I. Internationales Erbrecht
Rz. 23
Auch wenn das Königreich Dänemark Teil der Europäischen Union ist, so nimmt Dänemark an den Maßnahmen der EU auf dem Gebiet der justiziellen Zusammenarbeit nicht teil. Daher ist auch die Europäische Erbrechtsverordnung für Dänemark nicht in Kraft (vgl. EG 83 EuErbVO). Das betrifft dann vor allem die Regeln über das Europäische Nachlasszeugnis und die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen. Die Rechtsanwendung freilich dürfte sich wegen der inhaltlichen Übereinstimmung von Wohnsitz im dänischen Recht und gewöhnlichem Aufenthalt i.S.d. EuErbVO regelmäßig weitgehend decken. Unterschiede können sich allerdings aus den fehlenden Rechtswahlmöglichkeiten im dänischen Erbkollisionsrecht und der ungesicherten Anknüpfung bei Verfügungen von Tode wegen ergeben.
Rz. 24
Das internationale Erbrecht ist in Dänemark nicht kodifiziert. Das Erbstatut wird nach ständiger Rechtsprechung und Lehre an den Wohnsitz des Erblassers angeknüpft. Der Wohnsitz befindet sich dort, wo sich der Erblasser tatsächlich gewöhnlich aufgehalten hat. Für die Verlegung des Wohnsitzes muss der tatsächliche Aufenthalt in ein anderes Land verlegt werden – nicht unbedingt an einen bestimmten Ort – verbunden mit einem Bleibewillen. Allerdings kommt dem subjektiven Element in der Praxis keine besondere Bedeutung zu. Die Rechtsprechung stellt darauf ab, was üblicherweise für Personen in der gleichen Lage gelten würde; persönliche Absichten oder Erklärungen sind allenfalls einige Faktoren von mehreren. Bei Wohnungen in mehreren Staaten entscheidet, zu welcher nach Abwägung aller Umstände die engste Verbindung besteht.
Rz. 25
Eine Durchbrechung der sich hieraus ergebenden Nachlasseinheit tritt ggf. bei erbrechtlichen Sonderregeln für landwirtschaftliche Anwesen zugunsten des Belegenheitsrechts ein ("Erbhofgesetze").
Rz. 26
Rück- und Weiterverweisungen werden aus dänischer Sicht nicht beachtet. Verstirbt ein Däne mit letztem Wohnsitz in Deutschland, kommt somit aus dänischer Sicht selbst dann deutsches Erbrecht zur Anwendung, wenn der Däne im Testament die Erbfolge seinem dänischen Heimatrecht unterstellt hatte.
Rz. 27
Das Erbstatut regelt umfassend die gesetzliche und die testamentarische Erbfolge, Pflichtteile, Nachlassverteilung etc. Insbesondere wird auch das Recht des überlebenden Ehegatten, den Besitz am ehelichen Gesamtgut weiterhin auszuüben, erbrechtlich qualifiziert. Testierverträge sind auch dann wirksam, wenn sie dem Wohnsitzrecht zum Zeitpunkt des Abschlusses entsprachen.
Rz. 28
Für die Formwirksamkeit eines Testaments gilt das Haager Testamentsformübereinkommen vom 5.10.1961, welches für das Königreich Dänemark zum 19.9.1976 in Kraft getreten ist.
II. Gesetzliche Erbfolge
Rz. 29
Gesetzliche Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge. Eheliche und uneheliche Abkömmlinge erben zu gleichen Teilen. In zweiter Ordnung folgen die Eltern, in dritter die Großeltern, Repräsentation und Erbfolge nach Stämmen treten ein. Über die dritte Ordnung hinaus gibt es keine gesetzliche Verwandtenerbfolge.
Rz. 30
Der überlebende Ehegatte ist neben Erben der zweiten und dritten Ordnung gesetzlicher Alleinerbe. Neben Abkömmlingen wird er seit der Erbrechtsreform von 2007 Erbe mit einer Quote von ein Halb. Hinzu kommt, dass er – vorausgesetzt, es galt der gesetzliche Güterstand der Allgemeinen Gütergemeinschaft dänischen Rechts – nicht nur die ihm zustehende Hälfte des ehelichen Gesamtgutes erhält, sondern auch die dem Verstorbenen zustehende Hälfte des Gesamtgutes übernehmen kann (uskiftet bo – "fortgesetzte Gütergemeinschaft"). Die Teilung des Gesamtgutes wird dann auf seinen Tod bzw. seine Wiederverheiratung aufgeschoben. Der Ehegatte erhält so faktisch die Position eines Vorerben. Allein Abkömmlinge des Erblassers, die nicht auch Abkömmlinge des überlebenden Ehegatten sind (also die sog. Stiefkinder), können die sofortige Teilung des Gesamtgutes verlangen. Schließlich hat der Ehegatte Anspruch auf den Hausrat als Voraus.
Dem Ehegatten erbrechtlich gleich steht der gleichgeschlechtliche Partner in einer registrierten Lebenspartnerschaft wie auch der Ehegatte aus einer gleichgeschlechtlichen Ehe.