Rz. 153
Aus Billigkeitsgründen, insbesondere aber auch, um Umgehungen vorzubeugen, sieht der Inheritance Act eine Reihe von Hinzurechnungen zum Nachlass vor, durch die der für die Anordnung von family provision zur Verfügung stehende Nachlass wieder aufgefüllt wird. Die zunehmend großzügigere Handhabung der family provision durch die Gerichte wird voraussichtlich dazu führen, dass auch die Umgehungsregeln (anti-avoidance provisions) ausgebaut werden. Bislang wird folgendes Vermögen erfasst:
Rz. 154
Hat der Erblasser innerhalb von sechs Jahren vor dem Erbfall mit der Absicht, einen Antrag auf family provision zu vereiteln, über Vermögen verfügt, ohne dass von dem Empfänger oder einer anderen Person eine gleichwertige Gegenleistung erbracht wurde, kann das Gericht anordnen, dass der Empfänger einen Geldbetrag oder Gegenstand für die family provision zur Verfügung stellt, soweit dies die Gewährung von family provision erleichtert. Die Absicht, die Gewährung von family provision zu vereiteln, wird vermutet, wenn das Gericht nach Abwägung aller Möglichkeiten zu dem Schluss kommt, dass es – nicht notwendigerweise einzige – Absicht des Erblassers war, die Gewährung von family provision zu vermeiden oder zumindest den Betrag der family provision zu vermindern. Dabei hat das Gericht zu berücksichtigen, unter welchen Umständen die Schenkung erfolgte, ob irgendwelche Gegenleistungen erfolgten, wie die finanziellen Verhältnisse des Beschenkten sind etc. Nicht erforderlich ist, dass der Beschenkte die Zuwendung noch besitzt. Unwahrscheinlich sei eine entsprechende Anordnung z.B. auch, wenn der Sohn ein Unternehmen erhielt, das er mit dem Erblasser zusammen aufgebaut hatte. Rechtsprechung zu diesem Umgehungstatbestand liegt kaum vor. Für die Berechnung der Sechs-Jahres-Frist ist auf den Abschluss des Schenkungsvertrages abzustellen. Lediglich dann, wenn kein formaler Vertrag geschlossen wurde, kommt es auf den Zeitpunkt der Verfügung an. Die Weiternutzung des Vermögens durch den Erblasser hindert den Lauf der Frist nicht.
Rz. 155
Praxishinweis
Vereinbarungen, durch die Verbindlichkeiten begründet werden, werden nicht erfasst. Auch der Verzicht auf eine günstige Geschäftsgelegenheit zugunsten eines anderen wird nicht erfasst.
Rz. 156
Die Verpflichtung des Bedachten ist bei Zuwendung von Geld auf den zugewandten Betrag beschränkt. Vom Empfänger gezahlte Schenkungsteuer ist abziehbar. Gezogene Zinsen und Nutzungen sind nicht zu erstatten. Bei Zuwendung von anderem Vermögen als Geld ist der Wert zum Zeitpunkt des Erbfalls ausschlaggebend abzüglich gezahlter Erbschaftsteuer. Hat der Beschenkte den Gegenstand veräußert, wird der Wert des Gegenstands bei Veräußerung angerechnet.
Rz. 157
Praxishinweis
Diese Bewertungsregeln bieten Schlupflöcher:
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Will der Beschenkte eine Weltreise machen, müsste er das Geld, welches er hierfür vom Erblasser erhält, eventuell zurückzahlen. Schenkt ihm der Erblasser dagegen die Fahrkarten, sind diese nach der Reise wertlos. Eine Hinzurechnung zum Nachlass würde ausscheiden. |
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Will der Erblasser einen Gegenstand verschenken, der im Wert steigen wird, wird empfohlen, dem Begünstigten Geld zu schenken, mit dem er sich diesen vom Erblasser kaufen kann. |
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Es wird versucht, eine Sachgesamtheit, die einen besonderen Wert hat (Unternehmen mit Goodwill), dem Empfänger mit ihren Einzelbestandteilen einzeln je zu ihrem jeweiligen Teilwert zu verkaufen. Da es eine Zusammenfassung aufeinander bezogener Geschäfte im Inheritance Act nicht gebe, könne so die Differenz zwischen Wert der Sachgesamtheit und der Summe der Einzelwerte definitiv zugewandt werden. |
Rz. 158
Unter vergleichbaren Voraussetzungen kann das Gericht auf Vermögen zurückgreifen, über das der Erblasser mit der Absicht, einen Antrag auf family provision zu vereiteln, einen Testiervertrag (contract to leave property by will) abgeschlossen hatte, ohne dass von dem Empfänger oder einer anderen Person eine gleichwertige Gegenleistung erbracht wurde.
Rz. 159
Geld oder andere Sachen, die Gegenstand einer vom Erblasser vorgenommenen Schenkung von Todes wegen (donatio mortis causa) sind, werden als Nachlass behandelt.
Rz. 160
Bei der joint tenancy wird ein Vermögensgegenstand von mehreren Personen in der Weise gemeinschaftlich erworben, dass dem Überlebenden mit dem Tod des anderen das Eigentum an dem Gegenstand anwächst. Verbreitet ist diese Rechtsfigur beim gemeinschaftlichen Erwerb einer Wohnimmobilie durch Ehegatten. Der Anteil des Verstorbenen geht dann außerhalb des Nachlasses auf den anderen über. Gem. Sect. 9 Inheritance Act kann das Gericht anordnen, dass ein dem Wert der Beteiligung des Erblassers vor seinem Tode entsprechender Anteil in nach Ermessen vom Gericht festgesetzter Höhe als Bestandteil des Nachlasses behandelt wird.
In Powell v. Osbourne war der Anteil des Erblassers aufgrund einer Belastung des Grundstücks durch eine Hypothek nahezu wertlos. Da die Hypothek aber durch eine Leb...