Rz. 128
Die gesetzliche Erbfolge wird von den Rechten des überlebenden Ehegatten dominiert. Das gilt auch für den gleichgeschlechtlichen Ehegatten. Diese werden in England ausschließlich erbrechtlich abgefunden. Auf güterrechtlichem Wege erfolgt wie in Deutschland und in Österreich im Todesfall kein Ausgleich des während der Ehe Erzielten. Dem Ehegatten rechtlich gleichgestellt ist der Partner aus einer gleichgeschlechtlichen civil partnership. Ihre Erbteile setzen sich dann wie folgt zusammen:
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Die personal chattels des Erblassers. Das sind nicht nur die "Haushaltsgegenstände", sondern nahezu alle (beweglichen) Gegenstände, die sich in dem Haushalt eines mittleren Bürgers finden. Das Gesetz zählt in nicht mehr ganz zeitgemäßer Weise u.a. Wagen und Autos, Haustiere, das Haussilber, Porzellan, Mobiliar, Bilder, Schmuck, Essensvorräte etc.auf. Ausgenommen sind lediglich die für berufliche Zwecke genutzten Gegenstände und Geld sowie Finanzanlagen. Auch ein Wohnhaus und andere Immobilien sind ausgenommen. Die Rechtsprechung tendiert zu einer großzügigen Auslegung und nahm z.B. in Re Crispin’s Will Trusts eine Sammlung von Uhren im Wert von 51.000 £ auf – bei einem Gesamtwert des Nachlasses von 83.000 £. Erfasst wird also im Wesentlichen das gesamte private bewegliche Vermögen, ausgenommen Finanzanlagen und Betriebsvermögen. |
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Ein fester Geldbetrag (statutory legacy). Der Betrag wird regelmäßig der Wertentwicklung angepasst. Durch Anpassung zum 1.2.2009 wurde der Betrag auf 250.000 £ und zum 6.2.2020 auf 270.000 £ für die Fälle angehoben, in denen der Ehegatte mit Kindern oder anderen Abkömmlingen erbt. Für den Fall, dass der Erblasser keine Abkömmlinge hinterlassen hat, wird nun kein Betrag mehr festgesetzt, da der überlebende Ehegatte in diesem Fall den gesamten Nachlass erhält. Der Betrag ist vom Tod des Erblassers an bis zur Auszahlung mit 6 % zu verzinsen. |
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Ein Nießbrauch (life interest) an der Hälfte des verbleibenden Nachlasses. Da der überlebende Ehegatte gleichzeitig zum administrator zu bestellen ist (siehe Rdn 134) und diese Hälfte Zeit seines Lebens verwaltet, entspricht die Rechtstellung weitgehend einer Vorerbschaft nach deutschem Recht. Der Ehegatte kann auch den kapitalisierten Wert des Nießbrauchs verlangen. |
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Für die Zeit vom 1.10.2014 an erhält der Ehegatte dann, wenn der Erblasser keine Abkömmlinge hinterlassen hat, den gesamten Nachlass. Er schließt also die Eltern und alle Verwandten weiteren Grades von der gesetzlichen Erbfolge aus. Diese können dann allenfalls family provision gegen den Nachlass geltend machen. Gleiches gilt für Abkömmlinge, die aus der gesetzlichen Erbfolge nichts erhalten, weil der gesetzliche Anspruch des überlebenden Ehegatten betragsmäßig bereits den gesamten Nachlass ausschöpft. |
Rz. 129
Das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatten entfällt, wenn dieser den Erblasser nicht um mindestens 28 Tage überlebt. Den Rest – also die andere Hälfte des Restnachlasses sowie die dem überlebenden Ehegatten als life interest zugefallene Hälfte nach dessen Tod – erben die Abkömmlinge des Erblassers. Erbfolge nach Stämmen findet statt. Die Erbenstellung Minderjähriger ist auf den Fall auflösend bedingt, dass sie die Volljährigkeit nicht erreichen. Lebzeitige Geschenke des Erblassers werden auf den Erbteil nicht angerechnet.
Rz. 130
In den nächsten Ordnungen erben: die Eltern bzw. der überlebende Elternteil; vollbürtige Geschwister bzw. deren Abkömmlinge; der Ehegatte allein; halbbürtige Geschwister bzw. deren Abkömmlinge; Großeltern; vollbürtige bzw. halbbürtige Onkel und Tanten, mit Abkömmlingen. Schließlich fällt der Nachlass an die Krone.
Rz. 131
Nichteheliche Lebensgefährten haben kein gesetzliches Erbrecht, sind also insbesondere dem Ehegatten bzw. einem Partner aus einer gleichgeschlechtlichen civil partnership nicht gleichgestellt. Wohl aber können diese dann, wenn der Erblasser es versäumt hat, sie testamentarisch angemessen zu bedenken, gegen die gesetzlich erbenden Angehörigen des Erblassers unter bestimmten Voraussetzungen family provision einklagen (siehe Rdn 149).