Rz. 150
Antragsberechtigt sind auch Stiefkinder, also Personen, die nicht Kind des Erblassers sind, von diesem jedoch im Hinblick auf seine Ehe mit dessen Elternteil wie ein Familienmitglied behandelt wurden. Die meisten gerichtlichen Entscheidungen betreffen hier die gesetzliche Erbfolge, da Stiefkinder bei der gesetzlichen Erbfolge leer ausgehen. Im Rahme der testamentarischen Erbfolge hingegen hätte eine Klage wenig Aussicht, da Stiefkinder im Rahmen der family provision nicht besser behandelt werden können als leibliche Kinder.
In Re Callaghan erhielt der Stiefsohn, der zusammen mit seiner Ehefrau den Stiefvater die letzte Zeit seines Lebens versorgte, 15.000 £ aus dem Nachlass von 31.000 £ zugesprochen. Gesetzliche Erben waren die drei Schwestern des Erblassers geworden.
In Re Leach erhielt die Klägerin die Hälfte des Nachlasses ihrer Stiefmutter, da diese der Klägerin gegenüber vor und nach dem Tod des Vaters elterliche Verpflichtungen und Vorteile ausgeübt hatte. Vor großer Bedeutung für die Entscheidung war wohl auch, dass die Stiefmutter den gesamten Nachlass des vorverstorbenen Vaters der Klägerin geerbt hatte.
Rz. 151
Klageberechtigt sind auch "andere Personen, die vom Erblasser vollständig oder teilweise ihren Unterhalt erhielten". "Unterhalt erhalten" bedeutet nach Sect. 1 (3) Inheritance Act, dass der Erblasser einen erheblichen Geldbeitrag oder geldwerten Beitrag zu den Bedürfnissen dieser Person leistete, ohne eine gleichwertige Gegenleistung zu erhalten. Diese Bestimmung bezog sich bis zum 1.1.1996 praktisch zumeist auf nichteheliche Lebenspartner. Geblieben sind die Fälle der entfernten Verwandten und Freunde. Ausgeschlossen sind dabei die Fälle der Haushaltsgemeinschaft, in denen die Lebenshaltungskosten gleichmäßig geteilt worden oder ein Teil durch Haushaltstätigkeit etc. einen der Leistung des anderen entsprechenden Beitrag geleistet hat. Dabei hat das Gericht gem. Art. 3 (4) Inheritance Act insbesondere zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß und über welche Dauer der Verstorbene die Unterhaltspflicht übernahm.
Rz. 152
Praxishinweis
Das Zwiespältige an dieser Kategorie ist, dass der Erblasser für seine lebzeitige Großzügigkeit bestraft wird, indem der verfügbare Nachlass nochmals belastet wird. Um die Unterstellung einer "moralischen Pflicht" zur letztwilligen Zuwendung an den Unterhaltenen durch das Gericht zu vermeiden, wird daher empfohlen, von Anfang an klarzustellen, dass die Gewährung des Unterhalts ohne Übernahme einer Verpflichtung erfolge, oder aber mit dem Empfänger ausdrücklich zu vereinbaren, dass jeder von ihnen frei sei, nach Belieben über sein Vermögen von Todes wegen zu verfügen.