sei nur einer von mehreren Faktoren. Es wäre merkwürdig, wenn ein Ehegatte nach glücklicher Ehe und einwandfreiem Verhalten weniger erhielte als nach einer Ehe, die – vielleicht sogar aufgrund eigenen Fehlverhaltens – in Scheidung und Streit endet.
Rz. 143
Diese Regeln gelten auch für Eheleute, die bereits rechtskräftig getrennt sind. Gem. Sect. 15 Inheritance Act kann das Gericht bei gerichtlicher Trennung der Eheleute auf Antrag das Recht eines Ehegatten, nach dem Tod des anderen family provision zu beantragen, durch Beschluss ausschließen.