Rz. 553
Der Pflichtteil besteht – wie im deutschen und österreichischen Recht – aus einer Geldforderung. Pflichtteilsberechtigt sind die Abkömmlinge und – bei Fehlen von Abkömmlingen – die Eltern, sowie der Ehegatte bzw. der eingetragene Lebenspartner. Der Pflichtteil beläuft sich für einen Abkömmling auf ein Drittel des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Auch die Eltern erhalten ein Drittel ihres hypothetischen gesetzlichen Erbteils als Pflichtteil. Dabei stellt das Recht auf das Rückfallgut gesondertes Vermögen dar. Der Pflichtteil wird gesondert berechnet und dem jeweiligen Elternteil zugeordnet, aus dessen Linie das Rückfallgut stammt.
Rz. 554
Erbt der Ehegatte mit Abkömmlingen des Erblassers, so erhält er als Pflichtteil ebenfalls ein Drittel des Wertes seines gesetzlichen Erbteils. Dazu kommt ein Nießbrauch an einem Teil der mit dem Erblasser gemeinsam bewohnten Wohnung und den dazu gehörenden Einrichtungsgegenständen, der in Bezug auf die vom überlebenden Ehegatten ererbten Gegenstände ausreicht, um dem überlebenden Ehegatten eine Fortsetzung des bisherigen Lebensstandars zu ermöglichen. Für den Umfang dieses "Not-Nießbrauchs" sind eigenes Vermögen und Arbeitseinkünfte des überlebenden Ehegatten zu berücksichtigen. Regelmäßig wird zumindest die im Nachlass befindliche Ehewohnung erfasst sein. Wenn der Ehegatte aufgrund Fehlens von Abkömmlingen im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge Miterbe oder gar Alleinerbe wäre, beläuft sich sein Pflichtteilsanspruch auf ein Drittel des ihm hypothetisch zustehenden gesetzlichen Erbteils. Ausgenommen ist das Rückfallgut, das er auch bei gesetzlicher Erbfolge nicht erhalten würde.
Rz. 555
Der nichteheliche Lebensgefährte hat beim Tod zwar güterrechtliche Ansprüche, kann aber kein Erbrecht geltend machen.
Rz. 556
Eine Entziehung des Pflichtteils ist nur in schweren Fällen (schwere Verfehlung gegen den Erblasser oder seinen Verwandten, grobe Verletzung der Unterhaltspflicht, Verurteilung zu einer mindestens fünfjährigen Freiheitsstrafe) möglich, indem der Grund für die Enterbung im Testament ausdrücklich genannt wird, § 7:78 ZGB.
Rz. 557
Lebzeitige Zuwendungen sind dem Nachlass gem. § 7:80 ZGB zur Berechnung des Pflichtteils zuzurechnen. Ausgenommen sind die Zuwendungen, die dem Unterhalt dienten, und mindestens fünfzehn Jahre vor dem Erbfall oder zu einem Zeitpunkt erfolgten, zu dem die Beziehung, die das Pflichtteilsrecht begründet, noch nicht bestand. Ausgeschlossen ist die Zurechnung jedoch für den Pflichtteils-Nießbrauch des überlebenden Ehegatten.
Rz. 558
Für den Pflichtteil haften zunächst die Erben und Vermächtnisnehmer, beschränkt auf den Nachlass, sowie die Pflichtteilsberechtigten nur vorbehaltlich des eigenen gesetzlichen Erbteils. Subsidiär können die Personen in Anspruch genommen werden, die in den letzten fünfzehn Jahren eine (ergänzungspflichtige) Schenkung vom Erblasser erhalten haben. Soweit der Nachlass benötigt wird, um den Not-Nießbrauch des überlebenden Ehegatten sicherzustellen, ist der entsprechende Teilbetrag dem Pflichtteilsberechtigten erst nach Erlöschen des Nießbrauchs auszuzahlen. Der Anspruch verjährt in fünf Jahren nach Eintritt des Erbfalls.
Rz. 559
Das ungarische Recht lässt gem. § 7:7 ZGB einen Erb- und Pflichtteilsverzicht mittels schriftlichen Vertrages zu. Der Verzicht wirkt auch für die Abkömmlinge des Verzichtenden, wenn dies entsprechend vereinbart war oder der Verzicht gegen eine vollwertige Abfindung erfolgt ist. Ein Verzicht kann auch zugunsten einer bestimmten zur Erbfolge berufenen Person erfolgen.