Dr. Joachim Wichert, Walter Krug
Rz. 15
Im Zusammenhang mit der Frage, wie man sich einer in einem Testament angeordneten Schiedsklausel entledigen kann und welche Folgen mit einer dementsprechenden Ausschlagungserklärung verbunden sind, ist zunächst zu klären, wie eine Schiedsklausel rechtsdogmatisch einzuordnen ist.
Handelt es sich bei der Schiedsklausel um eine Auflage, käme u.U. eine Ausschlagung i.S.v. § 2306 BGB in Betracht, ohne dass die Ausschlagung zum Verlust des Pflichtteilsrechts führen würde.
Bedeutung erlangt das Problem der Rechtsnatur auch für die Frage, ob eine Schiedsklausel als wechselbezügliche Verfügung nach § 2270 Abs. 3 BGB oder mit erbvertraglich bindender Wirkung nach § 2278 Abs. 2 BGB angeordnet werden kann. Eine solche ist nur möglich, wenn die Schiedsklausel als Auflage gesehen wird. Andernfalls bliebe nur die Möglichkeit einer bedingten Erbeinsetzung.
Die Bestimmung der Rechtsnatur der Schiedsklausel bereitet erhebliche Schwierigkeiten, weil das Gesetz dazu schweigt. Das Reichsgericht hat diese Frage in seiner Entscheidung offengelassen und lediglich die Zulässigkeit einer solchen Schiedsklausel bejaht.
aa) Schiedsklausel als Auflage
Rz. 16
Nach Ansicht Kohlers handelt es sich bei einer Schiedsklausel um eine Auflage, wenn der Erblasser dem Schiedsgericht die ausschließliche Zuständigkeit einräumt.
bb) Schiedsklausel als Verfügung "sonstigen Inhalts"
Rz. 17
Walter geht dagegen davon aus, dass es sich um eine Verfügung "sonstigen Inhalts" handele, die nicht unter eines der in den §§ 1937–1941 BGB ausdrücklich erwähnten Rechtsinstitute zu subsumieren sei. Er begründet dies damit, dass die Anordnung einer letztwilligen Schiedsklausel z.B. der Benennung eines Vormundes nach § 1777 Abs. 3 BGB oder einer Pflichtteilsentziehung nach §§ 2333 ff. BGB vergleichbar näher stehe. Die Meinung, dass die Anordnung eines Schiedsgerichts in einem Testament keine Auflage sei, vertritt auch Schulze.
Rz. 18
In der Tat dürfte es sich bei der letztwilligen Einsetzung eines Schiedsgerichts nicht um eine Auflagenanordnung handeln, sondern um eine Anordnung eigener Art, vergleichbar einer Vormundbenennung nach § 1777 BGB oder einer Verwaltungsanordnung nach § 1638 BGB, da mit der Schiedsgerichtsklausel keine Leistungsverpflichtung auferlegt wird. Es wird lediglich die Zuständigkeit, wenn auch die ausschließliche Zuständigkeit, des Schiedsgerichts begründet.
Rz. 19
Bezüglich der Bindung an eine angeordnete Schiedsklausel gilt Folgendes:
Es besteht die Möglichkeit, dass sich die Beteiligten dahingehend einigen, die durch den Erblasser angeordnete Schiedsklausel außer Acht zu lassen. Eine angeordnete Schiedsklausel kann allerdings nicht einseitig abbedungen werden. In diesem Zusammenhang ist es allerdings umstritten, ob dies auch für den Fall gilt, dass der Berechtigte ausschlägt, um sich so der Schiedsklausel zu entledigen.
Nach einer Ansicht besteht in der Schiedsklausel eine "Auflagengleichheit", da eine derartige Klausel zu einer Beeinträchtigung der Rechte oder zu zusätzlichen Pflichten führe. Nach a.A. sei der Beschwerungsbegriff des § 2306 BGB nicht analog auf die Schiedsklausel anzuwenden. Rechtsprechung hierzu ist bisher nicht vorhanden.
Solange keine entsprechenden Entscheidungen vorliegen, sollte, um als Rechtsanwalt letztendlich einer Haftung zu entgehen, in den Fällen, in denen ein Testament als einzige Beschwerung i.S.d. § 2306 BGB die Anordnung einer Schiedsklausel enthält, der Mandant in jedem Fall auf die Risiken einer Ausschlagung und auf den eventuell einhergehenden Verlust jeglicher Pflichtteilsansprüche hingewiesen werden.