a) Vermächtnis
Rz. 64
Ein Vermächtnisnehmer ist nicht Mitglied der Erbengemeinschaft. Er erhält, soweit es sich um ein Sachvermächtnis handelt, den Vermögensgegenstand nicht vom Erblasser, sondern von den Erben, denen der Gegenstand zunächst steuerlich zuzurechnen ist.
Rz. 65
Erhalten die Erben vom Erblasser einen Betrieb und werden sie verpflichtet einen Gegenstand des Betriebsvermögens als Sachvermächtnis herauszugeben, stellt die Erfüllung des Vermächtnisses eine Entnahme dieses Gegenstandes aus dem Betriebsvermögen dar. Der Entnahmegewinn ist ein Gewinn der Erbengemeinschaft und damit allen Miterben anteilig zuzurechnen. Ein Entnahmegewinn entsteht selbst dann, wenn der Vermächtnisnehmer den Gegenstand des Sachvermächtnisses in ein eigenes Betriebsvermögen einbringt.
Rz. 66
Die Leistung des Vermächtnisses stellt für die beschwerten Erben keine Leistung für den Erwerb des Nachlasses dar und führt daher nicht als Entgelt zu Anschaffungskosten des Nachlasses.
Rz. 67
Besteht das Sachvermächtnis in der Übertragung eines ganzen Betriebs, erzielt die Erbengemeinschaft keinen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn. Der Vermächtnisnehmer hat gem. § 6 Abs. 3 EStG die Buchwerte der Erbengemeinschaft fortzuführen.
Rz. 68
In der Zeit bis zur Übertragung des Betriebes auf den Vermächtnisnehmer sind die laufenden Einkünfte nach Auffassung der Finanzverwaltung grundsätzlich den Miterben zuzurechnen. Nur im Ausnahmefall können dem Vermächtnisnehmer auch bereits vor Erfüllung des Vermächtnisses die Einkünfte zugerechnet werden, wenn er als Inhaber des Betriebes anzusehen ist. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn er die wirtschaftliche Sachherrschaft über das zum Nachlass gehörende Einzelunternehmen in der Weise ausübt, dass er die Erbengemeinschaft auf Dauer von der Einwirkung auf den Betrieb wirtschaftlich ausschließen kann.
Zu beachten ist des Weiteren die Rechtsprechung, die zumindest für die Fälle, bei denen sich die Auseinandersetzung oder Erfüllung des Vermächtnisses aufgrund unklarer erbrechtlicher Fragen verzögert, eine Rückwirkung Zurechnung der Einkünfte auf den Begünstigten zulässt.
Rz. 69
Für die Behandlung von Vermächtnissen ist es unerheblich, ob es sich bei dem Vermächtnisnehmer um einen Dritten oder um einen Miterben (Vorausvermächtnis) handelt.
b) Teilungsanordnung
Rz. 70
Die Teilungsanordnung ändert grundsätzlich nicht die Erwerbsreihenfolge der Nachlassgegenstände aus steuerlicher Sicht. Die Gegenstände gelangen auch bei Vorliegen einer Teilungsanordnung zunächst in das Gesamthandeigentum der Erbengemeinschaft und bei Ausführung der Teilungsanordnung in das Eigentum des jeweils begünstigten Miterben. Allerdings kann das Ergebnis der Teilungsanordnung von vornherein steuerlich berücksichtigt werden, wenn sich die Erben bereits vor der Erbauseinandersetzung entsprechend der Teilungsanordnung verhalten und die tatsächliche Auseinandersetzung innerhalb einer sich an den Umständen des Einzelfalls orientierenden Frist vorgenommen wird. Diese Frist kann im Einzelfall auch länger als sechs Monate betragen.
Beispiel
A und B sind Erben nach C. C hinterlässt einen Betrieb und mehrere Grundstücke. In seiner Teilungsanordnung verfügt C, dass A den Betrieb erhalten und fortführen soll. Die Grundstücke werden daneben unterschiedlich auf A und B verteilt.
Führt A den Betrieb direkt nach dem Tod des C fort und gehen beide Erben davon aus, dass die dort erzielten Einkünfte allein A zustehen sollen, sind die Einkünfte sofort, ohne Zwischenzurechnung bei der Erbengemeinschaft, A zuzurechnen.
Hinsichtlich der Gegenstände des Betriebsvermögens bleibt es allerdings bei einem Durchgangserwerb der Erbengemeinschaft zum Zeitpunkt des Erbfalles.
Rz. 71
Hinsichtlich der möglichen rückwirkenden Zurechnung der Einkünfte unterscheidet sich damit die Auffassung der Finanzverwaltung bei Vorliegen einer Teilungsanordnung grundsätzlich von derjenigen bei Vorliegen eines Sachvermächtnisses. Hier kann eine Vereinbarung der Erben zur rückwirkenden Zurechnung der Einkünfte auf den begünstigten Erben erfolgen, dort wird nur in Ausnahmefällen eine Zurechnung möglich sein, so dass der durch Sachvermächtnis belastete Erbe ggf. mit Einkommensteuer belastet wird, obwohl er den im Nachlass befindlichen Betrieb, nebst gezogenen Früchten, also den Erträgen, an den Vermächtnisnehmer herausgeben muss.
c) Beteiligung des Erblassers an einer Personengesellschaft
aa) Fortsetzungsklausel
Rz. 72
Wie im Kapitel zum Gesellschaftsrecht beschrieben, wird die Personengesellschaft nach dem Tod ...