Rz. 167
Die family provision ist höchstpersönliches Recht. Sie ist nicht vererbbar. Nach der Rechtsprechung erlischt der Anspruch, wenn der Berechtigte vor Erlass einer entsprechenden gerichtlichen Anordnung verstirbt.
Rz. 168
Die Frist für die Erhebung der Klage auf family provision beträgt sechs Monate nach Erteilung des grant für den personal representative. Grund für diese kurze Frist ist, dass der personal representative innerhalb absehbarer Zeit wissen muss, ob er den Nachlass entsprechend der gesetzlichen bzw. testamentarischen Erbfolge den Begünstigten auskehren kann oder Rückstellungen für die Klage bilden muss. Eine verspätete Klage kann nach Ermessen des Gerichts dennoch zugelassen werden, wenn die Klage noch vor Ablauf der Frist angekündigt hat, rechtzeitig Verhandlungen aufgenommen wurden oder die Beklagten verhandelt haben, ohne den Ablauf der Frist zu rügen. Dieser Punkt ist für den Anwalt haftungsträchtig, da ein Schadensersatzanspruch des Anspruchsberechtigten gegen seinen Anwalt regelmäßig Grund ist, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu verweigern.
Rz. 169
Gem. Sect. 2 (1) (f) Inheritance Act kann das Gericht durch Anordnung einen vor oder nach der Heirat geschlossenen Ehevertrag abändern. Daraus ergibt sich zunächst, dass ein vertraglicher Verzicht auf family provision unter Eheleuten für das Gericht nicht bindend ist. Des Weiteren kann man hieraus schließen, dass auch eine mittelbare Steuerung der family provision auf güterrechtlichem Wege – sei es durch ehevertragliche Minderung der Ansprüche des überlebenden Ehegatten für den Fall einer Scheidung, sei es durch Erhöhung der güterrechtlichen Beteiligung des Ehegatten und damit einhergehende Minderung des für family provision verfügbaren Nachlassmasse (also zum Nachteil der anderen Angehörigen) – ausscheidet. Freilich ließe sich auf diesem Wege die Höhe der family provision zumindest beeinflussen, denn das Gericht wird einen ihm angemessen erscheinenden Ehevertrag, auch wenn dieser das Gericht nicht bindet, zunächst einmal als wirksam behandeln und nur insoweit eingreifen, wie dieser eine gewisse Toleranzschwelle übersteigt.
In Re Marquis’ Estate hatten im vorgerückten Alter verheiratete Eheleute vereinbart, dass mit ihrem Ableben ihr Vermögen jeweils den eigenen Kindern anfallen solle und sie sich gegenseitig nicht beerben. Nachdem der vorverstorbene Ehemann seiner Ehefrau testamentarisch nur einige persönliche Dinge hinterließ, klagte sie auf family provision. Die Klage wurde abgewiesen. Das Urteil war zwar von den Gerichten in New Brunswick auf der Basis des Rechts dieser kanadischen Provinz erlassen worden. Dennoch wird wohl auch ein englisches Gericht eine Vereinbarung respektieren, wenn sie fair erscheint und der Verzichtende im Erbfall nicht bedürftig ist.