Dr. Joachim Wichert, Walter Krug
1. Allgemeines
Rz. 5
Gesetzlich nicht geregelt ist, welche Streitigkeiten der Schiedsgerichtsbarkeit unterstellt werden können. Nur für echte Parteistreitigkeiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten i.S.d. § 13 GVG ist die Schiedsgerichtsbarkeit gestattet. Mit der Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts zum 1.1.1998 ist die Schiedsgerichtsbarkeit der staatlichen Gerichtsbarkeit gleichgestellt worden.
Rz. 6
Von Gesetzes wegen erfolgte zwar eine Gleichstellung, aber gerade auf dem Gebiet des Erbrechts hat die Rechtsprechung dieser Gleichstellung Grenzen gesetzt. Nach der Rechtsprechung des BGH könne eine Streitigkeit nur dann der Entscheidung eines Schiedsgerichts unterworfen werden, wenn diese gesetzlich statthaft sei.
2. Pflichtteilsansprüche
Rz. 7
Was nicht in der Verfügungsmacht des Erblassers stehe, könne auch nicht der Entscheidung durch ein Schiedsgericht unterstellt werden. Im Umkehrschluss könnten daher nur solche Streitigkeiten der Schiedsgerichtsbarkeit unterstellt werden, die der Testierfreiheit des Erblassers unterfallen.
Rz. 8
Die Rechtsprechung hat hieraus den Schluss gezogen, dass Ansprüche des Pflichtteilsberechtigten der Schiedsgerichtsbarkeit entzogen seien. Nach a.A. können jedoch auch die Pflichtteilsberechtigten gebunden werden. Dies wird damit begründet, dass die prozessrechtliche Seite von der materiellrechtlichen zu trennen sei. Der Erblasser ist zwar nicht in der Lage, über das Pflichtteilsrecht zu disponieren. Auf der anderen Seite ist es jedoch möglich, dass ein Schiedsgericht verbindlich über die Frage entscheiden kann, wer Erbe geworden ist. Dann müsse es auch möglich sein, dass das Schiedsgericht, wenn es der Wille des Erblassers sei, über das Pflichtteilsrecht entscheidet.
Ebenso könne die Entscheidung über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers nicht der Schiedsgerichtsbarkeit unterworfen werden.
3. Vom Erblasser eingesetztes Schiedsgericht
Rz. 9
Das vom Erblasser in der letztwilligen Verfügung eingesetzte Schiedsgericht hat diejenigen Aufgaben, die ihm vom Erblasser zugewiesen werden, soweit gesetzliche Grenzen nicht überschritten sind. Grundsätzlich können alle vermögensrechtlichen Ansprüche einem Schiedsgericht übertragen werden, § 1030 ZPO. Dies trifft vor allem auf erbrechtliche Ansprüche zu; sie können im Wege der Leistungs-, Feststellungs- oder Rechtsgestaltungsklage geltend gemacht werden. Es geht dabei um Rechtsanwendung und nicht um die Ersetzung des Erblasserwillens.
Durch ein Schiedsgericht können sowohl rechtsgestaltende als auch zur Leistung verpflichtende Entscheidungen erlassen werden, ebenso feststellende Entscheidungen.
Dem Schiedsgericht kann der Erblasser Entscheidungskompetenz über folgende Regelungsmaterien zuweisen:
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die Erbenfeststellung im Falle eines Streites unter Erbprätendenten, gleichgültig, ob es sich um gesetzliche oder gewillkürte Erbfolge handelt; der Erblasser braucht keine Erbeinsetzung vorgenommen zu haben; es würde reichen, lediglich ein Schiedsgericht zur Feststellung der gesetzlichen Erbfolge einzusetzen, ausgenommen ist das Erbscheinsverfahren selbst, ebenso das Beschwerdeverfahren, |
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Eintritt oder Ausfall einer Bedingung, |
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die Erbauseinandersetzung, |
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Fragen der Ausgleichungspflicht unter Abkömmlingen nach §§ 2050 ff. BGB, |
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Feststellungsklage über Modalitäten der Erbteilung, um diese vorzubereiten und zur Vermeidung der Erbteilungsklage, |
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Streitigkeiten über ein Vorausvermächtnis oder eine Teilungsanordnung, |
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Streitigkeiten zwischen Erben und Vermächtnisnehmern, die ihren Grund in der Verfügung von Todes wegen haben, |
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Auslegung einer Verfügung von Todes wegen, |
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Wirksamkeit der Anfechtung einer letztwilligen Verfügung (streitig), |
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Streitigkeiten betr. die Erbunwürdigkeit, |
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Streitigkeiten zwischen Vorerben und Nacherben, |
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Streitigkeiten zwischen Erben, Vermächtnisnehmern und Testamentsvollstrecker, nicht aber über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers, |
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Streitigkeiten im Pflichtteilsrecht, die der Regelungsbefugnis des Erblassers unterfallen, z.B. die Verteilung der Pflichtteilslast unter Miterben bzw. Vermächtnisnehmern. |
Rz. 10
Für das Schiedsgericht gilt auch die Grenze des § 2065 BGB. Das Schiedsgericht kann also nicht an die Stelle des Erblassers treten und den Erben auswählen. Es hat vielmehr nur den Willen des Erblassers festzustellen. Insoweit darf ein Schiedsgericht auch nicht ein formungültiges Testament fü...