a) Verzögerung der Reise
Rz. 73
Der Versicherer leistet keinen Ersatz für Schäden, die durch eine Verzögerung der Reise entstanden sind. Verzögerungsschäden sind als reine Vermögensschäden grundsätzlich nicht Gegenstand einer Güterversicherung. Sie können (nicht mit einem Güterschaden zusammenhängend) über die Klausel für die Versicherung von reinen Vermögensschäden mitversichert werden. Unter Verzögerung ist die zeitliche Abweichung von der gewöhnlichen Dauer eines Transports zu verstehen. Sind längere Liegezeiten in einem Hafen (Lagos) normal, liegt keine Verzögerung vor, wenn der übliche Zeitraum nicht überschritten wird. Eine zeitliche Verzögerung des Transports allein kann nie zu einem Güterschaden führen. Nur wenn konkurrierende Ursachen wie die Beschaffenheit der Güter hinzutreten, kann die Verzögerung zu einem Verderbschaden führen. Das gilt z.B. für Obst, Gemüse, Frischfleisch sowie für Kaffee oder Baumwolle bei Selbsterhitzung.
Rz. 74
Bei einer reinen Verzögerung der Reise, auch durch ein versichertes Ereignis wie Unfall, Strandung oder Streik, ist ein auf Verzögerung beruhender Verderbschaden nicht versichert. Causa proxima ist in der Regel die natürliche Beschaffenheit der Güter. Anders, wenn die Strandung zu einem Schaden an den Gütern führt, der sich durch die Verzögerung der Reise vergrößert, wenn Seewasser oder Luftfeuchtigkeit eindringt, so dass die Verzögerung zusammen mit der natürliche Beschaffenheit zu einem Verderbschaden führt. Hier ist die Strandung maßgebliche Ursache.
b) Verderb-, Beschaffenheitsschäden
Rz. 75
Nach Ziff. 2.5.1.2 DTV-Güter 2000/2011, Ziff. 1.4.1.2 ADS Güterversicherung 73/84/94 sind durch inneren Verderb oder die natürliche Beschaffenheit der Güter verursachte Schäden nicht ersatzfähig. Innerer Verderb ist ein Unterfall der natürlichen Beschaffenheit und liegt vor, wenn sich Güter durch biologische oder bakterielle Vorgänge, die in ihrer Natur liegen, zersetzen, verfaulen, verschimmeln oder sich sonst verändern, wie das bei verderblichen Gütern wie Fleisch, Fisch, Obst oder Gemüse der Fall sein kann, sowie bei sonstigen Substanzen (Chemikalien), die einem chemischen Prozess unterworfen sind.
Rz. 76
Von einem Beschaffenheitsschaden ist auszugehen, wenn Güter im normalen Verlauf des Transports einen Schaden aufgrund ihrer Beschaffenheit erleiden. Typische Beispiele sind Rost, Selbsterhitzung, Schimmel oder natürlicher Schwund. Schäden infolge von Konstruktions-, Fabrikations- und Materialfehlern, insbesondere bei Maschinen, sind ebenfalls Beschaffenheitsschäden. Auch der gewöhnliche Bruch (Glas, Porzellan), der bei einem normalen Transport unvermeidlich oder gewöhnlich eintritt (mangels ausreichender Verpackung), ist ein Beschaffenheitsschaden.
Rz. 77
Kommen für den Beschaffenheitsschaden versicherte Gefahrereignisse als Ursachen in Betracht, entscheidet die causa-proxima-Lehre (Ziff. 2.6 DTV-Güter 2000/2011) über die Leistungspflicht. Ist die Kühlung im Container unzureichend, dringt Seewasser ein oder führt die Eigenfeuchte einer nicht versicherten Beiladung zu einem Verderbschaden der versicherten Güter, ist der Schaden im Sinne der causa-proxima-Regel auf ein äußeres Ereignis zurückzuführen.
c) Mengen-, Maß-, Gewichtsdifferenzen
Rz. 78
Nach Ziff. 2.5.1.3 DTV-Güter 2000/2011, Ziff. 1.4.1.3 ADS Güterversicherung 73/84/94 sind durch handelsübliche Mengen-, Maß- und Gewichtsdifferenzen oder -verluste verursachte Schäden nicht ersatzfähig, es sei denn, es ist eine Abzugsfranchise vereinbart. Handelsübliche Differenzen und Verluste sind typische Beschaffenheitsschäden, die unabhängig von versicherten Ereignissen eintreten. Hierzu zählt auch Schwund oder Manko durch Austrocknung oder Verdunstung. Beträgt der übliche Handelsverlust 3 %, die vereinbarte Franchise jedoch nur 1 %, ist der Versicherer in Höhe von 2 % ersatzpflichtig.
d) Normale Luftfeuchtigkeit, Temperaturschwankungen
Rz. 79
Nach Ziff. 2.5.1.4 DTV-Güter 2000/2011, Ziff. 1.4.1.4 ADS Güterversicherung 73/84/94 sind Schäden nicht ersatzfähig, die durch normale Luftfeuchtigkeit oder gewöhnliche Temperaturschwankungen entstanden sind. Niederschläge zählen nicht als normale Luftfeuchtigkeit. Gemeint sind gewöhnliche klimatische Vorgänge in unterschiedlichen Klimazonen. Normale Luftfeuchtigkeit ist der Schiffsdunst im Schiffsraum im Vorstadium der Kondensation. Kommt es bei erhöhter Luftfeuchtigkeit zur Kondensation, spricht man von Schiffsschweiß, der sich an den Schiffswänden niederschlägt und auf die Güter tropft. Der Schaden durch Schiffsschweiß ist ungewöhnlich und damit gedeckt. Gleiches gilt, wenn sich Schweiß in Containern bildet.
Rz. 80
Ladungsdunst ist die von der Ladung ausgehende Feuchtigkeit. Sie zählt zur normalen ...